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Griechen wollen Entschädigung

6. März 2014

Es hätte so schön sein können in Griechenland. Aber für Bundespräsident Gauck ist der Besuch in Athen alles andere als eine entspannte Angelegenheit. Die Griechen wollen Geld. Genauer gesagt: Reparationszahlungen.

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Bundespräsident Gauck in Griechenland, rechts sein Gastgeber Papoulias
Bild: DW/P. Kouparanis

Joachim Gauck auf Staatsbesuch in Griechenland

Es sind unerwartet massive Forderungen Griechenlands, die den Besuch des Bundespräsidenten in Griechenland belasten. Die Gastgeber wollen deutsche Reparationen für Verbrechen im Zweiten Weltkrieg. Staatspräsident Karolos Papoulias (Artikelbild rechts) verlangte bei einem gemeinsamen Auftritt mit seinem Gast aus Deutschland, Verhandlungen über Entschädigungen so schnell wie möglich zu beginnen.

Gauck entgegnete Papoulias, der Rechtsweg dazu sei abgeschlossen. "Ich werde mich dazu nicht äußern. Und ganz gewiss nicht anders als meine Regierung." Die Bundesregierung sieht die Entschädigungsfrage als erledigt an.

Mit deutlichen Worten kam Präsident Papoulias auch beim feierlichen Staatsbankett am Abend auf die Reparationsforderungen zurück. "Meine besonderen Bindungen zu Deutschland machen es für mich noch schwieriger, die Weigerung der deutschen Regierung zu verstehen, über das Thema der Zwangsanleihe während der Besatzung und die Reparationen zu sprechen", erklärte Papoulias. Der Präsident der Griechen sprach von einem "Thema der politischen Moral".

Millionen, Milliarden

Jenes "Thema der politischen Moral" belastet die deutsch-griechischen Beziehungen seit Jahrzehnten, hat aber durch die desolate Lage der griechischen Finanzen in der Eurokrise an Dringlichkeit zugenommen. Neben Entschädigungen für Sachwerte und Menschenleben geht es um einen Zwangskredit, den die Bank von Griechenland 1942 der Reichsbank gewährt hatte. Die Forderungen insgesamt werden in Griechenland auf bis zu 160 Milliarden Euro geschätzt, die Zwangsanleihe auf mehrere Milliarden Euro. Die Nazis hatten sie noch 1945 auf knapp 500 Millionen Reichsmark beziffert.

Präsident Papoulias, der in Köln studiert und gearbeitet hat, kritisierte, dass Griechenland ohne Diskussionen aufgefordert werde, schmerzhafte Auflagen zur Sanierung der Staatsfinanzen in die Tat umzusetzen. Dagegen weigere sich Deutschland, über Verpflichtungen zu reden, die noch aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs stammten. Sein Gast ging bei dem festlichen Abendessen nicht direkt auf die Reparationsforderungen ein. Gauck bedauerte aber, dass die Untaten des NS-Regimes in Griechenland in Deutschland weitgehend unbekannt "und leider auch ungesühnt" geblieben seien. "Und ich bin froh, dass wir uns heute in Deutschland noch einmal danach fragen, was aus unserer politischen und moralischen Verantwortung gegenüber Griechenland resultiert", erklärte Gauck.

Joachim Gauck auf Staatsbesuch in Griechenland

Das Massaker in Lingiades

Am Vormittag war der Bundespräsident zum offiziellen Auftakt seines Staatsbesuchs mit militärischen Ehren begrüßt worden. Auch Gaucks Lebensgefährtin Daniela Schadt ist dabei. Die griechische Polizei hinderte während des Besuchs rund 500 Demonstranten daran, vor dem Parlament in Athen gegen Entlassungen und Arbeitslosigkeit zu demonstrieren. Am Freitag will der Bundespräsident den nordwestgriechischen Ort Lingiades besuchen. Dort dürfte Gauck die Schuld der Deutschen für Verbrechen während der Besatzungszeit anerkennen und um Vergebung bitten. In Lingiades waren bei einem Massaker der Wehrmacht 1943 über 80 Menschen getötet worden. Außerdem wird das deutsche Staatsoberhaupt in Ort Ioannina der zahlreichen jüdischen Opfer in Griechenland gedenken.

se/ml (dpa,rtr)