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HandelChina

Görlach Global: Kleine Schritte - Yellen in China

Alexander Görlach
9. Juli 2023

US-Finanzministerin Janet Yellen hat zum Abschluss ihrer viertägigen Peking-Reise die bilateralen Beziehungen der Weltmächte USA und China positiv beurteilt. Sie hat allen Grund dazu, meint Alexander Görlach.

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US-Finanzministerin Janet Yellen (l) und Chinas Vize-Premier He Lifeng (r) reichen sich die Hand vor den Flaggen ihrer Staaten
Demonstrieren Optimismus: US-Finanzministerin Janet Yellen (l) und Chinas Vize-Premier He Lifeng (r)Bild: PEDRO PARDO/AFP/Getty Images

Janet Yellens Besuch in China war, unter den gegenwärtigen Gegebenheiten der Weltpolitik, ein voller Erfolg. Es ist ihr gelungen, gemeinsam mit ihren chinesischen Gesprächspartnern Kommunikationskanäle wieder zu beleben.

Die Volksrepublik hatte gemeinsame Unternehmungen wie den Dialog zum Klimawandel abrupt gestoppt, nachdem die US-amerikanische Politikerin Nancy Pelosi im vergangenen August das demokratische Taiwan vor der Küste Chinas besucht hatte. Peking hat seitdem mehrmals Militärübungen rund um die Insel abgehalten und gleichzeitig jeden Kontakt zwischen den Führungsebenen der Armeen eingestellt. Die Gefahr einer bewaffneten Auseinandersetzung zwischen den beiden Atommächten China und USA ist dadurch größer geworden.

Vor einem Bildschirm, der aktuelle Filmaufnahmen eines Flugzeugs auf einem Flugzeugträger zeigt, sitzen Menschen in einem Restaurant an Tischen und essen
Bedrohlich für die Republik Taiwan: Chinas dreitägige Militärübungen rund um die Insel im AprilBild: Tingshu Wang/REUTERS

In anderen Zeiten wäre die Tatsache, dass die Beteiligten sich überhaupt zu Gesprächen getroffen haben, kein Anlass zu frohlocken. Im vorliegenden Fall ist das anderes. Denn die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Volksrepublik zu verbessern, kommt einer Quadratur des Kreises gleich. Zum einen sind die Meinungsverschiedenheiten zwischen beiden Regierungen immens. Zum anderen geben Vertreter beider Staaten zu Protokoll, dass es dennoch Felder gäbe, in denen sie kooperieren sollten und müssten. In den Gesprächen in Peking haben sie damit begonnen, diese Felder neu zu bestellen: Es sind der Kampf gegen den Klimawandel und die Entschuldung armer Länder.

Yellen als Wegbereiterin für Entspannung

Bei beidem sieht China seine Rolle anders, als Amerika sie einschätzt: Peking möchte nicht in einen Fonds einzahlen, dessen Erträge jenen Ländern zugutekommen sollen, die vom Klimawandel am stärksten betroffen sind. Die Volksrepublik, deren Machthaber Xi Jinping nicht müde wird zu betonen, dass sein Land wirtschaftlich stark und militärisch mächtig ist, rechnet sich an dieser Stelle klein und behauptet, dass China nach wie vor ein Entwicklungsland sei. Da könne man nun wirklich nicht wie ein reiches Land in den besagten Fonds einzahlen. Auch bei der Entschuldung von Staaten möchte die Volksrepublik gerne weiterhin eigene Wege gehen. Denn eine Zusammenarbeit mit der Weltbank oder dem Internationalen Währungsfonds würde bedeuten, dass Peking ein Stück weit Einblick in seine Praktiken gewähren müsse. Dagegen wehrt sich die Nomenklatura nach wie vor mit Händen und Füssen.

Porträtbild von Alexander Görlach
DW-Kolumnist Alexander GörlachBild: Privat

Janet Yellens Besuch ist die zweite hochrangige Visite aus den USA, seit Joe Biden 2021 das Präsidentenamt übernommen hat. Vor wenigen Wochen besuchte Außenminister Antony Blinken Peking. In dem Gespann mit Yellen verkörpert er den "bad cop", sie den "good cop" - das heißt, dass er die viel schwierigeren, sicherheitsrelevanten Themen in der chinesischen Hauptstadt adressieren muss, wohingegen sie sich als Stimme der Vernunft zeigen kann, die sich für Kooperation und Handel ausspricht. Diese Doppelspitze ist gewünscht, spiegelt sie doch auch die Mehrdeutigkeit, mit der Peking zur selben Zeit verschiedene Botschaften in die Welt entsendet. So ist es für die Volksrepublik kein Widerspruch, einem Freihandelsabkommen mit Australien beizutreten und gleichzeitig das Land zu sanktionieren, weil Canberra es gewagt hatte, Peking zu kritisieren.

In wenigen Wochen wird ein dritter hoher Besuch aus den Vereinigten Staaten erwartet: John Kerry, unter Präsident Barack Obama Außenminister und nun spezieller Beauftragter des Weißen Hauses in Klimaschutzfragen, reist in die Volksrepublik. Auch dafür kann Yellen, die in China beliebter ist als manch andere US-amerikanische Politikerin, als Wegbereiterin für einen erneuten Anlauf zwischen Peking und Washington dienen.

US-Finanzministerin Janet Yellen geht schnellen Schrittes über eine Bühne, am Rednerpult steht "Peking, China".
Dynamisch: US-Finanzministerin Janet Yellen erscheint zur Pressekonferenz in der US-Botschaft in PekingBild: Mark Schiefelbein/AP/picture alliance

Hinter verschlossenen Türen dürften beide Länder einig sein, dass sie zusammenarbeiten müsse, gerade wenn es um Klimaschutz geht. Nicht nur sind China und die USA die größten Umweltverschmutzer. Sie erhalten auch seit einigen Jahren regelmäßig einen Vorgeschmack darauf, was der Klimawandel für ihre Nationen bedeutet: Dürre- und Hitzewellen, Überschwemmung und Wasserknappheit, Tornados und Waldbrände.

Nach außen sind beide Länder darauf festgelegt, im anderen den strategischen Herausforderer zu sehen, der er in der Tat auch ist. Die Liste der Streitthemen ist lang. Eine Diplomatie der kleinen Schritte scheint daher derzeit der einzig gangbare Weg zu sein, um innenpolitische Hitzigkeit in beiden Ländern mit außen- und sicherheitspolitischer Notwendigkeit zu balancieren.

Alexander Görlach ist Senior Fellow am Carnegie Council for Ethics in International Affairs und Adjunct Professor an der Gallatin School der New York University, wo er Demokratietheorie unterrichtet. Nach Aufenthalten in Taiwan und Hongkong wurde diese Weltregion, besonders der Aufstieg Chinas und was er für die Demokratien in Asien bedeutet, zu seinem Kernthema. Er hatte verschiedene Positionen an der Harvard Universität und den Universitäten von Cambridge und Oxford inne. Alexander Görlach lebt in New York und in Berlin.