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Wandern gegen den Schuldenberg

Karin Jäger1. Dezember 2013

Griechenlands Schuldenberg wird nicht geringer - trotz erheblicher Sparbemühungen der Regierung in Athen. Die griechische Tourismusbranche will daher neue Wege erschließen, um Wanderurlauber aus Deutschland anzulocken.

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Blick von einer Kirche auf der Kykladeninsel Santorini aufs Ägäische Meer. (Bild: "Region Südliche Ägäis", zugeliefert von Karin Jäger/DW)
Bild: Dimitris Koutoulas

"Uralte Olivenhaine, duftende seltene Kräuter, hohe Berge, historische Eselspfade, byzantische Kirchen, prima Einkehrmöglichkeiten, tolles Klima und das Mittelmeer", schwärmt Liane Jordan von ihrer Exkursion auf die Kykladen, einer Inselgruppe im Ägäischen Meer. Die Expertin des Deutschen Wanderverbandes (DWV) hat auf Einladung der "Region Südliche Ägäis" die Inselgruppe erkundet. Die Griechen erhofften sich Tipps von den Deutschen, um den Wandertourismus auf Inseln wie Naxos oder Santorini anzukurbeln.

Liane Jordan, Expertin für Qualitatives Wandern bei Deutschen Wanderverband (DWV). Foto: privat.
Hat Griechenland als Wanderparadies entdeckt: Liane JordanBild: privat

Zwar ist Griechenland nach dem konjunkturell bedingten Einbruch in diesem Jahr wieder im Aufwind, bestätigt der deutsche Reiseveranstalter TUI der Deutschen Welle und verweist auf ein Umsatzplus von 7,2 Prozent gegenüber 2012. Bei Buchungen im Sommer gehörten die griechischen Inseln Kreta und Rhodos zu den beliebtesten Reisezielen der Deutschen. Trotzdem kämpfen viele Hotel-, Restaurantbesitzer und private Vermieter wegen fehlender Gäste um ihre Existenz. Denn der Binnenmarkt ist komplett weggebrochen. Viele Griechen, die regelmäßig vom Festland die nahen Inseln besuchten, können sich keinen Urlaub mehr leisten. Umso mehr buhlt die Branche um Gäste aus dem Ausland. Da diese bevorzugt in den Sommermonaten die Strände bevölkern, gilt das Interesse nun den Touristen, die im März, Oktober oder November anreisen. "In dieser Zeit liegen die Temperaturen bei angenehmen 20 Grad, optimal zum Wandern", sagt Dimitris Koutoulas, Tourismus- und Marketingfachmann der Universität Athen, gegenüber der DW.

Natur und historische Kulturdenkmäler liegen am Wegesrand

Gemeinsam mit ihren griechischen Gastgebern erkundeten die deutschen Touristiker aus dem Hotel- und Tourismusgewerbe holprige Wege und steile Pfade auf Inseln wie Naxos und Santorini. Zum Erstaunen der Gäste kannten viele Einheimische die alten Wege nicht, denn das Wandern, das Erkunden von Natur und Kulturdenkmälern, ist nicht gerade eine Erfindung der Hellenen: "Wir haben hervorragende Wandergegenden, historische Pfade, die 3000 bis 4000 Jahre bestehen, aber als im letzten Jahrhundert die Autos Griechenland eroberten, verschwanden die antiken Wege unter Gräsern und Sträuchern", sagt Dimitris Koutoulas. Es seien ausgerechnet deutsche Auswanderer gewesen, die sich in Griechenland niedergelassen hatten und diese Wege freilegten. Die Routen seien aber nie professionell vermarktet worden. "Wer lässt sich für die schönen Wanderrouten und die hervorragenden Bergregionen auf den kleineren Inseln begeistern?", fragte sich der Marktingsstratege, der in Deutschland aufwuchs: "Die Deutschen sind die Wandernation Nummer eins, also müssen wir unser Angebot für den deutschen Markt erschließen."

Dr. Dimitris Koutoulas, Tourismus- und Marketingfachmann der Uni Athen. Archivfoto: privat Bild: Dimitris Koutoulas, Santorini, Griechenland, zugeliefert von Karin Jäger/DW
Dimitris Koutoulas will neue Märkte erschließenBild: privat

Deutsche Wanderpioniere entdeckten antike Pfade

Wanderführer für griechische Reiseziele gibt es schon im Handel. Die besten Ratgeber seien übrigens von deutschen Autoren verfasst wurden, merkt Koutoulas an. Also bediene man sich der entsprechenden Literatur und nutze nun auch das Wissen der Wanderprofis aus Deutschland. Die gingen mit deutscher Gründlichkeit vor, sagt Dimitris Koutoulas augenzwinkernd in Richtung Liane Jordan.

Die Fachfrau für Qualitätswanderwege beim DWV regte an, die Wegemarkierung zu verbessern und neue Wanderkarten zu erstellen, anhand derer sich der Gast orientieren kann. Auch standen die Wanderer an Kirchen vor verschlossenen Türen. Diese sollten offen stehen, Hinweistafeln sollten über Geschichte und kulturelle Besonderheiten Auskunft geben, so Jordan.

Service ums Wandern verbessern

Gezielt suchen nun griechische Tourismusexperten nach alten Leuten und Hirten in den Dörfern, um sie nach verschwundenen Routen mit teils noch antiker Bepflasterung zu fragen, sagt Dimitirs Koutoulas. Die Gegenden seien reich an Mythen und Legenden, die wolle man sammeln und auf den Homepages der Orte veröffentlichen: "Fast jeder Stein, jede Bergkuppe hat eine eigene Geschichte, die wollen wir den Urlaubern erzählen."

Auch sei angedacht, Wanderparkplätze anzulegen, um das europäische Prädikat "Leading Quality Trail" zu bekommen. Zu den Standard-Voraussetzungen gehören Sammeltaxis oder Busse, die die Wanderer zu den Ausgangspunkten fahren. Auch soll es künftig Angebote für Wanderer geben, ihr Gepäck bis ins nächste Quartier transportieren zu lassen. Und die Wege sollen derart gut ausgeschildert werden, dass man ohne Wanderkarte das Ziel erreichen kann, sagt Liane Jordan und zieht ein Fazit: "Die Griechen haben das Potential des Wanderurlaubs erkannt, aber ihnen fehlt das Geld, um die Infrastruktur auszubauen."

Wandertafel auf der griechischen Insel Naxos. Im Hintergrund die Berge der Kykladeninsel. Foto: Liane Jordan/ Deutscher Wanderverband.
Bald soll es internationale Wandertafeln gebenBild: privat

So hoffen Sie auf Wanderer, die das vielfältige Angebot heute schon zu schätzen wissen und dazu beitragen, den Schuldenberg Griechenlands abzubauen.