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Politik

Milliardendeals auf Kosten von Afrikas Armen?

10. November 2017

Die Enthüllungen der Paradise Papers zeigen, wie Politiker und Geschäftsleute mithilfe von Offshore-Firmen Afrikas Reichtümer ausbeuten. Unternehmer sehen sich im Recht. Doch der Druck wächst.

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Paradise Papers
Bild: picture-alliance/dpa/J.-F. Frey

Auch Afrikas Machtelite hat bei den fragwürdigen Geldgeschäften mitgemischt, die von den "Paradise Papers" aufgedeckt wurden: In den Dokumenten finden sich die Namen von Polit-Promis wie Ugandas Außenminister Sam Kutesa, Liberias scheidender Präsidentin Ellen Johnson-Sirleaf oder der früheren kenianischen Ministerin Sally Kosgei. Auch wichtige Unternehmer aus Afrika und dem Ausland tauchen in diesem Geflecht auf.

Korrupte Steuersünder in Nigeria

Ein immer wiederkehrendes Muster: Politiker und Funktionäre nutzten ihre Ämter und Beziehungen, um sich privat zu bereichern - und versteckten dieses Vorgehen hinter einem Geflecht von Offshore-Unternehmen - Briefkastenfirmen, deren Besitzer geheim gehalten wurden. So war Nigerias Senatspräsident Bukola Saraki Direktor des auf den Cayman Islands registrierten Unternehmens Tenia. Ein Gericht leitete bereits 2016 Untersuchungen gegen ihn ein, weil das Unternehmen nicht in seiner Steuererklärung genannt wurde. Zeugen sagten aus, dass mehrere Millionen US-Dollar aus Staatsmitteln über Geldtransfers verschwunden worden seien. Der Vorwurf wurde zurückgewiesen.

Die "Paradise Papers" enthüllen nun, wie die Unternehmensnetzwerke von Saraki und anderen prominenten Nigerianern wie dem Zentralbankchef Godwin Emefiele aufgebaut sind. Ob sich daraus genug Gründe für neue Ermittlungen ergeben, muss nun geklärt werden. Die Regierung von Präsident Muhammadu Buhari arbeite unermüdlich daran, die Schlupflöcher zu stopfen und die Steuereinnahmen zu erhöhen, sagte Buharis Sprecher Garba Shehu im DW-Interview. "Bisher konnten wir kein Fehlverhalten erkennen", so Shehu. Präsident Muhammadu Buhari hatte sich bei Amtsantritt als harter Kämpfer gegen Korruption und Misswirtschaft präsentiert. Ein Regierungsprogramm verspricht Straffreiheit für jeden Nigerianer, der Falschangaben bei der Steuererklärung selbst anzeigt.

José Filomeno dos Santos bei einer Veranstaltung in Frankfurt 2011
José Filomeno dos Santos leitet den angolanischen Staatsfonds (Archivbild)Bild: DW/A. Cascais

Geplünderter Staatsfonds in Angola

"A fazer crescer o nosso futuro" - "Wir lassen unsere Zukunft wachsen". So steht es in großen Buchstaben auf der Seite von Angolas Staatsfonds, daneben ein lachendes Kindergesicht. Der Fonds verfolge besonders nachhaltige Investitionen, heißt es in der Selbstdarstellung. Er solle eine entscheidende Rolle dabei spielen,Angola sozial und wirtschaftlich zu entwickeln.

Doch das Bild ist getrübt. 85 Prozent der Einlagen des Fonds werden von Quantum Global verwaltet. Die Firma gehört dem schweizerisch-angolanischen Unternehmer Jean-Claude Bastos de Morais. Die britische Tageszeitung The Guardian schreibt unter Berufung auf die Paradise Papers, dass Bastos Kapital des Fonds in mindestens vier eigene Vermögenswerte angelegt habe. Er selbst sehe darin kein Problem, da seine unternehmerischen Ziele mit denen des Fonds im Einklang stünden, schrieb er dem Guardian. Bastos ist in der Schweiz bereits in einem anderen Fall verurteilt worden, Anlagen in seine eigene Taschen gesteckt zu haben.

