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PolitikAfrika

Guinea: Unbehagen über Putsch in Westafrika

Kate Hairsine
9. September 2021

Westafrikanische Regierungschefs haben Guineas ECOWAS-Mitgliedschaft suspendiert: Sie befürchten mehr Instabilität in der Region nach dem Militärputsch. Aber der Staatenbund hat selbst Probleme mit der Glaubwürdigkeit.

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Militärputschanführer Mamady Doumbouya umringt von seinen Soldaten
Der Anführer des Militärputsches, Mamadi Doumbouya (Mitte), bei seiner Ankunft in ConakryBild: CELLOU BINANI/AFP/ Getty Images

Die Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten (ECOWAS) hatte das virtuelle Treffen einberufen, nachdem die Militärs am Wochenende Präsident Alpha Condé gestürzt und sein Kabinett aufgelöst hatten. 

Am Mittwochabend suspendierte ECOWAS die Mitgliedschaft Guineas und forderte die sofortige Freilassung Condés sowie die Rückkehr zur verfassungsgemäßen Ordnung. Außerdem soll eine Delegation in die Hauptstadt Conakry entsandt werden. Schon zuvor hatten die Vereinten Nationen, die USA, die Europäische Union und Russland den Umsturz verurteilt. 

Politische Beobachter fürchten, dass die Machtübernahme durch das Militär in Guinea zu einer weiteren Destabilisierung West- und Zentralafrikas führen könnte.  In der Region war es in den letzten Jahren zu einer Reihe von Putschversuchen, Wahlstreitigkeiten und vermehrten Aktivitäten militanter Islamisten gekommen. 

Im Niger wurde im März ein Putsch vereitelt, während die Armee des Tschad im April einen neuen Führer ernannte. In Mali organisierten die Militärs im Mai einen zweiten Putsch innerhalb von neun Monaten.

"Ich glaube, jeder in der Region ist besorgt, dass wir zu den dunklen Tagen der Militärputsche zurückkehren könnten", sagte Kojo Asante, der Direktor für Interessenvertretung und politisches Engagement im Zentrum für demokratische Entwicklung in Ghana.

Obwohl die Zahl der militärischen Machtergreifungen in den letzten zwei Jahrzehnten zurückgegangen ist, haben die Menschen in West- und Zentralafrika die meisten Putsche in Afrika erlebt, seit die Länder des Kontinents ab 1951 ihre Unabhängigkeit erlangten.

Putschisten wollen Regierung der nationalen Union

"Wenn die ECOWAS in dieser aktuell ausweglosen Situation in Guinea keinen Erfolg hat, könnte ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen werden. Der könnte dann potenzielle Putschisten in anderen Mitgliedsländern ermutigen, einen ähnlichen Weg einzuschlagen", warnte der "Liberian Observer" auf seiner Nachrichtenseite.

Der Anführer des Putsches in Guinea, Oberst Mamadi Doumbouya, hat die Bildung einer "neuen Regierung der nationalen Union" versprochen. Allerdings sagte er nicht, bis wann dieses Ziel umgesetzt werden soll.

Viele Experten bezweifeln, dass die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Guinea zu einer demokratischen Zivilregierung zurückführen könne. Erfahrungen zeigten, dass ECOWAS bei der Bewältigung einer ähnlichen Situation im benachbarten Mali versagt hatte.

Trotz anfänglicher Drohungen gab ECOWAS schließlich dem Zeitplan der malischen Junta für die Durchführung von Neuwahlen nach und akzeptierte eine 18-monatige Verzögerung. Zuvor hatte sie jedoch gefordert, dass die Demokratie innerhalb eines Jahres wieder hergestellt werden müsse.

"Wie wir in Mali gesehen haben, greifen die Instrumente [der ECOWAS] nicht", sagte Asante der DW aus Ghanas Hauptstadt Accra. "Sie sind nicht wirksam genug, um erstens zu verhindern, dass es überhaupt passiert, und dann um dafür zu sorgen, dass die Länder wieder in den Normalzustand zurückkehren."

Mali Oberst Assimi Goita, Anführer der malischen Militärjunta
Malis Militärjunta, hier 2020 bei einem Treffen mit ECOWAS, ist bislang nicht zur zivilen Herrschaft zurückgekehrtBild: Annie Risemberg/AFP/Getty Images

ECOWAS "zahnlose Bulldogge"

Die Vorwürfe gegenüber ECOWAS häufen sich. So geriet die Wirtschaftsgemeinschaft auch in Kritik, weil sie angeblich tatenlos zusah, wie der 82-jährige Präsident Guineas, Alpha Condé, Verfassungsänderungen vornahm. Dieser Schritt ermöglichte es ihm, bei den Wahlen 2020 für eine dritte Amtszeit zu kandidieren, obwohl die Amtszeit auf zwei Jahre begrenzt war.

