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Guttenberg verzichtet vorerst auf Doktortitel

18. Februar 2011

Vor ausgewählten Medienvertretern hat Bundesverteidigungsminister Guttenberg eine Erklärung zu den Plagiatsvorwürfen im Hinblick auf seine Dissertation verlesen. Eine absichtliche Täuschung stritt er dabei ab.

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Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg vor Mikrofonen (Foto: dpa)
Guttenberg gesteht Fehler einBild: dapd

Sehr kurzfristig und mit einer gewissen Inszenierung hat sich der Verteidigungsminister am Freitag (18.02.2011) in seinem Ministerium gegen die Vorwürfe der letzten Tage verwahrt. Nur einige wenige Kamerateams durften seine Rede aufzeichnen, schreibende Pressekollegen sowie Hörfunkreporter waren für das Statement nicht zugelassen.

"Kein Plagiat"

In wenigen Sätzen entschuldigte sich Guttenberg zunächst für Fehler in der Doktorarbeit, fügte aber hinzu, die von ihm verfasste Dissertation sei kein Plagiat. Er erklärte weiter, dass die Umstände der Dissertation nicht optimal waren. Sieben Jahre lang habe er an ihr gearbeitet, parallel sei er als junger Politiker und Familienvater sehr eingebunden gewesen.

Er stritt ab, bewusst Fehler gemacht oder getäuscht zu haben. In der nächsten Zeit würde er in Abstimmung mit der Universität Bayreuth klären, ob ein wissenschaftliches Fehlverhalten vorliege. Außerdem kündigte er an, dass er "gerne bis zum Ergebnis dieser Prüfung vorübergehend, ich betone vorübergehend, auf die Führung des Titels" verzichte.

Eklat bei Bundespressekonferenz

Saal der Bundespressekonferenz (Foto: dapd)
Wartet immer noch auf eine Erklärung des Ministers: Die BundespressekonferenzBild: dapd

Der promovierte Jurist soll in seiner Doktorarbeit zahlreiche fremde Textstellen verwendet haben, ohne sie korrekt anzugeben. Der 39-Jährige war am Donnerstagabend im Kanzleramt, um mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über das weitere Vorgehen zu sprechen. Plagiatsjäger listen im Internet mehr als 80 Textstellen auf, die der CSU-Politiker abgeschrieben haben soll, ohne korrekt darauf hinzuweisen.

In der parallel stattfindenden Bundespressekonferenz kritisierten Medienvertreter, dass sich der Minister nicht den Fragen der dort anwesenden Journalisten stelle. Nur sein Sprecher war anwesend. Aus Protest verließen zahlreiche Hauptstadtkorrespondenten den Saal.

In einem Schreiben des Vorsitzenden der Bundespressekonferenz, Werner Gößling, an den Minister heißt es dazu: "Wir empfinden es als Brüskierung, dass Sie zeitgleich mit der Regierungs-Pressekonferenz nur 'ausgewählten Medien' eine von allen seit langem erwartete Erklärung gegeben haben". Er erwarte, dass sich Guttenberg bald den Fragen der Hauptstadtpresse stelle. Der Bundespressekonferenz gehören derzeit über 900 deutsche Parlamentskorrespondenten an.

Merkel hat volles Vertrauen - noch

Kanzlerin Angela Merkel (Foto: dapd)
Kanzlerin Merkel hält zu ihrem VerteidigungsministerBild: dapd

Bundeskanzlerin Angela Merkel stellte sich demonstrativ hinter den Verteidigungsminister. Die Kanzlerin habe volles Vertrauen in den Minister und seine Arbeit, hieß es aus Regierungskreisen. Guttenbergs eigene Partei, die CSU, verlangte ein "Ende der Vorverurteilungen". Der Minister habe alles Notwendige erklärt. "Es ist ein Gebot der Fairness, dass die Opposition jetzt endgültig ihre Vorverurteilungen gegen den Bundesverteidigungsminister einstellt", sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt. "Die CSU steht ganz eindeutig zu ihrem Minister".

Bei der Opposition stieß zu Guttenberg mit seiner auf Unverständnis, Ablehnung. SPD-Fraktionsvorstandsmitglied Sebastian Edathy forderte Konsequenzen und legte dem Minister den Rücktritt nach. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte, es gehe um den Vorwurf der systematischen Täuschung und des Betrugs und nicht um einzelne Zitierfehler.

Der Fraktionschef der Grünen, Jürgen Trittin, nannte den Vorgang eine "Brüskierung der Öffentlichkeit und das in einer Form, die wirklich jedes Gefühl für Stil und Anstand vermissen lässt." Trittin forderte eine Erklärung Guttenbergs im Bundestag. Die Öffentlichkeit habe ein Recht darauf, zu wissen, was ein Ehrenwort des Oberkommandierenden der Bundeswehr wert sei. Der Vorgang müsse in der Fragestunde und eventuell in einer aktuellen Stunde im Parlament erörtert werden.

Minister kommuniziert nur noch mit Universität

Universität Bayreuth (Foto_Wikipedia)
Fällt hier die Entscheidung über Guttenbergs Zukunft? Die Universität Bayreuth

Dazu hatte Guttenberg allerdings bereits in seiner Erklärung Stellung bezogen: "Jede weitere Kommunikation zu diesem Thema werde ich von nun an ausschließlich mit der Universität Bayreuth führen." Die Bevölkerung erwarte, dass er sein Amt als Verteidigungsminister wahrnehme und das könne er auch. Die Opposition spricht längst von Selbstverteidigungsminister.

Gegen Guttenberg wurden inzwischen zwei Strafanzeigen gestellt. Bei der ersten gehe es um mögliche Verstöße gegen das Urheberrecht, sagte der Leitende Bayreuther Oberstaatsanwalt Thomas Janovsky. Die zweite Anzeige wegen des Vorwurfs falscher eidesstattlicher Versicherungen sei kein Grund für Ermittlungen, da die Promotionsordnung der Bayreuther Jura-Fakultät eine solche Abgabe nicht vorsehe.

Die Universität Bayreuth wollte den Vorgang erneut nicht kommentieren. "Wir konzentrieren uns auf das Verfahren, das die Kommission mit aller Ordentlichkeit, Ruhe und Professionalität durchführen wird", sagte Uni-Sprecher Frank Schmälzle. Eine Entscheidung über eine mögliche Aberkennung des Doktortitels werde erst in einigen Wochen erwartet. Daran ändere sich auch durch die Erklärung zu Guttenbergs und seinen vorläufigen Verzicht auf den akademischen Titel nichts.

Autor: Gerhard M Friese/Marion Linnenbrink (dpa, afp, dapd, rtr,epd)

Redaktion: Eleonore Uhlich/ Thomas Grimmer