Grüne beschließen Wahlprogramm
18. Juni 2017In ihrem Programm für die Bundestagswahl besinnen sich die Grünen auf ihre Kernkompetenz, den Umwelt- und Klimaschutz. "Dieser Planet fiebert, darum müssen wir unsere Anstrengungen verdoppeln," betonte Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt auf dem Parteitag in Berlin. Die anderen Parteien hätten die Zeichen der Zeit nicht erkannt, kritisiert die Ökopartei, die sich beim Umweltschutz als "Speerspitze der Bewegung" sieht. Bis 2030 will die Partei komplett aus der Kohleenergie aussteigen, der Strom soll dann nur noch aus erneuerbaren Energien kommen. Die 20 schmutzigsten Kohlekraftwerke sollen schon in der nächsten Legislaturperiode vom Netz gehen. Nur so könne Deutschland seine international zugesagten Klimaziele auch einhalten.
Das Aus für Benziner und Dieselautos
Er werde keinen Koalitionsvertrag unterschreiben, in dem der Klimaschutz nicht klipp und klar geregelt sei, betonte Spitzenkandidat Cem Özdemir. "Und Klimaschutz heißt nun mal Kohleausstieg, sonst ist es kein Klimaschutz", rief Özdemir unter dem Jubel der 800 Delegierten. Auch beim Umstieg auf die Elektromobilität soll Deutschland nach dem Willen der Grünen Vorreiter sein: Ab 2030 sollen keine neuen Autos mit Verbrennungsmotor mehr zugelassen werden.
Der Umweltschutzgedanke schließt bei den Grünen auch den Tierschutz mit ein: In ihrem Wahlprogramm wirbt die Partei auch für ein Ende der Massentierhaltung in den kommenden 20 Jahren. Das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat soll verboten werden.
"Ehe für alle" als rote Linie
Ein weiteres wichtiges Anliegen ist den Grünen die "offene Gesellschaft", in der jeder nach seiner Facon glücklich werden kann. Die Ehe für alle, also auch für Schwule und Lesben, haben die Grünen auf ihrem Parteitag zur Bedingung für eine Regierungsbeteiligung nach der Bundestagswahl gemacht. "Mit uns wird es keinen Koalitionsvertrag ohne die Ehe für alle geben", heißt es nun im Wahlprogramm.
Da es das erklärte Ziel der Grünen ist, bei der Wahl die drittstärkste Kraft zu werden und im Bund mitzuregieren, liegt die Latte zumindest für ein Regierungsbündnis mit den Unionsparteien nun hoch - CDU und CSU lehnen die Ehe für alle ab. Insgesamt halten sich die Grünen aber alle Koalitionsoptionen offen. Alle Anträge, die bestimmte Konstellationen bevorzugen oder ausschließen wollten, lehnten die Delegierten ab.
"Hier geboren, hier zuhause"
In der Einwanderungspolitik plädieren die Grünen für ein Staatsbürgerschaftsrecht nach dem Geburtsortprinzip - wer in Deutschland geboren ist, bekommt einen deutschen Pass. Neben einem Einwanderungsgesetz soll es ein eigenständiges Einwanderungs- und Integrationsministerium geben. Eine Obergrenze für Flüchtlinge lehnt die Partei ebenso ab wie Abschiebungen in Kriegs- und Krisengebiete.
Auch in der Sozialpolitik wollen die Grünen Akzente setzen: Mit einem "Familienbudget" in Höhe von 12 Milliarden Euro soll die Kinderarmut in Deutschland bekämpft werden. Daraus soll eine Grundsicherung von 300 Euro für jedes Kind pro Monat finanziert werden. Kleine und mittlere Einkommen wollen die Grünen steuerlich entlasten, für "Superreiche" hingegen soll es eine Vermögenssteuer geben.
Das Wahlprogramm, das Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter als "real und radikal" bezeichnete, soll der Partei im Wahlkampf neuen Auftrieb geben. Auf dem sorgfältig inszenierten Parteitag diskutierten die Grünen zwar lange und leidenschaftlich, versammelten sich am Ende aber fast einmütig hinter dem Wahlprogramm und den beiden Spitzenkandidaten, Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt. Die gaben das Ziel aus, die Grünen am 24. September aus dem derzeitigen Umfragetief heraus zu einem zweistelligen Ergebnis und auf den dritten Platz hinter CDU/CSU und SPD zu führen.