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Politik

Chinas Krisen kratzen an Xi Jinpings Macht

Alexander Görlach
14. September 2022

Am 16. Oktober beginnt der Kongress der Kommunistischen Partei Chinas. Xi Jinping will sich erneut zum "höchsten Führer" ausrufen lassen. Doch ein Durchmarsch wird es diesmal wohl nicht, meint Alexander Görlach.

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Alexander Görlach mit Zitat: "Fünf der 17 Dynastien im Alten China wurden gestürzt, weil Dürren zu einer Hungersnot führten."
Auch Machthaber Xi Jinping scheint nicht unangreifbar, meint Alexander Görlach

Die Bekanntgabe des Datums für den XX. Parteikongress, so mutmaßten Beobachter, illustriere, dass Chinas Machthaber die Zügel der Partei fest in seiner Hand hielte. Doch Xi Jinping, hat nach wie vor mit Krisen zu kämpfen, die ihm sehr wohl die absolute Macht kosten könnten.

Dürre als Wirtschaftsrisiko

Da ist zum einen der Wassernotstand im Norden des Landes. Dort befinden sich die Kornkammern der Volksrepublik, die allerdings nur aufgrund von Pipelines überleben können, die riesige Mengen Wasser aus dem Süden nordwärts pumpen. Niederschläge auf Rekordtief und Temperaturen auf Rekordhoch haben allerdings dafür gesorgt, dass das Wasser knapp wird, Flüsse nicht befahrbar bleiben, Transport von Gütern stockt. In der Produktions-Provinz Sichuan, die 80 Prozent ihres Energiebedarfs mit Wasserkraft deckt, mussten Fabriken tagelang geschlossen bleiben, da die Gefahr der Überlastung des Stromnetzes bestand.

Extreme Dürre in China

Lockdowns verhindern Aufschwung

Die Wasserknappheit ist ein Grund für die wirtschaftliche Talfahrt, die Xi Jinping zu verantworten hat. Seine "Null-COVID-Politik" sorgt dafür, dass derzeit rund 300 Millionen Menschen in über 70 Städten im Lockdown sind. Das bedeutet natürlich auch, dass die Wirtschaft in Mitleidenschaft gezogen wird. Das Wirtschaftswachstum wird deshalb auch in diesem Jahr deutlich unter den 5,5 Prozent, von denen die Regierung offiziell ausgeht, liegen. Die Provinzen dürften diese Verluste vor allem durch die Aufnahme neuer Kredite wettzumachen versuchen. Ihnen ist von Peking aufgetragen, die Wirtschaft anzukurbeln und gleichzeitig Xis "Null-COVID-Strategie" umzusetzen. Ein Erfolg käme der Quadratur des Kreises gleich, da die Instrumente, diese Ziele zu erreichen, einander zuwider laufen. Mehr Schulden werden diese Unvereinbarkeit übertünchen. 

Protestplattform Internet

Derzeit halten sich die Provinzfürsten minutiös an die Corona-Auflagen aus Peking, denn niemand möchte für einen massiven Ausbruch der Pandemie in seiner Stadt oder seinem Landkreis verantwortlich sein während des XX. Parteikongresses. Im Internet jedoch brodelt es: die Menschen begehren gegen die Maßnahmen der Zentralregierung auf. Verglichen mit demokratischen Staaten ist dieser im Internet formulierte Protest nur ein Windhauch. In China jedoch kann jede Kritik an Xi Jinping und seiner Politik drakonischen Strafen nach sich ziehen. 

Xi Jinping mit erhobener Hand
Mit harter Hand wird gegen Kritiker in China vorgegangenBild: Ng Han Guan/AP Photo/picture alliance

Arbeitslosigkeit wächst

Es ist die Mittelschicht, die unter den Versäumnissen von zehn Jahren Xi-Regierung ächzt. Ein nicht regulierter Immobilien- und ein schlecht regulierter Banken-Sektor haben viele Menschen um ihre Ersparnisse und Investitionen gebracht. Die Regierung wird den Frieden hier nur wieder herstellen können, indem sie die Wohnungsbau-Projekte, deren Finanzierung veruntreut wurden, mit Steuermitteln umsetzt. Dieser Schritt wird aber nicht darüber hinweghelfen, dass zur selben Zeit die Kinder der Mittelschicht die Universität in Richtung Massenarbeitslosigkeit verlassen. Die Jugendarbeitslosigkeit ist mit 20 Prozent so hoch wie nie seit Xi im Jahr 2012 zum ersten Mal zum Führer bestimmt wurde.

Eine Palast-Revolution steht im Moment noch nicht an, denn Xi hat die 92 Millionen Parteimitglieder fest im Griff. Die chinesische Bevölkerung besteht allerdings aus weit mehr Menschen, 1,4 Milliarden. Xi Jinping weiß, dass er deren Bedürfnisse nicht ganz außer acht lassen kann: Fünf der 17 Dynastien im Alten China wurden gestürzt, weil Dürren, so wie sie jetzt in China herrschen, zu einer Hungersnot führten. 

Alexander Görlach ist Senior Fellow am Carnegie Council for Ethics in International Affairs und Research Associate am Internet Institut der Universität Oxford. Nach Aufenthalten in Taiwan und Hongkong wurde diese Weltregion, besonders der Aufstieg Chinas und was er für die freie Welt bedeutet, zu seinem Kernthema. Er hatte verschiedene Positionen an der Harvard Universität und der Universität von Cambridge inne.