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Politik

Hisbollah mischt Proteste in Beirut auf

25. Oktober 2019

Regierungskritische Demonstranten fordern einen echten politischen Neuanfang im Libanon - auch von der Hisbollah. Doch von so viel Reform hält die islamistische Miliz nichts. Sie versucht, die Proteste zu torpedieren.

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Polizisten stehen in Beirut vor regierungskritischen Demonstranten, um diese von Hisbollah-Leuten zu trennen Proteste im Libanon (Foto: picture-alliance/AP Photo/H. Ammar)
Polizisten stehen in Beirut vor regierungskritischen Demonstranten, um diese von Hisbollah-Leuten zu trennen Bild: picture-alliance/AP Photo/H. Ammar

Bei erneuten Protesten im Libanon hat es Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Anhängern der schiitischen Hisbollah-Miliz gegeben. Zahlreiche Hisbollah-Anhänger stürmten eine Kundgebung tausender Demonstranten im Zentrum der Hauptstadt Beirut. Mehrere Menschen wurden leicht verletzt, die Polizei trennte die beiden Lager. Bereits in der Nacht zum Freitag hatte es ähnliche Vorfälle gegeben.

"Alle heißt alle" gegen "Es lebe Nasrallah"

Die regierungskritischen Massenproteste im Libanon gegen Korruption und Misswirtschaft der politischen Elite dauern bereits seit rund anderthalb Wochen an. Die Demonstranten fordern nicht nur den Rücktritt der Einheitsregierung von Ministerpräsident Saad Hariri, sondern auch ein neues politisches System. Das lehnt die einflussreiche, vom Iran unterstützte Hisbollah jedoch ab. Seit einigen Tagen zeigen daher auch Anhänger der Miliz zunehmend Präsenz auf den Straßen. Sie reagieren empört auf die Protestparolen der Demonstranten, die sich auch gegen Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah richten.

Libanon | Demonstranten in Beirut
Protestkundgebung auf dem Riad-al-Solh-Platz in der Hauptstadt BeirutBild: Getty Images/AFP/A. Amro

Die islamistische Organisation ist auch in der Regierung vertreten. Libanons Politik wird bestimmt durch ein Proporzsystem, das die Macht zwischen den konfessionellen Gruppen aufteilt. "Es lebe Nasrallah" riefen die Gegendemonstranten als Reaktion auf die Parole, die sich in den vergangenen Tagen als Slogan der neuen Protestbewegung herauskristallisiert hat: "Alle heißt alle". Gemeint ist damit die Forderung nach einer Ablösung der gesamten politischen Führung des Landes einschließlich der Hisbollah.

Warnung vor neuem Bürgerkrieg

Nasrallah seinerseits warnte in einer Fernsehansprache vor einem politischen Vakuum, das zu Chaos und Zusammenbruch führen könnte. Er erhob den Vorwurf, internationale Kräfte könnten die Lage für ihre Zwecke ausnutzen. Es lägen Informationen vor, "dass es Bemühungen gibt, den Libanon in einen Bürgerkrieg zu ziehen", sagte Nasrallah. Das Land hatte von 1975 bis 1990 einen blutigen Bürgerkrieg erlebt.

Anhänger der Hisbollah mit dem Konterfei ihres Chefs Hassan Nasrallah (Foto: Reuters/A. Taher)
Anhänger der Hisbollah mit dem Konterfei ihres Chefs Hassan Nasrallah Bild: Reuters/A. Taher

Bislang haben Versuche politischer Vertreter, auf die Protestbewegung zuzugehen, die Demonstranten nicht besänftigen können: Die Proteste gingen weiter, obwohl Hariris Regierung am Montag ein Reformpaket auf den Weg gebracht hatte. Nach einer Rede von Präsident Michel Aoun, der den Anführern des Protests Gespräche anbot, wurden viele neue Barrikaden auf den Straßen errichtet.

86 Milliarden Dollar Schulden 

Hariris Einheitsregierung wird von Vertretern aus dem gesamten politischen Spektrum unterstützt, bekommt aber die Schuldenlast des Landes nicht in den Griff. Der Libanon erlebt eine Wirtschaftskrise und hat weltweit eine der höchsten Schuldenquoten. Die Staatsverschuldung liegt nach Angaben des Finanzministeriums bei 86 Milliarden Dollar - mehr als 150 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

sti/uh (afp, dpa)