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Hamburg geht auf Muslime zu

13. November 2012

Als erstes Bundesland hat Hamburg Staatsverträge mit seinen islamischen und alevitischen Religionsgemeinschaften geschlossen. Die Islamverbände hoffen auf Nachahmer in anderen Bundesländern und Staaten.

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Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD, 2. v r. hinter dem Tisch) unterzeichnet im Rathaus einen Vertrag mit Islamverbänden (Foto: dpa)
Olaf Scholz unterzeichnet Vertrag mit islamischen ReligionsgemeinschaftenBild: picture-alliance/dpa

Das Bundesland Hamburg hat mit Vertretern der Islamverbände staatliche Verträge unterzeichnet, die Rechte und Pflichten der Gemeinden regeln. Die Vereinbarungen beziehen sich unter anderem auf den Religionsunterricht, Anerkennung von islamischen Feiertagen, das Recht auf die Unterhaltung von Kultureinrichtungen, den Bau von Moscheen und die Bestattung nach deren jeweiligen Vorschriften.

Verhandlungspartner des Senats waren die drei größten muslimischen Vereine: Rat der islamischen Gemeinschaften (Schura), die Türkisch-Islamische Union (DITIB) und der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ). Sie vertreten nach eigenen Angaben mehr als 90 Prozent der rund 130.000 Hamburger Muslime. Vierter Partner ist die alevitische Gemeinschaft mit rund 50.000 Mitgliedern. Aleviten sind eine liberal-islamische Glaubensgemeinschaft; ihre Anhänger besuchen keine Moscheen und legen den Koran nicht wörtlich aus.

Scholz spricht von "Meilenstein"

Auch wenn die Verträge Selbstverständliches regelten, seien sie ein "Meilenstein" für die Integration, sagte Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz bei der Unterzeichnung im Rathaus. Der Vertrag verlange auch, dass Frauen und Homosexuelle nicht diskriminiert werden dürften. Zekeriya Altug, der Vorstandsvorsitzende des Hamburger DITIB-Landesverbands sagte, es sei "ein historischer Tag für Hamburg, aber auch für Deutschland". Die Verträge seien ein Zeichen der Anerkennung.

Die Staatsverträge regeln nach Angaben der Hamburger Senatskanzlei nicht nur die praktische Religionsausübung, sondern beinhalten auch Erklärungen zu Toleranz und Nichtdiskriminierung. Insgesamt bestätigen sie allerdings nur verfassungsrechtlich und gesetzlich ohnehin bereits bestehende Garantien. Die einzige konkrete Rechtsänderung geht mit der Anerkennung hoher muslimischer und alevitischer Feiertage einher: Diese erhalten in Hamburg nun den selben Status wie nicht-gesetzliche christliche Feiertage, etwa der Buß- und Bettag.

Zekeriya Altuğ, Vorsitzender DITIB-Nord (Foto: Christina Ruta, DW)
Zekeriya Altug, Vorstandschef des Hamburger DITIB-Verbands, spricht von einem historischen TagBild: privat

Kernstück ist das Regelwerk zu Feiertagen

An hohen religiösen Feiertagen können sich Hamburger Muslime und Aleviten nun bei ihrem Arbeitgeber auf Antrag ebenso unbezahlt freistellen lassen wie ihre christlichen Kollegen. Schüler werden auf Wunsch von der Schule beurlaubt. Die Regelung bezieht sich aber nur auf jene Feier- und Festtage, die freiwillig aus religiöser Überzeugung begangen werden. Eine Einführung neuer gesetzlicher Feiertage wie Weihnachten oder Ostern ist nicht vorgesehen.

Die Vereinbarungen müssen noch von der Hamburger Bürgerschaft gebilligt werden, in der die SPD die Mehrheit hat. Die Oppositionsparteien CDU und Grüne begrüßten den Vertrag. Die CDU meldete aber Klärungsbedarf bei einigen Punkten an. Die FDP machte Bedenken geltend. Die beiden großen Kirchen begrüßten die Verträge als Fortsetzung der langjährigen guten Beziehungen der Stadt zu ihren muslimischen und alevitischen Bürgern.

Integration per Vertrag- Hamburg und seine Muslime

Ziehen die anderen Länder nach?

Die Staatsverträge waren von beiden Seiten seit 2007 in langen Gesprächen ausgehandelt worden. Mit der evangelischen und katholischen Kirche bestehen Verträge seit 2005, mit der jüdischen Gemeinde seit 2007.

Die Hamburger Verträge sind in mehreren anderen Bundesländern auf Interesse gestoßen. Bremen steht nach Angaben der dortigen Senatskanzlei seinerseits kurz vor dem Abschluss eines Vertrags mit den dortigen islamischen Gemeinden.

kle/hp (afp, epd, dpa, kna)