Zudem ist Bastos mit José Filomeno dos Santos befreundet, dem Sohn des ehemaligen angolanischen Präsidenten Jose Eduardo dos Santos. Dos Santos junior ist zugleich auch Chef des angolanischen Staatsfonds. Die Ausschreibung den Fond zu verwalten soll Bastos Firma ohne Mitbewerber gewonnen haben. Bastos sei ein "großer Schwindler, der zusammen mit José Filomeno den Fonds des Geldes beraubt, das eigentlich der angolanischen Bevölkerung zusteht", meint hingegen der Journalist und Aktivist Rafael Marques. Glaubt man Marques, geht der Schwindel noch weiter: Angolas frisch gewählter Präsident Joao Lourenco sei mit Bastos eine Partnerschaft im Goldabbau eingegangen.

Arbeiter in einer Kupfermine im Kongo
Rohstoffe sind die Haupteinnahmequelle des KongoBild: AFP/Getty Images

Demokratische Republik Kongo

107 Offshore-Gesellschaften und Geschäfte in ganz Afrika. Kritiker sagen, dass Schweizer Handelsunternehmen Glencore habe sich besonders umtriebig gezeigt, wenn es darum ging, von Afrikas Reichtum zu profitieren. Tausende Dokumente, die im Zuge der Panama Papers an die Öffentlichkeit gelangten, sollen zeigen, dass die Profitmaximierung im Vordergrund stand. Internationale Nichtregierungsorganisationen hatten sich schon jahrelang mit den Geschäftspraktiken des Unternehmens befasst, aber bisher ohne Erfolg.

Laut den Panama Papers zahlte Glencore mithilfe einer Offshore-Firma  im Jahr 2008 45 Millionen US-Dollar an den israelischen Geschäftsmann Dan Gertler. Er gilt als Freund des kongolesischen Präsidenten Joseph Kabila. Offiziell handelte es sich bei der Zahlung um ein Dahrlehnen. Peter Jones von der Nichtregierungsorganisation Global Witness glaubt das nicht. "Es handelte sich um eine Belohnung für die Verhandlungen über Rohstofflizenzen, die Gertler mit den kongolesischen Behörden führte", so Jones im DW-Interview. "Der Kredit machte es ihm möglich, sich am Rückkauf eines der wichtigsten kongolesischen Bergbauunternehmen zu beteiligen."

140 Millionen Dollar zahlte das Unternehmen Katanga für seine Bergbaulizenzen. Die Regierung hatte zuvor 585 Millionen gefordert. Im Anschluss übernahm Glencore große Teile des Unternehmens zu einem Spottpreis und ermöglichte Gertler durch den Kredit, sich ebenfalls Anteile zu sichern. Glencore verteidigte sich gegen die Vorwürfe. Der Kredit sei zu "geschäftsüblichen Bedingungen und nach Marktpreisen" zustande gekommen, meldete das Unternehmen am Montag. Auch Gertler ließ durch seine Anwälte mitteilen, dass er Vorwürfe von Bestechung zurückweise.

Der Firmensitz der schweizer Firma Glencore in Baar, Schweiz
Glencore hat nach Meinung von Kritikern zu wenig für Bergbaulizenzen im Kongo gezahltBild: picture-alliance/dpa/Keystone/U. Flueeler

Ausgang offen

Der Schaden für die Bevölkerung sei enorm, sagen Kritiker. Kongos Rohstoffe machten noch heute mehr als 95 Prozent seiner Exporte aus, erklärt Peter Jones. Doch das Geld werde abgezapft: "Manche Lizenzen werden für fünf Prozent ihres Wertes an Offshore-Firmen verkauft." So habe das Land rund 1,4 Milliarden Dollar verloren, die bitter nötig wären: "Das ist doppelt so viel, wie der Kongo 2012 für Gesundheit und Bildung ausgegeben hat."

Die Strukturen seien gerade im Fall Glencore so ausgeklügelt, dass es schwer sei, Gesetzesverstöße aufzudecken, sagt der Global-Witness-Experte. Die Schweizer Nichtregierungsorganisation Public Eye hofft, dass nun der Staatsanwaltschaft Ermittlungen einleiten werde. Ein Umdenken sei nötig, um den Geschäftsstandort Schweiz nicht in Verruf zu bringen. In jedem Fall dürfte nach den Aufdeckungen der Paradise Papers der Druck auf die Beteiligten wachsen. Einzelne haben bereits Konsequenzen gezogen: So berichtet der Tagesspiegel, die ehemalige Bundesrätin Ruth Metzler sei wegen der fragwürdigen Angola-Geschäfte bereits aus dem Beirat der Quantum-Gruppe ausgestiegen.

Mitarbeit: Kate Hairsine, Thiago Melo, Ubale Musa, Kossivi Tiassou