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Heizungsgesetz: Kompromiss in letzter Minute

Dirk Kaufmann mit Agenturen
14. Juni 2023

Am Donnerstag wird der Kompromiss zum Gebäudeheizungsgesetz (GEG) im Bundestag beraten. Was bedeutet diese Einigung nach monatelangem erbitterten Streit in der Berliner Regierungskoalition konkret?

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Wirtschaftsminister Habeck, Kanzler Scholz und Finanzminister Lindner (von links), hier bei der Eröffnung eines LNG-Terminals im Dezember 2022
Fanden am Ende doch noch einen Kompromiss: Wirtschaftsminister Habeck, Kanzler Scholz und Finanzminister Lindner (von links), hier bei der Eröffnung eines LNG-Terminals im Dezember 2022 Bild: Michael Sohn/REUTERS

Dass die Berliner Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP ihren Streit um das GEG (Gebäudeenergiegesetz) aus dem vom Grünen-Politker Robert Habeck geleiteten Bundeswirtschaftsministerium nach langem Streit beigelegt haben und zu einer Einigung gefunden zu haben scheinen, wird allgemein mit Erleichterung registriert. Am Ende waren Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Habeck und Finanzminister Christian Lindner von der FDP (siehe Artikelbild) zur entscheidenden Verhandlungsrunde am Dienstag hinzugezogen worden. 

Die Energiebranche etwa begrüßt den Kompromiss ausdrücklich. "Im Ergebnis passiert jetzt Folgendes: Der erste Schritt wird vor dem zweiten gemacht", zitiert die Deutsche Presseangentur die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Kerstin Andreae. "Erst wird die Infrastruktur angeschaut, dann wird über das Haus entschieden. Es wird nicht mehr verlangt, als leistbar ist."

Auch für den Städte- und Gemeindebund weist der Kompromiss in die richtige Richtung. Es sei "ein richtiger Schritt, dass beim Gebäudeenergiegesetz - insbesondere bei Bestandsgebäuden - eine Verpflichtung erst dann entsteht, wenn die kommunale Wärmeplanung vorliegt", so Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg gegenüber der Funke Mediengruppe. Das bedeute für die meisten Kommunen, dass frühestens 2028 Maßnahmen ergriffen würden. "Damit wird die notwendige Verzahnung mit der kommunalen Wärmeplanung hergestellt."

Erdwärmepume Firma Viessmann
Erdwärme als Alternative für die Verbrennung fossiler Brennstoffe: private Geothermie-InstallationBild: biky/IMAGO

Einigung in letzter Minute

Der Kern der Einigung sieht längere Fristen für Hauseigentümer bei der Anpassung ihrer Hauswärmeerzeugung vor. Bislang sollte das Vorhaben 2024 starten. Außerdem sollen Mieter nicht übermäßig belastet werden. Durch den gefundenen Kompromiss ist es möglich, das Gesetz noch am Donnerstag (15.06.2023), und damit vor Beginn der parlamentarischen Sommerpause, im Bundestag zu beraten.

Bislang hatte die FDP verhindert, dass der Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht wird - nun wird das doch noch am Donnerstag geschehen. Die Sommerpause beginnt nach dem 7. Juli, bis dahin soll das sogenannte Heizungsgesetz vom Bundestag verabschiedet werden. Der Bundesrat (die Länderkammer) muss nicht zustimmen. Die FDP könnte aber immer noch einen Rückzieher machen und nicht zustimmen, denn noch scheinen einige Details offen geblieben.

Tagelang hatten Vertreter der Ampel-Fraktionen über einen Kompromiss bei dem Gesetzentwurf beraten. Es drohte eine monatelange Verzögerung bei einem zentralen Gesetz zum Klimaschutz - und damit eine Zerreißprobe für die Bundesregierung. Und Hausbesitzer wie Mieter hätten weiterhin nicht gewusst, was ab dem kommenden Jahr auf sie zukommt.

Das Ende für den "Heizhammer"

Geeinigt hatten sich die Koalitionäre auf weitgehende Änderungen vom zunächst vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf. Das Gesetz soll zwar wie schon zuvor geplant zum 1. Januar 2024, in Kraft treten, aber nun sind einige weitreichende Übergangsfristen vorgesehen. Demnach kann es - je nach Infrastruktur und Energieplanung in einer Gemeinde - noch bis zu vier Jahre länger dauern, bis schärfere Regeln bei einem Heizungsaustausch gelten.

Zunächst war vorgesehen, dass jede neu eingebaute Heizung ab 2024 so hätte eingerichtet werden müssen, dass sie zu mindestens 65 Prozent mit Öko-Energie betrieben werden kann. Das sollte ein erster Schritt hin zum Abschied von Heizungen mit fossilen Brennstoffen sein. Es folgte eine öffentliche Empörung über den "Heizhammer", wie zunächst einige Boulevard-Medien schrieben - der Begriff wurde später auch von Oppositionspolitikern übernommen. Vor allem die an der Regierung beteiligte FDP lehnte einen Zwang zum Heizungsaustausch und eine Bevorzugung der Wärmepumpe ab.

Thermische Solaranlage Kraftwerk Stadtwerke Potsdam
Wer an eine Fernwärmeanlage angeschlossen ist, braucht sich um seine Heizungsanlagre nicht mehr zu sorgenBild: Soeren Stache/dpa/picture alliance

Worüber der Bundestag beraten soll

Im Kompromiss ist nun beschlossen worden, dass das GEG an ein sogenanntes Wärmeplanungsgesetz gekoppelt werden soll - beide sollen zum 1. Januar 2024 in Kraft treten. Das Wärmeplanungsgesetz verpflichtet Länder und Kommunen:  Sie müssten in den kommenden Jahren konkrete Pläne vorlegen, wie sie ihre Heizinfrastruktur klimaneutral umbauen wollen - etwa über den Ausbau der Fernwärme. Das hieße für die Bürger: Wer an ein Fernwärmenetz angeschlossen ist oder werden kann, muss keine Wärmepumpe installieren. Vertreter der Bundesregierung und verschiedene Verbände hatten in dieser Woche bereits einen stärkeren Ausbau der Fernwärme vereinbart.

Von der Verpflichtung auf eine kommunale Wärmeplanung bis spätestens 2028 hängen wichtige Aspekte ab. Solange nämlich keine kommunale Wärmeplanung vorliegt, werden im Heizungsbestand die Regelungen des Gebäudeenergiegesetzes noch nicht gelten. Ab Anfang 2024 sollen weiter Gasheizungen eingebaut werden dürfen - wenn diese auf Wasserstoff umrüstbar sind. Das soll auch für Neubauten außerhalb von Neubaugebieten gelten.

In Neubaugebieten sollen die Regelungen des Heizungsgesetzes ab Januar 2024 gelten. Dort dürfen demnach nur Heizungen mit einem Anteil von 65 Prozent Ökostrom eingebaut werden dürfen.