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Politik

Wer hält China in Schach?

Alexander Görlach
13. April 2021

Wenn Japans Regierungschef in Kürze Joe Biden besucht, steht nicht allein Bilaterales auf dem Programm. Es geht vielmehr um die Sicherung der Freiheit Taiwans und des Welthandels, meint Alexander Görlach.

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Zitattafel Prof. Dr. Alexander Görlach China
Bild: DW

Als im Februar 2018 ein Erdbeben Taiwan heimsuchte, nahm die Regierung des demokratischen Inselstaats lieber die Hilfe der ehemaligen Kolonialmacht Japan an als die der benachbarten Volksrepublik China. Bei dem Erdbeben damals kamen mindestens 17 Menschen ums Leben, rund 300 wurden verletzt.

Wie immer, wenn Peking nicht bekommt, was es will, verlegt es sich auf Drohungen: Japan habe sich nicht in Taiwan einzumischen! Die Volksrepublik China betrachtet das kleine Land als Teil ihres Territoriums, denn die Insel sei nach dem Ende des Krieges, den das Kaiserreich Japan verloren hatte, Teil Chinas geworden.

Druckmittel Ananas

Japan, das schwere Verheerungen anrichtete und Verbrechen beging, als es Teile Chinas besetzt hielt, ist zu einem ständigen Anwalt Taipehs geworden, seit die autokratische Führung der Volksrepublik dem Land unverhohlen mit Besatzung und Krieg droht. Erst vor einem Monat, als Peking überraschend den Import taiwanesischer Ananas stoppte, kaufte Japan prompt die Ernte auf und half dem Land damit aus der plötzlichen Not.

US-Präsident Joe Biden und drei seiner führenden Südasien-Berater sitzen an einem Konferenztisch. In der Ecke die Flaggen der USA, Australiens, Indiens und Japans. Auf den Monitoren hinter dem Tisch sind die Regierungschefs Yoshihide Suga (Japan), Narendra Modi (Indien) und Scott Morrison (Australien) zugeschaltet
Bisher kennen sich Joe Biden (ganz links) und Yoshihide Suga (auf dem linken Monitor) nur vom Bildschirm - der erste "Quad-Gipfel" der USA, Japans, Indiens und Australiens fand am 12. März statt.Bild: Jim LoScalzo/CNP/AdMedia/picture alliance

Es ist daher völlig klar, dass Taiwan eines der Top-Themen sein wird, wenn der japanische Premierminister Yoshihide Suga als erster ausländischer Regierungschef US-Präsident Joe Biden in Washington besuchen wird. Aber es wird nicht das einzige Thema bleiben, dass die beiden Partner miteinander besprechen werden: China wird zunehmend aggressiver und schickt dann auch mal seine Seestreitkräfte inklusive Flugzeugträger nahe am japanischen Okinawa vorbei.

China übernimmt Putins Krim-Strategie

Denn Taiwan ist nicht die einzige Insel in der Gegend, die sich die Volksrepublik einverleiben will: Unweit von Taiwan liegen die Senkaku-Inseln, die Peking ebenfalls als die ihren ansieht. Doch damit nicht genug: Ende März landeten über 200 Schiffe im südchinesischen Meer an den Spratly-Inseln an. Die Philippinen sprechen von einer chinesischen Miliz, Peking nonchalant von "Fischerbooten". Man hat in Xi Jinpings Reich von Wladimir Putin gelernt, der mit der Besetzung der Krim Fakten geschaffen hat, die die Weltgemeinschaft nur durch einen Krieg umkehren könnte.

Karte Senkaku-Inseln Deutsch
Bild: DW

Peking gibt sich entsprechend selbstsicher und glaubt nicht daran, dass sich der Rest der Welt in einen Krieg mit dem Land wagen würde. Doch in Wahrheit streiten sich die Gelehrten darüber, ob die sogenannte "Volksbefreiungsarmee" wirklich in der Lage wäre, Taiwan, das - wie jedes unabhängige Land - über eine Armee verfügt, anzugreifen und den Krieg ohne eine vollständige Zerstörung der Insel zu gewinnen. Derzeit kann nur eine Armee Pekings Expansion mit Sicherheit aufhalten - und das ist die US-amerikanische. Präsident Biden hat sich bislang nicht explizit dazu bekannt, Taiwan militärisch gegen die Volksrepublik zu verteidigen. Obwohl die USA daran ein vitales Interesse haben: Das Land produziert die auch für die US-Wirtschaft essenziellen Chips, die in jedem Smartphone stecken.

Klare Positionierung gefragt

Wäre Pekings Griff nach den unbewohnten Inseln von Japan bis zu den Philippinen erfolgreich, dann wären die Kommunisten Herr dieser Weltregion und könnten den Welthandel nach ihrem Gutdünken steuern. Japan wiederum wird militärisch von Washington protegiert und unterhält seit dem Zweiten Weltkrieg nur sogenannte Selbstverteidigungsstreitkräfte. Sollte es also zu einem bewaffneten Konflikt mit Tokio kommen, wären die USA auch hier gefragt.

Die Weltgemeinschaft täte gut daran, die Geschehnisse in den Gewässern um China herum noch intensiver zu beobachten - und Schlüsse daraus zu ziehen, wie man sich im Falle eines Krieges positionieren würde. Diese Positionierung aufzuschieben, ist angesichts der sich zuspitzenden Lage gefährlich. Joe Biden hat den Amerikanern versprochen, hart gegenüber China zu bleiben. Japan wird dabei eng mit seinem wichtigsten Verbündeten zusammenarbeiten. Doch wie werden sich die anderen Mächte des Westens angesichts einer wachsenden Kriegsgefahr positionieren?

Alexander Görlach ist Senior Fellow des Carnegie Council for Ethics in International Affairs und Senior Research Associate an der Universität Cambridge am Institut für Religion und Internationale Studien. Der promovierte Linguist und Theologe war zudem in den Jahren 2014-2017 Fellow und Visiting Scholar an der Harvard Universität, sowie 2017-2018 als Gastscholar an der National Taiwan University und der City University of Hong Kong.