Grimme-Preis für "Babylon Berlin" und "Dark"
13. April 2018Ein Novum bei der Vergabe der 54. Grimme-Preise: Gleich drei Bezahlsender kamen mit ihren selbst produzierten Serien zu Ehren. Mit "Dark" erhielt erstmals die Produktion eines Streamingdienstes einen Grimme-Preis. Die deutsche Netflix-Serie zählte zu den diesjährigen Preisträgern in der Kategorie Fiktion.
Weitere Auszeichnungen in diesem Bereich gingen unter anderem an die von der ARD und dem Pay-TV-Sender Sky produzierte Serie "Babylon Berlin" und die erfolgreiche TV-Serie "4 Blocks" des Bezahlsenders TNT. Die drei Regisseure von "Babylon Berlin", Tom Tykwer, Achim von Borries und Henk Handloegten, nahmen den Preis in Marl entgegen. "Die 16-teilige Serie ist opulenter Budenzauber und feinnerviges Zeitgeschichtsstück in einem" lobte die Jury diese außergewöhnliche TV-Produktion.
"Die Qualität dieser hochklassigen Serien zeigt, dass Deutschland auch auf dem internationalen Serienmarkt bestehen kann", sagte Frauke Gerlach, die Direktorin des Grimme-Instituts.
Insgesamt nahmen in Marl am Abend insgesamt 68 Preisträger, vom Darsteller bis zum Drehbuchautor, ihre Auszeichnung entgegennehmen. "Masse und Klasse", sagte Gerlach zur Rekordzahl der Einzelpreise. "Die Preisträgerinnen und Preisträger zeigen in hervorragender Weise einen großen Ausschnitt der Vielfalt der Formsprachen und Möglichkeiten, die das Medium Fernsehen zu bieten hat."
...und immer wieder Böhmermann
Unter den Grimme-Preisträgern war auch wieder Late-Night-Talker Jan Böhmermann. Der Satiriker erhielt für "Eier aus Stahl - Max Giesinger und die deutsche Industriemusik" einen Spezialpreis in der Kategorie Unterhaltung. In seiner Parodie im "Neo Magazin Royale" (ZDFneo) erklärt Jan Böhmermann, wie das "durchkalkulierte Industrieprodukt" deutsche Popmusik zustande kommt.
Die Folge gehöre "zu den raren Unterhaltungshöhepunkten des Jahres 2017", so das Urteil der Jury. Böhmermann hatte bereits in den vergangenen beiden Jahren sowie 2014 Grimme-Preise erhalten.
Die meisten Preise wurden in der Kategorie "Information & Kultur" vergeben. Unter anderem wurde der Dokumentarfilm "Alles gut - Ankommen in Deutschland" (NDR/SWR) ausgezeichnet. Die Autorenfilmerin Pia Lenz hatte dafür zwei Flüchtlingskinder und ihre Familien ein Jahr lang begleitet, und ein eindringliches Bild davon gezeichnet, was die Heimatlosigkeit für Menschen bedeutet.
Ausgezeichnete politische Berichterstattung
Die Reporter und Redakteure der TV-Sendung "Panorama – die Reporter" (NDR) wurden für ihre kritische Berichterstattung während des Hamburger G-20-Gipfels mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. Stellvertretend für ein engagiertes Team wurde er von den drei Redaktionsleitern entgegengenommen. Ihnen allen seien "über Monate hinweg eine investigative Berichterstattung gelungen, die vorbildhaft ist für einen nicht nur informativen, sondern auch ausgewogen urteilsbildenden Journalismus, der eben keine vorgefertigten Meinungen über den Bildschirm verbreitet", so die Begründung der Jury.
Einen Grimme-Preis in der Kategorie Information bekam auch der Dokumentarfilm "Cahier Africaine" der Regisseurin Heidi Specogna, der für seine starke Empathie mit den Protagonistinnen ausgezeichnet wurde. "Einer jener Dokumentarfilme, die aufs eindringlichste belegen, warum solche dokumentarische Arbeit nötig ist", attestierte die Jury der engagierten Filmemacherin.
Im Mittelpunkt des Films steht ein schmales Schulheft. Es enthält die mutigen Aussagen von 300 Frauen und Mädchen, und einigen Männern aus der Zentralafrikanischen Republik, an denen 2002 kongolesische Söldner schwere Verbrechen begingen. Das Heft gelangte in einer Geheimmission an den Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Der Film sei "ein einzigartiges Dokument aus einer Welt, von der wir immer nur hören, dass von dort irgendwo die Flüchtlinge herkommen, die es von Europas Grenzen abzuhalten gilt", so die Jurybegründung.
Sonderpreis für "herausragenden" Fernsehjournalismus
Die Fernsehjournalisten Inge von Bönninghausen, Gert Scobel und Armin Wolf wurden mit einer besonderen Ehrung "für ihren Beitrag zu Aufklärung, gesellschaftlicher Emanzipation und Stärkung der Urteilskraft" gewürdigt, wie der Deutsche Volkshochschul-Verband (DVV) als Preisstifter mitteilte. Mit der Verleihung wolle man "ein deutliches Zeichen für Qualitätsjournalismus" setzen, betonte Verbandspräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer.
Die 79-jährige Inge von Bönninghausen gilt als Vorreiterin der Gendergerechtigkeit im Fernsehen. 1980 startete sie im Westdeutschen Rundfunk (WDR) die Sendung "Frauen-Fragen", heute unter dem Titel "frau tv" das mittlerweile einzige Frauenmagazin im deutschen Fernsehen.
Der Wissenschaftsjournalist Gert Scobel bekam die Auszeichnung, weil er als Moderator der Sendung "scobel" auf 3sat "wie kaum ein zweiter für den Brückenschlag zwischen Wissenschaft und medialer Vermittlung stehe", so die Jury.
Und der stellvertretende Chefredakteur der Fernsehinformation beim Österreichischen Rundfunk (ORF), Armin Wolf, erhielt die Ehrung für seine "Wächterrolle" der Demokratie. Er unterstütze die Zuschauer dabei, qualifizierter am demokratischen Diskurs teilzunehmen, hieß es seitens der Jury.
Der undotierte Grimme-Preis ist in diesem Jahr zum 54. Mal vergeben worden und gilt als wichtigster deutscher Fernsehpreis. Die Auszeichnungen werden jedes Jahr bei einer Gala im Theater der Stadt Marl verliehen.Der Fernsehsender 3sat überträgt die Verleihung in seiner Mediathek.
pl/suc/pg (dpa/epd/www.grimme-preis.de)