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Politik

Griechische Banken bluten aus

Jannis Papadimitriou Athen
4. April 2017

Deutlicher Rückgang der Bankeinlagen in Hellas: Allein im Februar flossen über 750 Millionen Euro aus dem Krisenland. Experten rechnen mit einer möglichen Verschärfung der seit 2015 geltenden Kapitalkontrollen.

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Griechenland EZB Bank
Bild: picture alliance/AP Photo/T. Stavrakis

Die Höhe der Bankeinlagen in Griechenland ist keine harmlose Wasserstandsmeldung, sondern gilt als ein wichtiges Indiz für die kriselnde Wirtschaft des Mittelmeerlandes. Gespannt warten Analysten und Anleger auf die monatlichen Berichte der Athener Notenbank. Die jüngste Meldung der Währungshüter liefert Grund zur Sorge: Allein im Februar ist die Gesamtsumme der Bankeinlagen um 750 Millionen Euro gesunken. Seit Anfang 2017 verzeichnen die Kreditinstitute in Hellas ein deutliches Minus von fast vier Milliarden Euro. Damit sind die Ersparnisse der Griechen auf den niedrigsten Stand seit dem Linksruck in Athen im Januar 2015 gefallen und betragen derzeit rund 128 Milliarden Euro.

Ist das eine Reaktion der Sparer auf erneute Diskussionen über den Euro-Austritt des Landes? Panagiotis Petrakis, Wirtschaftsprofessor an der Universität Athen, versucht die Lage nüchtern zu analysieren. "Die jüngsten Zahlen bedeuten lediglich, dass die Kapitaleinfuhr der vergangenen Jahre wieder rückgängig gemacht wurde", erläutert der Ökonom im Gespräch mit der DW.

Panagiotis Petrakis Uni Athen
Kein Grund zur Panik sieht Panagiotis PetrakisBild: DW/J. Papadimitriou

Zur Erinnerung: Im Juni 2015 hatte die linksgeführte Regierung in Athen Kapitalverkehrskontrollen eingeführt und damit der bis dahin rasanten Geldflucht ein vorläufiges Ende bereitet. Zu diesem Zeitpunkt betrugen die Bankeinlagen aller Privathaushalte und Unternehmen in Hellas etwas mehr als 120 Milliarden Euro. Seit Einführung der Kapitalkontrollen darf jeder Kontoinhaber in Hellas gerade noch 420 Euro pro Woche bei seiner Hausbank abheben. Nach einer vorläufigen Lockerung der Kontroll-Vorschriften im vergangenen Jahr dürfen Anleger allerdings auch frische Milliarden zur Bank bringen und darüber nach Belieben frei verfügen. Kapitalkontrollen würden bei Neueinlagen eben nicht mehr greifen. "Genau diese Gelder, also geschätzte vier Milliarden, sind wieder abgeflossen", klagt Professor Petrakis im Gespräch mit der DW.   

Verschärfung der Kapitalkontrollen in Sicht

Im Sommer 2015 versicherten Athener Regierungsvertreter im Brustton der Überzeugung, die unerwünschten Kapitalkontrollen würden nicht länger als wenige Tage oder Wochen dauern. Daraus ist aber nichts geworden. Im Gegenteil: Sollte es auch in Zukunft bei ständigen Einlagenverlusten bleiben, würden die Kapitalkontrollen vermutlich verschärft, glaubt Professor Petrakis. "Ich würde mich jedenfalls nicht wundern, wenn das aktuelle Wochenlimit für Abhebungen von 420 Euro auf etwa 380 Euro gesenkt wird", mahnt der Ökonom.

Auch die konservative Opposition in Athen warnt vor strengeren Kapitalkontrollen, sollte die aktuelle Überprüfung griechischer Reformbemühungen durch die internationalen Geldgeber nicht zügig abgeschlossen werden. Dazu erklären Bankenvertreter gegenüber der Athener Zeitung Kathimerini, eine Verschärfung der Kapitalkontrollen sei durchaus möglich, falls die Verhandlungen mit den Kreditgebern Griechenlands auf Monate hinaus verzögert würden.

Nicht zuletzt Zentralbankchef Jannis Stournaras mahnt derweil zur Eile. Es sei dringend geboten, die Überprüfung griechischer Reformansätze bald abzuschließen, erklärte der Banker und Ex-Finanzminister in seinem jüngsten Jahresbericht Ende Februar. Wenige Tage später, während die Verhandlungen Athens mit den Geldgebern noch liefen, mahnte der Notenbankchef auch noch zur Reform des Rentensystems - und handelte sich damit Ärger mit der regierenden Linkspartei ein. "Der Chef der Zentralbank ist unabhängig, aber doch nicht unkontrollierbar",  mahnte Vize-Regierungschef Jannis Dragasakis am vergangenen Wochenende. "Stournaras liegt auf einer Linie mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF)", moniert die linksgerichtete Zeitung der Redakteure.

Weitere Rekapitalisierung nötig?

Sollte die Unsicherheit weiter anhalten, sei eine neue Runde der Rekapitalisierung für griechische Kreditinstitute nicht auszuschließen, erklären Branchenkenner der Zeitung Kathimerini. Dabei hatte sich die Chefin der europäischen Bankenaufsicht (SSM), Danièle Nouy, bei ihrem jüngsten Besuch in Athen eigentlich zufrieden gegeben. Die Kapitalausstattung der griechischen Banken sei zufriedenstellend, sagte Nouy neulich auf eine entsprechende Anfrage des Linkspolitikers Dimitris Papadimoulis im EU-Parlament. Laut Medienberichten in Athen drängt die Aufseherin allerdings auf eine weitere Konsolidierung im griechischen Bankensektor.