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Griechenland-Gerüchte drücken Euro-Kurs

7. Mai 2011

Trotz aller Dementis - plötzlich ist sie wieder da: Die Angst vor einer Eskalation der Schuldenkrise. Gerüchte über einen angeblichen Austritt Griechenlands aus der Eurozone schickten den Euro-Kurs auf Talfahrt.

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Griechische Euromünze (Foto: dapd)
Auf der Kippe: eine griechische EuromünzeBild: dapd

Aufgeschreckt vom Wirbel um einen deutschen Medienbericht fand das griechische Finanzministerium klare Worte: "Die Meldung über einen angeblich bevorstehenden Austritt Griechenlands aus der Eurozone ist nicht nur unwahr, sondern zeugt auch von einer unverständlichen Leichtfertigkeit, obwohl die griechische Regierung und die Regierungen der anderen Mitgliedsländer der EU dieses Szenario wiederholt dementiert haben. Derartige Veröffentlichungen stellen eine Provokation dar, sie unterminieren die Konsolidierungsbemühungen Griechenlands und dienen der Spekulation", heißt es in einer von der griechischen Botschaft in Berlin verbreiteten Stellungnahme.

(Krisen-)Treffen in Luxemburg

Das Internetportal "Spiegel Online" hatte zuvor berichtet, das hochverschuldete Griechenland habe der Europäischen Kommission und den Partnerländern in den vergangenen Tagen signalisiert, die Eurozone möglicherweise verlassen und wieder eine eigene Währung einführen zu wollen. Deshalb habe die Kommission für Freitagabend (06.05.2011) zu einem Krisentreffen mit den Finanzministern der Euro-Länder in Luxemburg geladen. Es sei höchste Vertraulichkeit verordnet worden. "Spiegel Online" berief sich auf eigene Informationen, ohne weitere Details zu nennen.

Die Devisenmärkte reagierten heftig auf den Bericht: Der Euro-Kurs lag am Freitagabend nur noch knapp über der Marke von 1,43 Dollar, nachdem die Europäische Zentralbank den Referenzkurs am Freitagmittag noch mit 1,45 Dollar festgesetzt hatte. Am Donnerstag war ein Euro sogar noch 1,48 Dollar wert gewesen.

Entgegen früheren Aussagen bestätigte der Chef der sogenannten Eurogruppe, Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Junker, inzwischen, dass es am Freitagabend tatsächlich Beratungen der Finanzminister einiger Eurostaaten gab. Ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone sei dabei aber kein Thema gewesen. "Wir wollen nicht, dass der Euro-Raum ohne Grund explodiert", sagte Juncker. Auch eine Umschuldung Griechenlands, über die an den Finanzmärkten seit einiger Zeit diskutiert werde, habe man ausgeschlossen.

"Katastrophale Auswirkungen"

Wolfgang Schäuble (Foto: dapd)
Wolfgang SchäubleBild: dapd

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will Griechenland "unter allen Umständen" davon abhalten, die Eurozone zu verlassen, wie "Spiegel Online" weiter berichtete. In einem internen Papier des Finanzministeriums in Berlin warnte Schäuble demnach vor den Folgen: "Es wird zu einer erheblichen Abwertung der neuen Inlandswährung gegenüber dem Euro kommen", zitierte das Onlineportal aus dem Papier. Schätzungen zufolge sei mit einem Kursverlust von bis zu 50 Prozent zu rechnen. Dadurch würde die Verschuldung Griechenlands drastisch anwachsen und eine Umschuldung wäre unumgänglich.

Zudem hätte die Maßnahme "katastrophale Auswirkungen" auf das Wirtschaftsleben in Europa: "Die Währungsumstellung würde eine Kapitalflucht auslösen", schreiben Schäubles Fachleute laut "Spiegel Online". Darüber hinaus würde der Austritt eines Landes aus der Währungsunion "das Vertrauen in das Funktionieren der Euro-Zone schwer beschädigen". Investoren müssten damit rechnen, dass weitere Euro-Mitglieder austreten wollten. Zudem müsse die Europäische Zentralbank Teile ihrer Forderungen abschreiben, was vor allem für Deutschland Verluste bedeuten würde.

Motiv Unabhängigkeit

Für Griechenland wäre eine im Vergleich zum Euro "günstige" eigene Währung eine Möglichkeit, die Wirtschaft wieder wettbewerbsfähiger zu machen. In der Zeit vor der Einführung der Gemeinschaftswährung hatten einige Länder aus genau diesem Grund ihre Währungen bewusst von Zeit zu Zeit abgewertet.

Unter Finanzexperten ist allerdings umstritten, ob ein Austritt aus der Eurozone im Alleingang überhaupt eine realistische Option darstellt. Die rechtliche Lage ist jedenfalls komplex. Ein eigenmächtiger Rückzug aus der Währungsunion sei nur möglich, wenn ein Land gleichzeitig aus der EU austritt, schrieb Phoebus Athanassiou, Jurist bei der Europäischen Zentralbank (EZB), 2009 in einem Fachartikel. Das wäre allerdings nach dem Vertrag von Lissabon möglich, in Paragraph 50 heißt es: "Jeder Mitgliedstaat kann im Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften beschließen, aus der Union auszutreten."

Völlige Verzweiflung?

Eine andere Variante untersuchte das britische Wirtschaftsmagazin "The Economist". Demnach könnte ein Land einfach ein Gesetz verabschieden, wonach die Gehälter seiner Staatsbediensteten, soziale Leistungen und auch Zinsen für Staatsschulden künftig in einer neuen Währung gezahlt werden. Der private Sektor müsste dann notgedrungen folgen.

Griechische Drachme
Führt Griechenland seine frühere Währung Drachme wieder ein?

Das größte Problem wäre wohl die Zeit der Umstellung auf eine neue Währung, die jede Menge logistische und finanzpolitische Fallstricke aufweist. Der Kapitalverkehr müsste eingeschränkt werden und möglicherweise sogar die Reisefreiheit, um ein Chaos an den Märkten und in der Bevölkerung zu verhindern. Ein Land müsse völlig verzweifelt sein, um einen solchen Schritt zu wagen, glauben Experten. Aber auch das ist eben nicht ganz ausgeschlossen.

Autor: Christian Walz (dpa, afp, rtr, dapd)
Redaktion: Susanne Eickenfonder