EU Personal Kommentar
20. November 2009Eine verpasste Gelegenheit für Europa. Das ist das traurige Ergebnis dieses Sondergipfels. Der Lissabon-Vertrag hat mit dem neuen Posten eines ständigen Präsidenten des Europäischen Rates die Möglichkeit geschaffen, dass sich die Europäische Union wirkungsvoller nach außen darstellt. Aber mit der Ernennung von Herman Van Rompuy wird die Gelegenheit nicht genutzt.
Ausschlaggebend für die Entscheidung war eben nicht das, was die EU mit dem Posten politisch vorhat, sondern alle möglichen Balanceakte: zwischen politisch links und rechts, großen und kleinen Ländern, Ost und West, Nord und Süd, Frauen und Männern. Das alles sollte bei der Benennung von Ratspräsident und Hohem Repräsentanten für Außenpolitik austariert werden. Wenn man das schaffen will, kann nur der kleinste gemeinsame Nenner herauskommen. Van Rompuy ist Ratspräsident geworden, nicht weil man ihn für den besten Kandidaten hielt, sondern weil er insgesamt den geringsten Widerstand erzeugt hat.
Aber das ist für einen so herausragenden Posten einfach zu wenig. Der Präsident des Rates, das ist für Barack Obama oder Hu Jintao am ehesten der Mr Europa, die Person, an die er sich wenden soll. Kann sich jemand im Ernst vorstellen, dass Van Rompuy diese Rolle ausfüllen wird? Er wird vielleicht ein passabler Koordinator und Kompromisssucher, was er natürlich AUCH sein soll. Aber als wichtigsten Ansprechpartner Obamas in der EU kann man ihn sich schwer vorstellen.
Wenig besser ist es mit der Wahl von Catherine Ashton zur Hohen Repräsentantin für Außenpolitik, ebenfalls eine besonders einflussreiche Position und eines der „Gesichter“ Europas in der Welt. Nichts gegen die beiden, aber Charisma sieht wirklich anders aus.
Die Regierungen haben mit ihrem Beschluss, gewollt oder ungewollt, eine Richtungsentscheidung getroffen. Die EU wird weiterhin auf der weltpolitischen Bühne eine eher bescheidene Rolle spielen, eine, die weit unter dem wirtschaftspolitischen Gewicht der Union liegt. Möglicherweise ist das von einigen sogar so gewollt. Denn je schwächer das Personal ist, das die ganze EU vertreten soll, desto eher können die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten ihre eigene Rolle spielen. Doch Europa wird seine Interessen nur verteidigen können, wenn es einheitlicher und stärker auftritt, und das auch personell. Das Gegenteil dürfte jetzt passieren.
Ein Trost bleibt vielleicht: Es war das erste Mal. Beim zweiten wird man hoffentlich gelernt haben.
Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Bernd Riegert