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Korruptionswahrnehmungs-Index 2012

Richard Fuchs5. Dezember 2012

Folgt nach der Schuldenkrise eine Korruptionsmisere in Europa? Zu diesem Schluss kommt der Korruptionswahrnehmungsindex, der bei der Bestechlichkeit im öffentlichen Dienst vor allem ein Land in Europa im Blick hat.

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DW-Grafik: Peter Steinmetz
Bild: picture-alliance/dpa/dpad

Nach den Gesetzen des antiken Theaters hat eine echte griechische Tragödie drei Akte. Der erste Akt zeigt den Weg ins Unglück, im zweiten Akt kommt es zur Katastrophe und im dritten Akt entscheidet sich, ob alles ein glückliches Ende nimmt oder nicht. Der am Mittwoch (05.12.2012) in Berlin vorgestellte "Korruptionswahrnehmungsindex 2012" der Organisation Transparency International (TI) könnte so für das Euro-Schuldenland Griechenland leicht als zweiter Akt in der griechischen Tragödie verstanden werden.

Denn nach dem Absturz der Wirtschaft und dem drohenden Staatsbankrott wird Griechenland jetzt ein massiver Anstieg der Bestechlichkeit bescheinigt. In keinem anderen europäischen Land sei die Korruption unter Beamten und Regierungsmitgliedern im zurückliegenden Jahr so angestiegen wie in Griechenland, bescheinigen die Korruptionswächter dem Land nach der Auswertung von Meinungsumfragen und Einschätzungen unabhängiger Experten.

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DW-Grafik: Peter Steinmetz

Griechenland stürzt im Korruptionsindex ab

Demnach erhielt Griechenland nur noch 36 von 100 möglichen Punkten. 100 Punkte auf dieser Skala stehen dabei für "wenig korrupt", null Punkte dagegen für "sehr korrupt". Als korrupt gilt, wer öffentliche Ämter oder Macht zum privaten Vorteil nutzt. Dass sich das Land damit mit Kolumbien, Djibuti und Indien den 94. von insgesamt 174 Plätzen teilt, ist für die Vorsitzende von Transparency Deutschland Edda Müller ein Weckruf. Griechenland müsse jetzt massiv den Aufbau leistungsfähiger Strukturen wie Finanzämter vorantreiben.

Eine Empfehlung, die Edda Müller auch anderen südeuropäischen Eurokrisenländern mit auf den Weg gab. "Die Korruptionsrisiken in den jeweiligen Ländern sind in einem engen Zusammenhang mit der wirtschaftlichen und sonstigen Stabilität eines Landes zu sehen." Allen voran steht hier Italien im Fokus, das sich mit nur 42 Punkten Platz 72 mit Bosnien-Herzegowina teilt. Das lässt das EU-Gründungsmitglied Italien in Sachen Vetternwirtschaft und Bestechlichkeit nur wenig besser dastehen als das kommunistische System der Volksrepublik China auf Platz 80. Etwas besser beurteilen die in mindestens drei Gutachten pro Land befragten Experten die Situation in den ebenfalls von der Finanzkrise schwer getroffenen Länder Spanien und Portugal. Sie rangieren zusammen mit zahlreichen osteuropäischen Ländern zwischen den Plätzen 30 und 50.

Will mehr Transparenz: Edda Müller, Vorsitzende von Transparency in Deutschland Foto: Jens Kalaene dpa/lbn
Will mehr Transparenz: Edda Müller, Vorsitzende von Transparency in DeutschlandBild: picture-alliance/dpa

Mangelnde Transparenz der Politik kostet Deutschland Punkte

Deutschland landet auf dem diesjährigen Stimmungsbarometer der Korruptionsanfälligkeit mit 79 Punkten gut behauptet auf dem 13. Platz weltweit. Es verweist damit Länder wie Japan, die USA oder Frankreich auf weiter unten liegende Plätze. Das ist aber kein Grund sich zurückzulehnen, sagt Edda Müller an die Adresse der deutschen Politik. Denn seit fast zehn Jahren weigere sich die Bundesregierung, die 2003 auf den Weg gebrachte UN-Konvention gegen Korruption zu ratifizieren. "Es ist hohe Zeit, dass Deutschland seine Glaubwürdigkeit im Bereich der Korruptionsbekämpfung unter Beweis stellt und dass diese Lücke im Strafrecht geschlossen wird." Kritiker des Abkommens befürchten, dass Bundestagsabgeordnete sich nach der Ratifizierung nicht mehr mit Interessenvertretern aus der Wirtschaft treffen könnten, ohne sich dem Verdacht der Abgeordnetenbestechung auszusetzen.

Abstimmung im Deutschen Bundestag: gibt es hier gekaufte Stimmen? Foto: Michael Gottschalk/dapd
Abstimmung im Deutschen Bundestag: gibt es hier gekaufte Stimmen?Bild: dapd

Ein wenig überzeugendes Argument, sagt Korruptionswächterin Müller, vor allem mit Blick auf die Gewinner im Ranking. Diese glänzten allesamt durch einen besonders guten Zugang zu Informationen sowie klare Regelungen für öffentliche Amtsträger und durch die Ratifikation der UN-Konvention. Die ersten Plätze auf der Rangliste der unbestechlichsten Nationen teilen sich demnach mit jeweils 90 von 100 Punkten die Länder Dänemark, Finnland und Neuseeland. Die Schlusslichter dagegen sind Afghanistan, Nordkorea und Somalia, die jeweils nur acht Punkte erhielten. "Diese Länder leiden unter nichtfunktionierenden Strukturen der öffentlichen Verwaltung und unter besonders schwach ausgeprägten Rechenschaftspflichten", sagte die TI-Vorsitzende Edda Müller zur Begründung.

"Wir halten den Index insgesamt für sehr glaubwürdig", sagt Müller zur Repräsentativität des einmal jährlich erstellten Korruptionswahrnehmungsindex. Eine Botschaft, die 2012 vor allem für die Griechen schmerzlich sein dürfte. Im Vergleich zu 2011 rutschen sie immerhin um ganze 14 Listenplätze nach unten. Ob das, wie im antiken griechischen Theater, allerdings ein schlechtes Omen für ein noch größeres Unglück darstellt, darauf wollten sich die Korruptionsbekämpfer in Berlin nicht festlegen.