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Viele Risiken, wenig Zusammenarbeit

16. Januar 2019

Zunehmende internationale Spannungen erschweren angemessene Reaktionen auf globale Risiken. Das geht aus einem Bericht hervor, den das Weltwirtschaftsforum vor seinem Jahrestreffen in Davos veröffentlicht hat.

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Indonesien Tsunami zerstörte Fischerboote
Zerstörte Fischerboote auf der Insel Java nach dem Tsunami Ende Dezember 2018Bild: Getty Images/AFP/S. Tumbelaka

Der "Global Risk Report", den das Weltwirtschaftsforum (WEF) jährlich veröffentlicht, basiert auf den Einschätzungen von fast 1000 "Experten und Entscheidern". Wer diese Menschen genau sind und nach welchen Kriterien sie ausgewählt werden, verrät der Bericht nicht.

Eine große Mehrheit der Befragten ist der Ansicht, dass die - nicht nur, aber vor allem - von den USA verfolgte Politik der Handelskonflikte und des Protektionismus für die Welt ein großes Risiko darstellt.

Die meisten erwarten, dass wirtschaftliche Spannungen in diesem Jahr zunehmen (91 Prozent), multilateraler Handel geschwächt wird (88 Prozent) und auch die politischen Auseinandersetzungen zwischen den Weltmächten größer werden (88 Prozent). Zum Vergleich: Einen Anstieg von Terroranschlägen in diesem Jahr halten nur 20 Prozent für wahrscheinlich.

"Erhebliche Bedrohungen"

Die schlechteren internationalen Beziehungen fallen in eine Zeit des schwächeren Wirtschaftswachstums. "Ist es jetzt drängender als jemals zuvor, den Rahmen für internationale Zusammenarbeit zu erneuern", sagte Borge Brende, Präsident des Weltwirtschaftsforums.

"Wir haben einfach nicht genug Pulver, um mit der Art von Abschwung fertig zu werden, auf den wir derzeitig zusteuern. Wir brauchen jetzt ein abgestimmtes und gemeinschaftliches Handeln, um das Wachstum zu erhalten und die erheblichen Bedrohungen zu bekämpfen, denen sich unsere Welt gegenübersieht", so Borge.

Unter den Top 5 der globalen Risiken, die in den kommenden zehn Jahren am wahrscheinlichsten sind, führt der Bericht erstmals Umweltprobleme auf den ersten drei Plätzen.

Infografik Risiken nach Wahrscheinlichkeit

Angesichts von Waldbränden, Überflutungen, Tsunamis und steigenden Treibhausgasemissionen im Jahr 2018 überrascht diese Gewichtung nicht, sagt Alison Martin, oberste Risikomanagerin bei der Zurich Versicherungsgruppe, die den WEF-Bericht als Partner mitverantwortet.

Sie warnt angesichts der Umweltprobleme vor einem Politikversagen. "Um wirksam auf den Klimawandel zu reagieren, brauchen wir eine Verbesserung der Infrastruktur und ein Umstellung der Wirtschaft auf weniger CO2-Emissionen", so Martin.

Jakarta versinkt langsam im Meer
Das Wasser steigt: Haus am Rande der indonesischen Hauptstadt JakartaBild: DW/Michael Wetzel

Je nach Region muss in den Schutz gegen Stürme, Tsunamis oder steigende Meeresspiegel investiert werden. Umgekehrt machen sinkende Grundwasserspiegel die Wasserversorgung in vielen Metropolen schwierig und teuer. Und wenn das Transportwesen wegen mangelnder Investitionen zusammenbricht, hat das weitreichende Folgen für die Wirtschaft.

"Bis zum Jahr 2040 wird erwarten wir eine Investitionslücke von 18 Billionen US-Dollar" (18.000 Milliarden Dollar), sagt Martin, bei Gesamtkosten von 97 Billionen Dollar für die globale Infrastruktur.

Naturkatastrophen und Hackerangriffe

"Die dauerhafte Unterfinanzierung wesentlicher Infrastruktur behindert die wirtschaftliche Entwicklung", sagt auch John Drzik von der Beratungsfirma Marsh & McLennan, einem weiteren Partner des WEF. So würden Unternehmen und die Öffentlichkeit verwundbarer - durch Naturkatastrophen, aber auch durch Angriffe auf die digitale Infrastruktur.

Große Schäden durch Hackerangriffe und Datendiebstahl zählt der Risikobericht ebenfalls zu den wahrscheinlichsten globalen Gefahren der kommenden zehn Jahre.

Der Bericht führt außerdem einige Trends auf. Damit sind Entwicklungen gemeint, die in Zukunft dazu beitragen könnten, globale Risiken noch zu verstärken.

Infografik Trends DE

Unter dem Titel "Köpfe und Herzen - die menschliche Seite globaler Risiken" stellt der Bericht auch dar, wie Menschen persönlich mit der Situation umgehen. Dabei stützen sich die Autoren auf Daten, die andere Organisationen zusammengetragen haben.

Demnach haben Stress, Wut, Vereinsamung, Depressionen und andere psychische Krankheiten in den vergangenen Jahren zugenommen, vor allem in den Industrieländern.

Wachsende Wut

Das verursacht laut Bericht gewaltige Kosten - wirtschaftlich, aber vor allem gesellschaftlich und politisch. "In einer Welt mit zunehmend wütenden Menschen steigt die Wahrscheinlichkeit unvorhersehbarer Wahlergebnisse und sozialer Unruhen", heißt es im Bericht.

Einige Warnungen des "Global Risk Report", der in diesem Jahr zum 14. Mal erscheint, haben sich in der Vergangenheit als vorausschauend erwiesen.

Schon Anfang 2007 wies der Bericht auf das Risiko einer platzenden Immobilienblase hin; in der Folge entwickelte sich daraus die globale Finanzkrise. Und bereits vor zehn Jahren warnte der Bericht vor dem, was heute offensichtlich ist: eine Gegenbewegung zur wirtschaftlichen Globalisierung.

Andreas Becker
Andreas Becker Wirtschaftsredakteur mit Blick auf Welthandel, Geldpolitik, Globalisierung und Verteilungsfragen.