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Politik

Habeck lässt längere AKW-Laufzeit prüfen

28. Februar 2022

Der Ukraine-Krieg und die Abhängigkeit Deutschlands von russischen Gaslieferungen befeuern die Debatte um die Abschaltung von Kohle- und Atomkraftwerken. Der grüne Wirtschaftsminister Habeck hat "keine Denktabus" mehr.

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Deutschland I Kernkraftwerke Isar
Noch in Betrieb: Kernkraftwerk Isar 2 bei Landshut in Bayern (Archiv)Bild: Armin Weigel/dpaZpicture alliance

Angesichts der sich zuspitzenden Konfrontation des Westens mit Russland schließt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck eine Verlängerung der Laufzeiten von Kohle- und Atomkraftwerken in Deutschland nicht aus. Eine weitere Nutzung der Kernenergie in der Bundesrepublik werde er nicht "ideologisch abwehren", sagte Habeck im Ersten Deutschen Fernsehen. Sein Ministerium prüfe dies. Bei den Kohlekraftwerken sei die Situation die gleiche.

"Es gibt keine Denktabus", versicherte Habeck, der im Kabinett auch für Klimaschutz zuständig ist. Deutschland könne für diesen Winter und den Sommer auf russisches Gas verzichten, für den nächsten Winter müsse die Einkaufsstrategie aber deutlich ausgeweitet werden. "Der wichtigste Schritt wäre dann natürlich, den Gashunger möglichst zu reduzieren", betonte der ehemalige Grünen-Vorsitzende.

Deutschland I Robert Habeck
Erwägt die "Schlachtung einer heiligen Kuh": Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne)Bild: Annette Riedl/dpa/picture alliance

Zugleich stellte Habeck klar, dass er einen Weiterbetrieb der drei verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland für unwahrscheinlich halte. Denn die Vorbereitungen für deren Abschaltung Ende dieses Jahres seien schon so weit fortgeschritten, dass die AKW "nur unter höchsten Sicherheitsbedenken und möglicherweise mit noch nicht gesicherten Brennstoffzulieferungen weiterbetrieben werden könnten". Das wolle man sicher nicht.

Ein "Klumpenrisiko"

Vor einem für diesen Montag angesetzten Treffen der EU-Energieminister in Brüssel zur Versorgungssicherheit waren aus den deutschen Bundesländern mit Braunkohleförderung auch Forderungen laut geworden, von dem neuerdings hierzulande angepeilten Kohle-Ausstiegsjahr 2030 abzurücken.

"Wir können nicht einfach weitermachen wie bisher", sagte Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) dem "Handelsblatt". "Der doppelte Ausstieg aus Kohle und Kernkraft hat uns ein Klumpenrisiko beschert, aus dem wir uns herausarbeiten müssen." Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) erklärte, ein Ausstieg schon 2030 sei nun "Makulatur". Jeder Schritt der Klima-Politik in diese Richtung sei ein Punkt für den russischen Präsidenten Wladimir Putin, so Haseloff in der Zeitung "Die Welt".

Deutschland Braunkohleabbau l Tagebau Garzweiler
Braunkohle-Tagebau Garzweiler in NRWBild: Oliver Pieper/DW

Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) verlangte eine Neubewertung der Lage: "Ist der frühere Ausstieg aus der Kohleverstromung wirklich verantwortlich? Oder müssen wir nicht erkennen, wie wertvoll eine sichere Energieversorgung ist?", fragte Kretschmer in "Zeit Online".

Ein ehrgeiziges Ziel

Als eine Alternative zu russischem Gas sieht Habeck die Einfuhr von Flüssigerdgas (LNG) an. Langfristig gehe an alternativen, Erneuerbaren Energien aber kein Weg vorbei. Oliver Krischer (Grüne), Parlamentarischer Staatssekretär in Habecks Ministerium, zeigte sich zuversichtlich. Er twitterte: "Mit vielen Maßnahmen erreichen wir eine 100 Prozent Stromversorgung mit Erneuerbaren Energien schon im Jahr 2035. Das nützt nicht nur dem Klimaschutz, sondern macht uns unabhängig von Putins Gas, Öl und Kohle." 

wa/fw (rtr, dpa)