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Hamas zwischen den Fronten

Diana Hodali26. Oktober 2013

Die militante Palästinenser-Organisation Hamas steht vor einem Dilemma: Einerseits hängt sie am finanziellen Tropf Katars. Andererseits ist sie angewiesen auf gute Beziehungen zu Katars Feind Iran.

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Ein Plakat hängt an einem Gebäude und zeigt Hamas Chef Khaled Meschaal (Foto: Reuters)
Hamas-Führer Khaled Meschaal unter Druck in GazaBild: Reuters

In einer sich verändernden arabischen Welt muss sich auch die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas immer wieder neu verorten. Doch das stellt die im Gazastreifen regierende Partei auch immer wieder vor neue Herausforderungen: War sie jahrzehntelang der einzige sunnitische Akteur, der der schiitisch-alawitischen Allianz aus Syrien, Hisbollah und Iran angehörte, ist sie gleichzeitig als Zweig der sunnitischen Muslimbruderschaft entstanden. Doch diese steht den schiitischen Partnern der Hamas feindlich gegenüber.

Als in Syrien die Menschen gegen das Regime von Baschar al-Assad auf die Straße gingen, geriet die Hamas in Bedrängnis: Einerseits war Damaskus jahrelang Gastgeber der Exilführung der Hamas und der wichtigste Unterstützer der Organisation. Andererseits sind die meisten Regimegegner in Syrien Sunniten, so wie die Hamas. Nachdem die brutale Unterdrückung der Protestbewegung in Syrien jedoch immer größere Gebiete erfasste, verließ Politbüro-Chef Khaled Meschaal das Land und verlegte das Auslandsbüro der Hamas Anfang 2012 von Damaskus in die Hauptstadt Katars, Doha.

Eine Bäckerei nahe Homs unter Beschuss (Foto: Reuters)
Wegen der Kämpfe in Syrien verließ die Hamas das LandBild: Reuters

Von Damaskus nach Doha

Damit war klar: Die Hamas hatte den Bruch vollzogen und sich an die Seite Katars gestellt, das die syrischen Oppositionskräfte im Kampf gegen Assad unterstützt und - genau wie die Hamas - mehrheitlich sunnitisch ist. Zudem ist das finanzstarke Katar bislang von den arabischen Aufständen unberührt geblieben.

"Die Hamas ist immer auf Unterstützung aus dem Ausland angewiesen", sagt der Politologe Maximilian Felsch von der Beiruter Haigazian-Universität, der auch ein Buch über die Hamas veröffentlicht hat. 250 Millionen US-Dollar hatte Scheich Hamad Bin Khalifa al-Thani bei seinem Besuch in Gaza im Oktober 2012 für die Hamas im Gepäck.

Innerhalb der Hamas war der Wandel umstritten, denn Meschaal hatte den neuen Kurs im Alleingang beschlossen. "In der Hamas gibt es verschiedene Strömungen", sagt Maren Koss, Junior Research Fellow am Hamburger Giga-Institut. "Es gibt einige, die sich näher an Katar sehen und andere näher am Iran." Denn durch den politischen Abschied von Damaskus kappte die Hamas zumindest teilweise auch ihre Verbindungen zum Verbündeten Syriens, dem schiitisch regierten Iran. Der Iran zeigte sich wenig erfreut darüber und reduzierte daraufhin die finanzielle Unterstützung und auch die Waffenlieferungen für die Palästinenserorganisation. "Die Verbindung zwischen der Hamas und dem Iran ist zwar nie abgebrochen, hat aber natürlich unter dem Strategiewechsel gelitten", erklärt Maximilian Felsch.

Ägypten als neuer Hoffnungsträger

Doch das nahm die Hamas erstmal in Kauf: Als die Muslimbrüder im größten arabischen Land Ägypten 2012 die Wahl gewannen, schien Meschaals Plan aufzugehen. Katar war die Schutzmacht, die gleichgesinnten Muslimbrüder die stärkste politische Kraft in Ägypten. "Die Muslimbrüder in Ägypten waren somit potenzielle Verbündete", sagt Margret Johannsen vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH).

Ein Palästinenser in einem Tunnel auf dem Weg von Ägypten nach Gaza (Foto: AFP)
Ägyptens Generäle blockieren den Warentransport nach Gaza durch die TunnelBild: Patrick Baz/AFP/Getty Images

Die Hamas erhoffte sich Investitionen und ein Ende der Blockade des Gazastreifens. Auch wenn der ehemalige ägyptische Präsident Mohammed Mursi nicht alle Erwartungen der Hamas erfüllte, schien die Entscheidung, sich dem sunnitischen Lager zuzuwenden, das Richtige für die Palästinenserorganisation zu sein. Der Transitverkehr wurde erleichtert und der Warentransport durch die Tunnel nach Gaza ausgebaut. "Ein wesentlicher Teil von Konsumgütern, Baumaterialien und auch von Waffen fließt durch die Tunnel. Die können aber nur funktionieren, wenn sie in Ägypten geduldet werden", sagt Hamas-Expertin Johannsen vom IFSH. Das werden sie aber nicht mehr, seit Mohammed Mursi Anfang Juli durch einen Militärputsch abgesetzt wurde. Die neuen Machthaber in Ägypten, die Generäle, sind keine Freunde der Hamas und haben zudem enge Beziehungen zu den USA.

Unsicherheitsfaktor Katar, Sicherheitsfaktor Iran?

Nun ist die Palästinenserorganisation noch viel stärker an Katar gebunden, das allerdings keine Waffen oder Waren liefert, sondern nur Geld. Die Tunnel sind größtenteils geschlossen und die Blockade des Gazastreifens hält an. Zudem hat im Sommer 2013 ein Machtwechsel in Katar stattgefunden. "Der neue Emir Tamim Bin Hamad zeigt sich gegenüber der Hamas etwas zurückhaltender. Genau kann man sein Verhalten aber noch nicht bewerten", sagt Maren Koss vom Giga-Institut. Im Gazastreifen fordert daher besonders der paramilitärische Arm der Hamas, die Kassam-Brigaden, eine erneute Verstärkung der Beziehungen zum Iran, damit wieder Waffenlieferungen in den Gazastreifen kommen.

Maximilian Felsch hält das für einen nächsten möglichen Schritt: "Katar ist ein unsicherer Faktor und wird von konservativen Kräften in den USA unter Druck gesetzt wegen der Unterstützung einer 'Terrororganisation'. Daher kann der Iran durchaus die verlässlichere Option aus Sicht der Hamas sein." Der Iran werde ebenfalls wahrscheinlich versuchen, die Beziehungen zur Hamas wieder zu stabilisieren: "Das würde man in Teheran als Teilsieg gegen die Golfstaaten feiern."

Die Hamas will weiter im Gazastreifen regieren und überleben. Ihr gehe es darum, in diesem Machtkonzert im Nahen Osten zu überleben, erklärt Expertin Margret Johannsen: "Da geht es weniger um Ideologie, als um Geld und Waffen." Solange aber die diplomatische Isolation der Hamas durch den Westen bestehen bleibe, werde die Hamas zwischen dem Iran, Katar und Ägypten hin und her lavieren müssen, so Johannsen.