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Politik

Herdenimmunität bei Impfrate um 70 Prozent

28. November 2020

Die EU-Staaten gehen weiter sehr individuell mit der Bedrohung durch Corona um. Mehrere EU-Länder kündigen, anders als Deutschland, leichte Lockerungen ihrer Corona-Beschränkungen an. Andere schotten sich noch weiter ab.

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Frankreich Coronavirus
Vorbereitung auf die Wiedereröffnung in einem Laden in ParisBild: Charles Platiau/REUTERS

Lockerungen der Corona-Beschränkungen soll es in der Adventszeit in Italien, Frankreich, Irland und Belgien geben. In Italien will die Regierung will ab Sonntag drei bisher besonders betroffene "rote Zonen" zu "orangefarbenen Zonen" erklären. Hintergrund sind die rückläufigen Fallzahlen und weniger Einweisungen in Krankenhäuser.

Damit dürfen sich die Bewohner der Lombardei sowie der Regionen Piemont und Kalabrien zwischen 05.00 und 22.00 Uhr wieder frei in ihrer Gemeinde bewegen. Darüber hinaus dürfen sie auch zwischen Orten innerhalb in ihrer Region reisen. Auch Einkaufszentren dürfen wieder öffnen. Bars, Restaurants und Bäckereien müssen dagegen weiter geschlossen bleiben. Als "rote Zonen" gelten nach dem Erlass aus Rom noch das Aostatal, die Region Bozen, die Toskana, die Abruzzen und Kampanien. In diesen Regionen dürfen die Menschen ihr Zuhause nur unter bestimmten Voraussetzungen verlassen.

Italien | Coronavirus | Südtirol | Massentest in Bozen
Corona-Massentest in Bozen/SüdtirolBild: Antonio Calanni/AP Photo/picture alliance

In Frankreich dürfen von diesem Samstag an wieder alle Geschäfte öffnen. Restaurants, Bars und Cafés sowie Sport- und Kultureinrichtungen bleiben aber weiter geschlossen. Präsident Emmanuel Macron sagte, die Ausbreitung des Virus sei gebremst, es seien aber weitere Anstrengungen nötig, um eine dritte Welle zu verhindern. Für Sport und Spazieren im Freien wird künftig mehr Zeit eingeräumt. Statt bisher einer Stunde pro Tag sind nunmehr drei erlaubt, der Radius erweitert sich von 1 auf 20 Kilometer um den Wohnort herum.

Die Zahl der Todesfälle in Verbindung mit dem Coronavirus hatte zuvor die Marke von 50.000 überschritten. Die Zahl der Neuinfektionen lag am Freitag bei 12.459, etwa 1000 weniger als am Vortag und etwa 10.000 weniger als vor einer Woche. Mitte Dezember und zu Weihnachten sind weitere Lockerungen in Frankreich geplant.

Irland lockert nach sechswöchigem Lockdown die Corona-Schutzmaßnahmen. Ab nächster Woche dürfen alle Geschäfte, Restaurants und Fitnessstudios wieder öffnen, wie Ministerpräsident Michael Martin mitteilt. Ab dem 18. Dezember sollen auch Reisen zwischen den Grafschaften wieder erlaubt sein, um ein "anderes, aber besonderes" Weihnachten zu ermöglichen. Zwischen dem 18. Dezember und dem 6. Januar dürfen sich zudem bis zu drei Haushalte wieder privat treffen. Irland war eines der ersten europäischen Länder, das in der zweiten Corona-Welle wieder einen Lockdown verhängt hatte.

Irland Coronavirus
Die Mund-Nasen-Maske bleibt, auch in IrlandBild: Paul Faith/AFP

Auch in Belgien sollen ab dem 1. Dezember alle Läden unter strikten Hygienevorgaben wieder öffnen - statt wie bisher nur Lebensmittelläden und Geschäfte mit unbedingt notwendigen Waren. Belgien hatte zeitweise pro Kopf die höchsten Corona-Fallzahlen in Europa und verhängte deshalb Anfang November scharfe Auflagen. Inzwischen sinken Infektions-, Klinik- und Todeszahlen. Dennoch bleibe die Lage angespannt, sagte Ministerpräsident Alexander De Croo. Die Erfolge dürften nicht aufs Spiel gesetzt werden. "Eine dritte Welle würden wir nicht überstehen." Deshalb bleibe es bei Kontaktbeschränkungen und bei der nächtlichen Ausgangssperre. Über die Weihnachtsfeiertage würden nur die Regeln für Alleinstehende gelockert: Statt einer Person dürften sie zwei gleichzeitig zum Feiern nach Hause einladen. Über Neujahr gelte ein landesweites Böllerverbot. Restaurants, Kneipen und Cafés bleiben geschlossen, ebenso Friseure und andere Geschäfte mit Körperkontakt.

Belgien Lockdown Coronavirus
Die Alten trifft es weiter schwer - durch eine Plexiglasscheibe getrennt in einem belgischen PflegeheimBild: John Thys/AFP

In Deutschland wurden die seit dem 2. November geltenden Einschränkungen vor allem für die Gastronomie sowie den Kultur- und Freizeitbereich bis zum 20. Dezember verlängert. Das hatten Bund und Länder am Mittwoch entschieden. Lockerungen soll es über Weihnachten und Silvester geben.

Slowakei verlangt Corona-Tests von allen Einreisenden

Angesichts zuletzt wieder leicht steigender Corona-Neuinfektionszahlen will die Slowakei ihre Einreisebestimmungen nachschärfen. Wie Gesundheitsminister Marek Krajci erklärte, sollen ab 7. Dezember alle Einreisenden einen negativen Corona-Test vorweisen oder verpflichtend in Quarantäne gehen müssen. Die Infektionszahlen seien in allen Nachbarländern höher als in der Slowakei, führte Krajci zur Begründung an. Grundsätzlich galt diese Vorschrift schon seit 16. November, doch waren bisher unter anderem Pendler und Studenten ausgenommen, auf die ein großer Teil der täglichen Grenzübertritte entfällt.

WHO: Impfung nicht mit Ausrottung des Virus gleichsetzen

Die Weltgesundheitsorganisation WHO macht nochmals deutlich, dass für eine sogenannte Herdenimmunität die Impfrate bei bis zu 70 Prozent der Bevölkerung liegen müsse. Eine Durchimpfungsrate von 60 bis 70 Prozent sei für eine wirkungsvolle Bekämpfung der Corona-Pandemie notwendig. Erst bei einer solchen Impfrate könne sich das Virus nicht mehr gut verbreiten. "Die Impfung wird eine große Wirkung haben, aber ich denke, dass niemand die Auslöschung des Virus versprechen kann, solange wir nicht viel mehr darüber verstehen", sagte WHO-Nothilfekoordinator Mike Ryan.

WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus appellierte erneut an die wohlhabenden Länder, die Impfungen als globales Gut zu betrachten. Nur wenn genug Geld für eine weltweite faire Verteilung des Impfstoffs und Mittel zur Bildung von medizinischer Infrastruktur vorhanden seien, könne die Pandemie nachhaltig bekämpft werden.

qu/cw (dpa, afp, rtr)