Condé ist im Jahr 2010 als erster demokratisch gewählter Präsident Guineas angetreten, nach fünf Jahren ist er wiedergewählt worden. Sein Streben nach einer dritten Amtszeit löste jedoch starke Proteste in der Hauptstadt Conakry aus: Er gewann die Wahlen 2020 unter dem Vorwurf eines groß angelegten Betrugs.

"Als Condés dritte Amtszeit direkt in der Region stattfand, hat [ECOWAS] geschwiegen", so der liberianische Experte für internationale Beziehungen Mamadou Bah. "Jetzt melden sie sich zu Wort. Aber wer wird ihnen zuhören angesichts des Jubels, den man in der Innenstadt von Conakry [nach dem Staatsstreich] gesehen hat, als die Bürger auf den Straßen Schlange standen und sogar Soldaten küssten."

Bah sagte gegenüber DW, dass die ECOWAS "wie eine zahnlose Bulldogge aussieht, da sie außer einer begrenzten Sanktion keinerlei Druckmittel hat."

Bewohner feiern Militäreinheiten auf den Straßen von Conakry, Guinea
Bewohner von Conakry jubeln Soldaten zu, nachdem das Militär Präsident Condé gestürzt hatBild: Souleymane Camara/REUTERS

Guineas enge Beziehungen zu Liberia und Sierra Leone

Die Nachricht vom Staatsstreich machte schnell die Runde; dabei war die größte Sorge die Auswirkung auf den regen Handel und den Personenverkehr entlang der langen Grenzen Guineas zu Sierra Leone und Liberia.

Die drei Länder sind historisch, kulturell und wirtschaftlich eng miteinander verbunden und bilden die Manos River Union. Tausende von Menschen reisen täglich von Sierra Leone und Liberia nach Guinea und zurück. Liberia ist auf Guinea angewiesen, wenn es um viele Grunderzeugnisse wie Pfeffer, Zwiebeln und Kleidung sowie um gebrauchte Fahrzeuge geht. Auch Sierra Leone betreibt einen regen Handel mit landwirtschaftlichen Gütern aus Guinea.

Die Lage in Sierra Leone hat sich laut Journalist Murtala Kamara verschlechtert, berichtet er aus Freetown. In Sierra Leone seien Panikkäufe ausgebrochen, da man befürchte, dass die Preise für Grunderzeugnisse in die Höhe schießen könnten. So war es auch im vergangenen Jahr, als die Behörden in Guinea die Grenze wegen der Coronavirus-Pandemie geschlossen hatten.

Zwei Frauen beugen sich über Früchte an einem Straßenstand in Moyamba Junction, Sierra Leone
In Sierra Leone sorgen sich Menschen über höhere Lebensmittelpreise, verursacht durch den Putsch in GuineaBild: Matthias Graben/ImageBroker/picture alliance

Grenzen wieder geöffnet

Doch inzwischen findet der Grenzverkehr zwischen beiden Ländern wieder statt - nachdem die Grenzen von Guinea nach Liberia und Sierra Leone unmittelbar nach der Machtübernahme durch das Militär vorübergehend geschlossen waren.

Menschen überqueren die Grenzposten, und der Warenaustausch fließt wieder über die lange Landgrenze zwischen Liberia und Guinea, bestätigte auch DW-Journalistin Evelyn Kpadeh Seagbeh in Monrovia.

Sie berichtete, dass Liberias Präsident George Weah eine verstärkte Präsenz der nationalen Sicherheitskräfte entlang der 590 kilometerlangen Grenze zu Guinea angeordnet hat.

Der Staatsstreich in Guinea könnte auch Auswirkungen auf Millionen-Dollar-Geschäfte haben. Das betrifft beispielsweise den Vorschlag, Bauxit und Eisenerz aus dem Abbaugebiet in Guinea vom liberianischen Hafen Buchanan aus zu verschiffen.

Evelyn Kpadeh Seagbeh in Monrovia und Murtala Kamara in Freetown haben zu diesem Artikel beigetragen. Dieser Artikel wurde aus dem Englischen übersetzt von Martina Schwikowski.

Dies ist eine aktualisierte Version eines Artikels vom 8.9.2021.