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Verschärfte Regeln für Schauflüge

24. August 2015

Sollten Flugshows ganz verboten werden - oder wenigstens über dem Meer stattfinden? Diese Fragen bewegen die Briten nach dem folgenschweren Absturz eines Militärjets. Vorerst gelten neue Sicherheitsbestimmungen.

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Rauchwolke über der Absturzstelle eines Flugzeugs am Samstag in Shoreham (Foto: EPA/PAUL JARRETT)
Elf Tote: Ende eines Kunstflugs am Samstag in ShorehamBild: picture-alliance/dpa/P. Jarrett

Sind Flugschauen überhaupt als Familienvergnügen geeignet - wie sicher oder unsicher sind sie? Darüber debattiert Großbritannien nach dem Absturz eines Militärjets aus den 50er Jahren nahe Brighton an der südenglischen Küste. Die Mutter eines der Todesopfer forderte in der Zeitung "Telegraph", Schauflüge nur noch über dem Meer zu erlauben.

Die Regierung hat nun gehandelt. Für Kunstflüge alter Maschinen gelten vorerst strengere Regeln. Solange die Untersuchungen zur Absturzursache laufen, dürfen historische Flugzeuge keine schwierigen Manöver mehr ausführen, sondern nur noch am Publikum vorbeifliegen. Das gab die zivile Luftfahrtbehörde (CAA) bekannt. Für jede Show werde ab sofort geprüft, ob weitere Sicherheitsvorkehrungen nötig seien.

Eine Maschine vom Typ Hawker Hunter war am Samstag in Shoreham nach einem Looping abgesackt. Das Flugzeug krachte auf eine vielbefahrene Straße und traf dabei mehrere Autos. Mindestens elf Menschen wurden in den Tod gerissen. Zum ersten Mal, seit 1952 bei der Farnborough International Airshow fast 30 Zuschauer starben, kamen in Großbritannien wieder Unbeteiligte ums Leben.

"Unglaublich sicherheitsbewusst"

Viel öfter trifft es allerdings die Flieger. Erst Anfang August starb ein 39 Jahre alter ehemaliger Pilot der Luftwaffe in der Nähe von Manchester, als er mit seiner Folland Gnat abstürzte. Der Pilot des jetzt verunglückten Hawker Hunter war ebenfalls bei der Luftwaffe. Er kämpft in einem Krankenhaus ums Überleben.

Die jüngsten Unfälle sind nach Ansicht von Fachleuten indes kein Beweis für Sicherheitsmängel. Steve Wright, Experte für Flugsicherheit an der Universität Leeds, sagte der Nachrichtenagentur PA, die zivile Luftfahrtbehörde Großbritanniens sei "unglaublich sicherheitsbewusst". Sie wäge die Risiken von Veranstaltungen wie der Shoreham-Airshow gründlich ab und schütze die Zuschauer bestmöglich. "Dies war ein schrecklicher Unfall, aber das Flugzeug selbst ist nicht in die Menschenmenge gestürzt", so Wright.

"Kalkulierbares Risiko"

Zusammenprall in der Luft bei der Flugschau in Ramstein am 28. August 1988 (Foto: dpa)
70 Tote: Zusammenprall in der Luft bei der Flugschau in Ramstein am 28. August 1988Bild: picture-alliance/dpa/Füger

Während in Zeitungsforen und sozialen Netzwerken sogar ein komplettes Verbot solcher Schauveranstaltungen gefordert wird, hielt der Parlamentsabgeordnete von East Worthing und Shoreham, Tim Loughton, dagegen: "Die Piloten gehen Risiken ein - aber kalkulierbare Risiken." Flugsicherheitsexperte David Learmount sagte der BBC, ein altes, fragiles Flugzeug werde auch vorsichtig geflogen. Schon bisher seien die Shows streng reguliert gewesen. So habe etwa kein Manöver tiefer als 500 Fuß (rund 150 Meter) über dem Publikum ausgeführt werden dürfen.

Veranstalter anderer Flugshows in Großbritannien hatten angekündigt, ihre geplanten Schauflüge fänden in den kommenden Wochen wie vorgesehen statt. Dies steht durch die neuen Regeln jetzt in Frage. Der Vorsitzende des britischen Flugschau-Verbandes, John Turner, hatte erklärt, es müssten zunächst die genauen Umstände des Unfalls untersucht werden, bevor man Konsequenzen ziehen könne.

Pilot war erfahren und umsichtig

Derweil laufen am Unglücksort in der Nähe von Brighton die Aufräumarbeiten, die nach Polizeiangaben noch mehrere Tage dauern werden. Die Helfer fürchten, weitere Opfer unter den Trümmern zu finden. Der Pilot, den Retter aus seinem brennenden Wrack gezogen hatten, schwebt weiter in Lebensgefahr. Er war früher bei der britischen Luftwaffe und galt als sehr erfahren und umsichtig. Warum er das Flugzeug nach einem Looping-Manöver nicht mehr hochziehen konnte, ist unklar.

Auch in der Schweiz war am Wochenende ein Flugzeug bei einer Flugschau abgestürzt. Bei dem Unglück in Dittingen bei Basel kollidierten am Sonntag zwei Maschinen vom Typ Ikarus C-42 während eines Manövers. Einer der Piloten konnte sich mit dem Fallschirm retten. Der andere stürzte mit seinem Flugzeug in den Tod. Auch dort wurde die Sicherheitsfrage aufgeworfen: Die Organisatoren beraten jetzt über die Zukunft der Veranstaltung.

Das Trauma von Ramstein

Einer der folgenschwersten Unfälle bei Flugschauen ereignete sich 1988 in Deutschland. Damals starben im rheinland-pfälzischen Ramstein insgesamt 70 Menschen, etwa 1000 wurden verletzt. Drei Jets einer italienischen Kunstflugstaffel waren zusammengeprallt und stürzten ab, einer davon rutschte brennend in die Zuschauermassen. Danach wurden die Sicherheitsbestimmungen für Flugvorführungen in Deutschland verschärft.

jj/uh (dpa, afp)