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"Globales Netz braucht globalen Datenschutz"

Alois Berger11. Februar 2014

"Gemeinsam für ein besseres Internet" war das Motto des Safer Internet Day 2014. Die neue Datenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff sucht die Balance zwischen Datenschutz und Kriminalitätsbekämpfung.

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Andrea Voßhoff (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Deutsche Welle: Frau Voßhoff, sie wurden vor vier Wochen von der Bundesregierung zur Bundesdatenschutzbeauftragten ernannt, letzte Woche war Amtseinführung. Wo wollen Sie anfangen, damit unsere Daten im Internet besser geschützt werden?

Andrea Voßhoff: Wenn die Daten global sind, müssen wir auch den Schutz global ausgestalten. Um die Daten der Bürger besser zu schützen, bedarf es nicht nur eines hohen deutschen Niveaus, sondern mindestens auch eines hohen europäischen Niveaus der datenschutzrechtlichen Regelungen. Deshalb ist es eine Forderung und ein Wunsch der Datenschützer, dass es möglichst bald auf der europäischen Ebene zum Abschluss der Datenschutzgrundverordnung kommt, die eben für die Bürger einen besseren Schutz darstellt, als es derzeit der Fall ist - allerdings keinen umfassenden Schutz. Das kann das Recht auch nicht leisten. Dazu ergänzend ist es notwendig, dass der technische Datenschutz stärker in den Fokus gerät, Stichwort Verschlüsselung, damit der Bürger seine Daten sicherer im Internet abgeben kann.

Was wollen Sie machen, was ist Ihr Beitrag dabei?

Der Teil der Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit ist ja gesetzlich festgelegt. Das heißt in erster Linie Kontrolle öffentlicher Behörden, ob sie die nach deutschem Recht vorgegebenen datenschutzrechtlichen Regeln einhalten. Der zweite Teil, der immer stärker in den Vordergrund rückt, ist die Beratung der Bundesregierung und des Bundestages. Ich will den Mitgliedern des Bundestages stärker und intensiver als bisher diese Beratungsmöglichkeit anbieten.

Datenschutz betrifft die Bürger direkt. Wie wollen Sie näher an die Bürger herangehen, die Probleme der Bürger hören?

Wir haben im vergangenen Jahr über 10.000 Eingaben von Bürgern gehabt. Das ist eine relativ hohe Zahl, die auch belegt, dass sich die Bürger jederzeit an die Bundesdatenschutzbeauftragte wenden können, wenn sie den Eindruck haben, dass eine Behörde nicht so sorgsam mit ihren Daten umgeht, wie es das Gesetz vorschreibt. Wir werden auch den Internetauftritt noch stärker auf Bürgerinformationen ausrichten, um in jeder Hinsicht für den Bürger nah und präsent zu sein.

Sie haben im Bundestag für die Vorratsdatenspeicherung gestimmt, auch für Netzsperren. Man hat von Ihnen bisher vor allem Argumente gehört, dass man das Internet aus Sicherheitsgründen stärker überwachen müsste. Jetzt sind Sie Datenschutzbeauftragte. Werden Sie Ihre Meinung jetzt ändern?

Ich habe immer gesagt: Wir erwarten zur Vorratsdatenspeicherung demnächst eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes und ich denke, die sollten wir abwarten und dann das Thema erneut beleuchten.

Trotzdem: Sie sind bisher eher für mehr innere Sicherheit und Kriminalitätsbekämpfung eingetreten und weniger für die Belange des Datenschutzes.

Es geht um das Austarieren zwischen den Anforderungen der Sicherheit für die Bürger auf der einen Seite und dem Freiheitsgedanken der Bürger auf der anderen Seite. Das ist eben das schwierige Spannungsfeld in solchen Fragen wie zum Beispiel der Vorratsdatenspeicherung.

Die innere Sicherheit hat in der Regierung und im Bundestag viele Vertreter. Sie sind aber jetzt Datenschutzbeauftragte und von einer Datenschutzbeauftragten erwartet man eigentlich, dass sie die Rechte der Bürger im Internet betont und schützt.

So verstehe ich meine neue Aufgabe und der werde ich auch nachkommen. Deshalb glaube ich, dass die Beratung und die Präsenz der Datenschutzbehörde im Bundestag sinnvoll ist, um die datenschutzrechtlichen Vorgaben besser zu beachten und zu schützen.

Ihr Vorgänger als Datenschutzbeauftragter, Peter Schaar, war oft ein unbequemer Datenschützer, jemand, der auch seinen Dienstherren, den Bundesinnenminister, immer wieder kritisiert hat. Wollen Sie auch eine unbequeme Datenschützerin sein?

Wenn es notwendig ist im Sinne des Datenschutzes, selbstverständlich.

Haben Sie schon Vorstellungen?

Andrea Voßhoff und Bundesinnenminister Thomas de Mazière (Foto: dpa)
Wenn "es notwendig sei", will Andrea Voßhoff für den Innenminister unbequem seinBild: picture-alliance/dpa

Das habe ich noch nicht konkret. Ich habe auch in meiner Vorstellungsrede gesagt, dass es noch eine Baustelle in der Behörde gibt, nämlich die Umsetzung von zwei Urteilen des Europäischen Gerichtshofes. Da geht es auch um die Unabhängigkeit dieser Behörde und da habe ich angeregt, dass wir die Struktur dieser Behörde an die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes anpassen.

Gibt es nichts, wo Sie sagen würden, da läuft was schief, da muss mehr für den Datenschutz gemacht werden?

Ich bin gerade vier Wochen im Amt.

Aber den Konflikt zwischen innerer Sicherheit und Datenschutz gibt es schon länger als vier Wochen und Sie waren auch schon länger im Bundestag.

Ja natürlich, aber das ist etwas, was man immer anhand konkreter Aufgaben zu bewerten hat. Wenn das ansteht, werden wir das tun.

Sie sagen, Internet ist global, deshalb muss auch der Datenschutz global sein. Aber jedes Land hat seine eigenen Gesetze. Wie wollen Sie einen globalen Schutz herstellen?

Zunächst müssen wir das auf europäischer Ebene sicherstellen. Und natürlich wäre es wünschenswert, darüber hinausgehende internationale Regelungen zu finden. Sie haben sicher auch davon gehört, dass wir Datenschutzbeauftragten auf europäischer Ebene sehr intensiv zusammenarbeiten und dass es auch auf internationaler Ebene Kooperationen gibt. Entscheiden muss natürlich letztlich die Politik.

Im Augenblick kommen die Angriffe auf den Datenschutz weniger aus europäischen Ländern als etwa aus Amerika. Was wollen Sie da tun?

Da ist in erster Linie die Politik gefordert, auf diplomatischer Ebene die datenschutzrechtlichen Vorgaben einzufordern und zu Abkommen zu kommen. Die Möglichkeiten der Datenschützer sind darauf begrenzt, alle internationalen Kontakte zu nutzen, um auf die Bedürfnisse des Datenschutzes aufmerksam zu machen und strengere Regeln einzufordern.

Andrea Voßhoff, 55, ist Juristin, Mitglied der CDU und war Bundestagsabgeordnete von 1998 bis 2013. Seit dem 4. Februar ist sie Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit.

Das Gespräch führte Alois Berger.