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Politik

Reicher Grieche investiert in die Demokratie

Florian Schmitz Thessaloniki
29. Mai 2018

Ab August will Griechenland ohne die Kredite der Geldgeberländer auskommen. Doch immer noch fehlt es an Investitionen - auch aus privater Hand. Ein deutsch-griechischer Millionenerbe will dies ändern.

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Griechenland Kundgebung Kommunistische Partei
Griechenland braucht mehr Dialog zwischen Volk und ParlamentBild: Getty Images/C. Furlong

Die Mittagssonne steht hoch am Himmel über Athen, als Antonis 'Toni' Schwarz um die Ecke einer kleinen Straße unweit des griechischen Parlaments biegt. Leger gekleidet, höflich zurückhaltend im Auftreten. Es ist ihm nicht anzusehen, dass er jener sozialen Schicht angehört, die vor allem in den vergangenen Krisenjahren große Kritik auf sich gezogen hat: die Superreichen. Steuersünder, Geldelite - Schwarz kennt die Vorwürfe gegen das berüchtigte 'eine Prozent' nur zu gut. Damit identifizieren aber will er sich nicht. Im Gegenteil.

"Eigentum verpflichtet" heißt es im Artikel 14, Absatz 2 des deutschen Grundgesetzes. Für den 29-jährigen Deutsch-Griechen, der in eine milliardenschwere Pharmafamilie geboren wurde, sind das nicht bloß leere Worte: "Für mich bedeutet dieser Spruch, dass mit viel Macht auch viel Verantwortung einhergeht. Als vermögender Mensch hat man die Möglichkeit, bestimmte Dinge in Bewegung zu setzen. Man hat so eine Art Wunderwaffe, die es einem ermöglicht, die Gesellschaft positiv zu gestalten. Und wenn man das in so kritischen Zeiten wie den heutigen nicht macht, dann ist das schon grob fahrlässig." Um sich dieser Verantwortung zu stellen, gründete er 2016 die 'Guerilla Foundation', mit der er Aktivisten und soziale Bewegungen in Europa unterstützt.

Innovation in Griechenland wird kaum gefördert

Nach harten Jahren der Krise scheint sich die griechische Wirtschaft derzeit wieder zu erholen. Bei jeder Gelegenheit verkündet Ministerpräsident Alexis Tsipras, ab August ohne zusätzliche Kredite auszukommen. Doch die Arbeitslosigkeit ist mit 20,6 Prozent nach wie vor die höchste in der EU. Gerade Berufsanfänger haben kaum Chancen, sich auf dem Arbeitsmarkt zu etablieren. Die Abwanderungsrate ist hoch, während im Land selbst viel Potenzial brach liegt. Die, die versuchen sich als Existenzgründer selbst Arbeit zu schaffen, stehen vor gewaltigen Hürden.

Antonis Schwarz Guerilla Foundation
2016 gründete der deutsch-griechische Millionenerbe Antonis Schwarz die 'Guerilla Foundation'Bild: ImpactHub Athen

"Es ist sehr schwierig, eine erste Anschubfinanzierung zu bekommen, etwa um einen ersten Prototypen zu entwickeln, mit dem man testweise an den Markt gehen kann. Die Stiftungen in Griechenland wollen eigentlich nur an etablierte Organisationen spenden. Wenn man da mit einer neuen Idee kommt, sieht es oft schlecht aus", sagt Schwarz. Gerade Anschubfinanzierungen zwischen 20.000 und 250.000 Euro seien kaum zu bekommen. Für die eigentlich boomende Start-Up-Szene in Griechenland wird eben das zum Verhängnis. Zwar stelle die EU jetzt 400 Millionen Euro zur Verfügung, um den Sektor zu unterstützen, doch das allein reiche nicht: "Was wir brauchen, sind Philanthropen und Seed-Fonds, die neue Ideen unterstützen."

Man muss nicht in Waffen investieren

Eben hier sieht Schwarz auch die Wohlhabenden in der Pflicht. "Ich würde mir schon wünschen, dass sich die Leute stärker engagieren." Auf seiner Yacht Champagner zu trinken und dem Land zuzusehen, wie es sich selbst zerstört - für Antonis Schwarz ist das keine Perspektive. Laut Jahresbericht der Guerilla Foundation stellte er 2017 Fördermittel von knapp 360.000 Euro in ganz Europa zur Verfügung. Er wirbt für einen verantwortungsbewussten, demokratischen Kapitalismus. Es gehe um systemische Transformationsprozesse, bewussten Konsum, ökologisch orientierte Wirtschaftspraktiken: "Du kannst mit nachhaltigen Anlagen dieselben Renditen erwirtschaften wie mit üblichen Investments. Sprich, du musst nicht in Öl, Gas, Waffen oder die Atomwirtschaft investieren, um Gewinne zu machen."

Athen Griechische Fahne
Viele Griechen haben gerade in Zeiten der Krise das Vertrauen in die Politik verlorenBild: DW/F. Schmitz

Dass dies viel zu selten passiert, liege nicht zuletzt auch daran, dass viele Wohlhabende einfach nicht ausreichend informiert seien. Oft lägen die Geschäfte in den Händen von Vermögensverwaltern, die in der Regel wenig Bezug zu nicht-etablierten Wirtschaftsbranchen haben. Schwarz fungiert als Vermittler, der den Austausch zwischen den sozialen Klassen initiiert. Für ihn ist das kein Akt der Nächstenliebe, sondern eine politische Notwendigkeit. Das Fundament Europas sei in seinen Tiefen erschüttert worden, sagt er. Ihm geht es um demokratische Grundwerte und die Rückbesinnung auf die soziale Marktwirtschaft als systematische Waffe im Kampf gegen Nationalismus und Radikalisierung.

Ohne Transparenz kein Vertrauen

Ein weiteres Problem: in Griechenland belasten undurchsichtige Verflechtungen zwischen Politik und Wirtschaft die Staatskasse. Hinzu komme, dass die Steuern gerade für Selbständige und Freiberufler viel zu hoch seien, so dass diese es sich gar nicht leisten könnten, alle ihre Gewinne tatsächlich beim Fiskus zu melden. "Es gibt aber auch viel Steuerhinterziehung bei großen Firmen in Griechenland. Etwa bei Unternehmen, die im Kontext des Luxleaks-Skandal aufgetaucht sind, wie beispielsweise beim Telefonbetreiber Wind Telecom. Kleine und mittlere Unternehmen werden überbesteuert und große Macher können sich aus der Verantwortung ziehen" , kritisiert Schwarz.

Transparenzinitiative Vouliwatch

Dabei fehle es vor allem an einem: an Transparenz. Deswegen unterstützt Schwarz seit 2014 die Organisation 'Vouliwatch', den griechischen Ableger von abgeordnetenwatch.de. Bürgerinnen und Bürger können im Internet nachvollziehen, welche Partei woher Spenden erhält. Welcher Abgeordnete hat für welches Gesetz gestimmt? Was sind die Grundhaltungen der verschiedenen Parteien? Außerdem können sie den Abgeordneten Fragen stellen. "Wir sollten uns in diesem Haus Europa, in dem wir leben, nicht zu sicher fühlen. Der Preis der Freiheit ist die ewige Wachsamkeit. Wenn man sich nicht einsetzt, wird es ungemütlich", so Schwarz.

Porträt eines Mannes mit braunen Haaren und Bart
Florian Schmitz Reporter mit Schwerpunkt Griechenland