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DW-User zu Wulff

5. Januar 2012

Nach dem TV-Interview mit Christian Wulff diskutieren auch DW-WORLD.DE-User weltweit: Verhält sich der Bundespräsident korrekt? Viele fordern einen Rücktritt. Andere verweisen auf die politische Klasse im eigenen Land.

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Das Facebook-Logo durch die Lupe (Foto: dapd)
Bild: dapd

User von Asien bis Afrika sind sich einig: Dass sich Deutschland die Diskussion um seinen Bundespräsidenten leistet, ist richtig. "Ich finde es gut, dass er zur Rechenschaft gezogen wird", lautet ein Kommentar auf der Facebook-Seite der persischen Redaktion der Deutschen Welle. Hier erinnert ein weiterer DW-User daran, dass es immer noch schlimmer geht: "Ihr Deutschen habt es gut. Wenn Ihr das einen Skandal nennt, wie sollen wir denn die Unterschlagung von Milliarden Euro im Iran bezeichnen?"

Auch andere machen ihrem Frust über das autoritäre Regime in ihrer Heimat Luft und fragen, "ob es überhaupt einen Politiker gibt, der nicht korrupt ist?" Oder stellen nüchtern fest: "Wenn ihr korrupte Politiker habt, haben wir nur lauter Plünderer in unserem Land."

In einem sozialistischen Land sei ein vergleichbarer Vorgang undenkbar, schreibt ein User aus China. Darin sehe man den "Unterschied zwischen Freiheit und Demokratie auf der einen Seite, Starrheit und Verschlossenheit auf der anderen Seite". In einem zivilisierten und freien Land dürfe die Öffentlichkeit diskutieren, "was ein Präsident so tut".

In der Kritik: Wulffs Umgang mit den Medien

Bundespräsident Christian Wulff im TV-Studio (Foto: REUTERS)
Bundespräsident Christian Wulff erklärt sich im TVBild: Reuters

Aus Tansania erreichten die Deutsche Welle zahlreiche SMS – gerichtet an Christian Wulff persönlich. Die meisten rufen ihn zum Rücktritt auf und begründen das vor allem mit seinem Anruf bei BILD-Chefredakteur Kai Diekmann: "Herr Bundespräsident, sie sollten die Pressefreiheit in Deutschland nicht unterdrücken, lassen Sie die Medien ihre Arbeit machen", schreibt Nassor Maziku aus Tabora. Die Userin Halima aus Daressalaam bemerkt bitter, wenigstens habe Wulff "einen Kredit von einem Freund genommen, hier nehmen die Politiker direkt das Geld von Ihren Steuerzahlern".

Auf der Facebook-Seite der russischen Redaktion vergleichen viele die Situation mit der in ihrer Heimat: "Genauso wie bei uns - nichts kann ihn aus dem Amt treiben", schreibt Alex Alexandrov. Obwohl Wulff nach "russischen Maßstäben nichts Verwerfliches gemacht hat", stellt Julij Leontjev fest, sei der Umgang mit ihm richtig: "Ich verneige mich vor den deutschen Medien". Mikhail Gutsuljak hofft, "dass die Journalisten ihm das nicht einfach so durchgehen lassen".

Deutschland "Absurdistan"

Politikerfrust auch in anderen Ländern: "Die Politiker sind allesamt Schurken", findet Recai Comlekcioglu aus der Türkei. Etwas Verständnis zeigt Kamuran Sezer und wünscht sich, dass ein Bundespräsident auch ein Privatleben haben darf. Martin Zlatanov aus Bulgarien ist der Meinung, Deutschland beweise abermals, dass es ein Absurdistan ist". In anderen Ländern hätten Politiker in einer vergleichbaren Situation längst den Rücktritt eingereicht. "Wulff hat sich seine Sache bei unseren Politikern hier in Brasilien abgeschaut", vermutet Andressa Tenorio aus Brasilien.

Mark H. Freeman aus den USA schreibt: "Ich denke, Wulff hat eine Menge Gutes für Deutschland getan und ich bin mir nicht sicher, ob die Dinge, derer er beschuldigt wird, wirklich Grund genug für einen Rücktritt sind. Er ist ja auch nur ein Mensch, oder?"

Oder doch wieder eine Monarchie?


E-Mails von Usern der englischsprachigen Seite der Deutschen Welle zeichnen ein ähnliches Bild. "Viel Lärm um nichts", findet Fred Sroka aus Kanada. Silvia Wiemer aus Honduras fragt, wie gut Wulff bislang als Präsident war: "Wenn er seine Sache gut gemacht hat, dann denke ich, dass die Medienschelte, der er derzeit augesetzt ist, genug ist, um ihn zu bestrafen. Als Mensch steht jeder von uns unter großem Druck und hat schon mal die Haltung verloren. Wie teuer wäre es für Deutschland, wenn er zurücktreten würde?"

Das Schloss Bellevue (Foto: dapd)
Bellevue: einst prinzliches Lustschloss, heute PräsidentensitzBild: dapd

DeWitt Hoopes aus den USA erinnert daran, dass erst vor gut anderthalb Jahren mit Horst Köhler ein Bundespräsident zurückgetreten ist und schlägt deshalb vor, dass Deutschland mit einem ordentlichen Monarchen doch viel besser fahren würde: "An diesem Vorschlag ist nichts undemokratisches, die skandinavischen und niederländischen Monarchen sind sehr beliebt, sie erfüllen eine einfache, aber sehr wichtige zeremonielle Funktion. Sie können die perfekte Brücke zwischen den verschiedenen politischen Parteien sein."

Autor: Michael Borgers

Redaktion: Arnd Riekmann