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Goethe-Medaillen in Weimar verliehen

28. August 2016

Ein Archäologe aus Georgien, ein Fotograf aus Nigeria und ein Schriftsteller aus der Ukraine wurden in Weimar mit der Goethe-Medaille ausgezeichnet: eine Ehrung für ihre Verdienste um die deutsche Sprache und die Kultur.

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Weimar Preisträger der Goethe-Medaillen 2016, Foto: picture-alliance/dpa/M. Reiche
Bild: picture-alliance/dpa/M. Reiche

"Unermüdliche interkulturelle Mittler, drei herausragende Persönlichkeiten" nannte der Präsident des Goethe-Instituts, Klaus-Dieter Lehmann, die drei Preisträger bei einem Festakt im Weimarer Stadtschloss. Er nutzte die Verleihung der Goethe-Medaillen, um daran zu erinnern, dass der große Dichter Johann Wolfgang von Goethe selbst jeden Kulturpatriotismus ablehnte: "Kunst und Wissenschaften gehören der ganzen Welt". Für Lehmann ist die Kultur "nicht Spielwiese von Künstlern und Intellektuellen, sie ist Basis und Ferment unserer Gesellschaften".

Akinbode Akinbiyi lebt seit Anfang der 1990er Jahre in Berlin und gilt als ein Vermittler zwischen Deutschland und den Ländern Afrikas südlich der Sahara: "Fern von Klischees und Exotismen bewegt sich der Fotograf elegant zwischen verschiedenen kulturellen Zusammenhängen, vermittelt uns Eindrücke unterschiedlichster urbaner Lebensweisen, öffnet Horizonte ohne das Gesehene zu bewerten oder den eigenen Blick zu überhöhen", betonte die Künstlerin und Fotografin Eva Leitolf in ihrer Laudatio.

Trio aus Nigeria, Ukraine und Georgien

Der Ukrainer Jury Andruchowytisch übersetze deutsche Dichter wie Rainer Maria Rilke ins Ukrainische und verschaffe den Lesern damit einen Zugang zu den deutschen Klassikern. In ihrer Laudatio bezeichnete die Übersetzerin Sabine Stöhr ihn und seine Romanfiguren als einen "Wanderer zwischen den Welten."

Akinbode Akinbiyi, Foto: Emeke Okereke
Akinbode AkinbiyiBild: Emeke Okereke

Weltweite Spuren habe der Archäologe und Direktor des Georgischen Nationalmuseums, David Lordkipanidze, hinterlassen. Die Präsidentin des Deutschen Archäologischen Instituts, Friederike Fless, betonte, für ihn gehöre Wissenschaft nicht nur den Wissenschaftlern. "Sie gehört in den öffentlichen Raum der Museen, Ausstellung und der Vermittlung auf den Grabungsplätzen."

Die DW hat Kommentare der drei Preisträger zu brisanten Fragestellungen eingeholt:

1. Über Sprachen

"Die Vielsprachigkeit der Ukraine funktionierte nur in der Vergangenheit. Heute ist die Ukraine ein zweisprachiges Land - ukrainisch und russisch - und man spürt von diesem Sprachenreichtum nichts mehr." (Juri Andruchowytsch)

"Wir haben 200 Sprachen in Nigeria. Die Amtssprache ist Englisch, aber es funktioniert nicht wirklich als gemeinsame Sprache. Auch die Versuche mit Suaheli, Haussa oder Arabisch haben nicht funktioniert." (Akinbode Akinbiyi)

Juri Andrukhovych, Foto: Tetiana Davydenkon
Juri AndrukhovychBild: Tetiana Davydenkon

2. Über Religion

"Georgien ist seit jeher ein orthodoxes Land gewesen, selbst in der Sowjetära, das hat uns für unsere Identität geholfen. Ich hoffe, dass wir eine Balance zwischen Wissenschaft und Religion finden. Museen können ein Gegengewicht zu jeder Art Fundamentalismus darstellen." (David Lordkipanidze)

"Ich als Agnostiker war erstaunt, welche aktive Rolle die Kirchen auf dem Maidan spielten. Das hat meine Zweifel durchaus gemindert. Ich vergesse nicht, wie sie gebetet haben, als wir von Spezialeinheiten angegriffen wurden. Diese Bilder haben mich beeindruckt." (Juri Andruchowytsch)

"In ganz Afrika spielt Religion seit jeher eine große Rolle. Die monotheistischen Religionen - Islam, Christentum - kamen erst spät, und in den letzten Jahren erstarkte der Fundamentalismus. Mich interessieren die Ur-Religionen, die ursprüngliche Spiritualität." (Akinbode Akinibyi)

3. Über Kommunikation

"Auf dem Maidan 2013/14 spielten die Sozialen Medien eine entscheidende Rolle, vor allem Facebook. Viele in Deutschland verstehen das nicht, denn hierzulande veröffentlicht man dort eher Bilder von Katzen und Familienfotos. Bei uns war das vor allem ein Mittel zum Austausch. Die besten Texte zum Maidan wurden auf Facebook veröffentlicht." (Juri Andruchowytsch)

Megacity Lagos, Foto: Akinbiyi
Akinbiyi: Alltag in der MegacityBild: Akinbode Akinbiyi

"Ich stelle eine gewisse Oberflächlichkeit fest, gerade bei den Jungen. Man wird überwältigt von Bildern auf Instagram und Facebook und sieht sich die Bilder nur eine Sekunde lang an." (Akinbode Akinbiyi)

4. Über Europa

"Ich habe den Eindruck, dass Europa ein geschlossenes Projekt ist. Es gibt keinen EU-Kommissar mehr für Erweiterung. Das bedeutet doch, dass die Grenzen bestimmt sind (…). Jetzt liegt es an der EU, wenigstens die zugesagte Visafreiheit umzusetzen. Für die ikrainische Gesellschaft wäre das sehr motivierend: ein Durchbruch." (Juri Andruchowytsch)

so/suc (mit dpa)