Grüne wollen Sexdienste für Pflegebedürftige
8. Januar 2017"Eine Finanzierung für Sexualassistenz ist für mich vorstellbar", sagte die pflegepolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Grünen, Elisabeth Scharfenberg, der "Welt am Sonntag". Die Kommunen könnten "über entsprechende Angebote vor Ort beraten und Zuschüsse gewähren".
Vorbild wären die Niederlande: Dort gibt es bereits seit einigen Jahren die Möglichkeit, sich als Pflegebedürftiger die Dienste sogenannter Sexualassistentinnen - zertifizierter Prostituierter - bezahlen zu lassen. Die Voraussetzungen hierfür sind jedoch streng: Die auf staatliche Unterstützung angewiesenen Betroffenen müssen per ärztlichem Attest nachweisen, sich nicht auf andere Weise befriedigen zu können.
Pro Familia wirbt seit langem
In Deutschland wirbt die Beratungsstelle Pro Familia seit Jahren dafür, zu klären, ob sich Ansprüche einzelner auf Finanzierung der Sexualassistenz durch die Krankenkassen, die Sozialhilfe- oder andere staatliche Leistungsträger ableiten lassen.
Die sogenannte Sexualassistenz gilt derzeit als eine Art Trend in der deutschen Pflege: Es gibt immer mehr Prostituierte, die sich diese Zusatzbezeichnung geben und etwa in Pflegeheimen ihre Dienste anbieten. Da die Berufsbezeichnung nicht geschützt ist, existieren jedoch große Qualitätsunterschiede, was den Umgang etwa mit Demenzkranken angeht.
Die Experten sind sich uneins
Das Konzept und die öffentliche finanzielle Übernahme sind in der Pflegebranche umstritten. Der Pflegeforscher Wilhelm Frieling-Sonnenberg, Professor an der Hochschule Nordhausen, bezeichnet das Konzept als "menschenverachtend". "Da geht es allenfalls darum, Menschen durch sexuellen Druckabbau wieder funktionstüchtig machen zu wollen: Lasst die Alten Druck ablassen, dann sind sie pflegeleichter." Dagegen argumentiert die Sexualberaterin für Pflegeheime, Vanessa del Rae, die Prostituierten seien ein "Segen" für Heimbewohner und Pflegepersonal.
haz/ ml (dpa,kna)