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Gleichberechtigung für den Islam in Deutschland

Bettina Marx26. Mai 2015

Seit Jahren bemühen sich islamische Glaubensgemeinschaften in Deutschland um rechtliche Anerkennung und vollständige Gleichberechtigung mit den Kirchen und den jüdischen Gemeinden. Mit Erfolg.

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Symbolbild Islam in Deutschland
Bild: picture-alliance/Frank Rumpenhorst

In der Bundesrepublik Deutschland leben rund vier Millionen Muslime. Sie können ihre Religion frei und ungehindert ausüben, Moscheen bauen und muslimische Feste begehen. An vielen staatlichen Schulen gibt es islamischen Religionsunterricht, an fünf Universitäten werden Imame ausgebildet. Die Fortschritte bei der Integration der Muslime in Deutschland sind also groß. Trotzdem sind die islamischen Religionsgemeinschaften längst nicht den Kirchen oder den jüdischen Gemeinden gleichgestellt. Das ist das Ergebnis eines Gutachtens, das die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in Auftrag gegeben hat. Demnach besteht erheblicher Handlungsbedarf, bis der Islam in Deutschland volle Gleichberechtigung genießen kann.

Bekenntnis zu den Muslimen in Deutschland

"Es geht nicht um die Anerkennung des Islam als Religion, sondern um die konkreten Fragen der Religionsausübung", stellt die Islamwissenschaftlerin Riem Spielhaus, Mitautorin der Studie, klar. Die Ausübung des Glaubens bedürfe in vielen Bereichen zwar keiner staatlichen Anerkennung. So könnten Muslime auch ohne rechtliche Gleichstellung beten und fasten. Andere Bereiche aber, wie Seelsorge, Bestattungen und Feiertagsschutz setzten einen staatlichen Partner und damit die rechtliche Anerkennung voraus. Hier hätten die Bundesländer und sogar die Kommunen in den letzten Jahren unterschiedliche Wege gefunden, um den Muslimen entgegen zu kommen und ihnen die Ausübung ihrer Religion im vollen Umfang zu ermöglichen. Solche Übergangslösungen dürften jedoch nicht zu dauerhaften Ersatzlösungen werden. Ziel müsse daher die volle staatliche Anerkennung sein. "Anerkennung bringt auch Wertschätzung mit sich. Nicht zuletzt bedeutet Anerkennung auch ein Bekenntnis zur muslimischen Bevölkerung in diesem Land."

In Berlin beten Muslime auf der Skalitzer Straße in Kreuzberg am Aktionstag der deutschen Muslime gegen Hass (19.9.2014) Foto: REUTERS
Muslime beten auf der Skalitzer Straße in Berlin KreuzbergBild: Reuters/Hannibal

Islamische Bestattungen sind in Deutschland schwierig

Ein Beispiel für die Problematik der fehlenden Gleichberechtigung des Islam sind Beerdigungen. Obwohl viele Muslime schon seit Jahrzehnten in Deutschland leben und hier Familien gegründet haben, lassen sich die meisten in ihrer Heimat bestatten. Denn die deutschen Vorschriften für Beerdigungen sind bislang nur schwer mit den Bräuchen und Riten der muslimischen Religion zu vereinbaren. So verlangt der Islam eine Bestattung ohne Sarg und innerhalb von 24 Stunden. Eine Begrenzung der Totenruhe auf drei Jahrzehnte, wie in vielen Gemeinden in Deutschland üblich, ist ausgeschlossen . Noch gibt es keine bundeseinheitliche Regelung, die es Muslimen erlaubt, ihre Toten nach islamischem Ritus in Deutschland zu bestatten. Aber, so der Jurist Martin Herzog, Mitautor der FES-Studie: "Inzwischen bieten mehr als die Hälfte der Bundesländer die Möglichkeit an, dass eine Bestattung ohne Sarg erfolgen kann. Das ist vom Ritus gefordert. Was es auch schon länger und in fast allen Bundesländern gibt, sind muslimische Grabfelder auf kommunalen Friedhöfen, die nach Mekka ausgerichtet sind."

Berlin Islamischer Friedhof Columbiadamm Foto: DPA
Muslimisches Begräbnisfeld am Columbiadamm in Berlin-NeuköllnBild: picture-alliance/dpa/R. Schlesinger

Schwierig wird es, wenn eine muslimische Gemeinde einen Friedhof selbst verwalten und betreuen will. Die Kommunen übertragen diese langfristige Aufgabe nur an Körperschaften des öffentlichen Rechts und dieser Status ist den muslimischen Gemeinden bislang verwehrt geblieben. "Bisher hat noch keine der großen islamischen Organisationen diesen Status erreichen können", so Herzog.

Die fehlende einheitliche Stimme ist nicht das Problem

Dies liege jedoch nicht daran, dass die islamische Gemeinde in Deutschland nicht mit einer Stimme spreche. Diese Tatsache habe man lang als den Hauptgrund angesehen, warum eine Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts - analog zu Kirchen und jüdischer Gemeinde - nicht möglich sei. Doch diese "Suche nach dem einen Ansprechpartner sei überwunden", so Riem Spielhaus. "Ich kenne keinen Politiker, der heute noch diese Forderung nach einem einzigen Ansprechpartner erhebt."

Thomas de Maizière mit Muslimen in Ronnenberg bei Hannover Foto: DPA
Der Staat bemüht sich um Integration der Muslime: Bundesinnenminister Thomas de Maizière besucht eine Moschee bei HannoverBild: picture-alliance/dpa/J. Stratenschulte

Die große Vielfalt des religiösen Bekenntnisses und der Tradition des Islam in Deutschland habe auch mit der unterschiedlichen Herkunft der Muslime zu tun, die in der Bundesrepublik in den letzten Jahrzehnten heimisch geworden seien. In den Bundesländern werde dies inzwischen anerkannt. So habe Hamburg mit vier islamischen Organisationen Verträge abgeschlossen. Dies zeige, dass es funktionieren könne. "Aus unserer Sicht ist Anerkennung in Deutschland möglich", so das Fazit der Islamwissenschaftlerin Riem Spielhaus. Auf Länderebene seien bereits wichtige Schritte gemacht worden, die es auszubauen und auf ganz Deutschland ausuzuweiten gelte. Eines sei den muslimischen Gemeinden dabei gar nicht wichtig: die Einziehung von Kirchensteuer durch den Staat. Dies wollten die Verbände und Vereine, die nach staatlicher Anerkennung strebten, ausdrücklich nicht.