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Spuren des Spanischen Bürgerkriegs

Klaudia Prevezanos16. Juli 2016

Hemingway, Capa, Orwell: Viele Kulturschaffende unterstützten im Spanischen Bürgerkrieg die Republikaner. Diese Form der öffentlichen intellektuellen Debatte gebe es bis heute, so US-Autorin Amanda Vaill im DW-Interview.

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Ernest Hemingway (m.) mit dem russischen Autor Ilya Ehrenburg (l.) und dem deutschen Schriftsteller Gustav Regler (r.), Foto: picture-alliance/CPA Media
Ernest Hemingway (m.) mit dem russischen Autor Ilya Ehrenburg (l.) und dem deutschen Schriftsteller Gustav Regler (r.)Bild: picture-alliance/CPA Media

Deutsche Welle: In Ihrem Buch 'Hotel Florida: Wahrheit, Liebe und Verrat im Spanischen Bürgerkrieg' schreiben Sie über drei berühmte Paare, die den Bürgerkrieg, der am 17. Juli 1936 begann, miterlebten: Die Schriftsteller Ernest Hemingway (Foto Mitte) und Martha Gellhorn sind das bekannteste Paar, gefolgt von den Fotografen Robert Capa und Gerda Taro. Warum haben Sie diese Perspektiven gewählt, um über den spanischen Bürgerkrieg zu schreiben?

Amanda Vaill: Ich war schon immer davon gefesselt, wie sich die Kultur im Verlauf des 20. Jahrhundert geändert hat. Der Spanische Bürgerkrieg schien einen besonders dramatischen Blickwinkel dafür zu bieten. Es war der erste große Konflikt, über den sofort Journalisten und Fotografen an den Fronten berichtet haben. Als ideologischer Konflikt zwischen Rechts und Links hat der Spanische Bürgerkrieg nicht nur Kriegskorrespondenten angezogen, sondern auch viele wichtige Schriftsteller und Kulturschaffende - sie alle waren entschlossen über etwas zu berichten, das der Journalist Claud Cockburn das 'entscheidende Ding dieses Jahrhunderts' nannte. Um den Konflikt im Buch zum Leben zu erwecken, habe ich mich entschieden, über die zwei am meist gefeierten beteiligten Künstler zu schreiben: Ernest Hemingway, dessen erfolgreichstes Buch 'Wem die Stunde schlägt' auf seiner Kriegserfahrung basiert. Und Robert Capa, der seinen Ruf als Fotograf mit außergewöhnlichen Fotos aus dem Spanischen Bürgerkrieg etablierte.

Um den spanischen Blickwinkel aufzugreifen, ohne den ich dieses Buch nicht hätte schreiben können, habe ich Arturo Barea mit dazu genommen. Seine Karriere als Schriftsteller begann als Folge seiner gefährlichen und mutigen Arbeit im Krieg. Als Gegenstück zu den Männerperspektiven habe ich über die Frauen, mit denen sie zusammen waren, geschrieben. Denn der Spanische Bürgerkrieg war außerdem der erste Konflikt, bei dem Frauen Militärdienst leisteten und als Kriegsreporterinnen gearbeitet haben. Jede der drei Frauen hat Herausragendes geleistet: Martha Gellhorn, Gerda Taro und Ilse Kulcsar. Schließlich habe ich mich von einem Zitat Hemingways inspirieren lassen: 'Es ist sehr gefährlich, im Krieg die Wahrheit zu sagen.' Diese sechs Männer und Frauen haben jeder für sich versucht, die Wahrheit über etwas sehr Kompliziertes zu schreiben. Die Art und Weise, wie jeder von ihnen in seiner Arbeit und seinem Leben damit Erfolg hatte, war die Geschichte, die ich schreiben wollte.

Amanda Vaill (Foto: Xanthe Elbrick)
Amanda VaillBild: Xanthe Elbrick

Im Vergleich zum Ersten und Zweiten Weltkrieg ist der Spanische Bürgerkrieg nicht Teil des Allgemeinwissens - nicht nur in Europa. In Ihrem nicht-fiktionalen Buch beschreiben Sie, wie der erst interne spanische Konflikt zwischen den republikanischen Truppen und den Faschisten unter Francisco Franco internationale Bedeutung bekam. Warum war der Spanische Bürgerkrieg relevant für die nachfolgenden Ereignisse in Europa?

Der Spanische Bürgerkrieg begann 1936, als pro-faschistische Nationalisten unter der Führung Francisco Francos, ermutigt von der römisch-katholischen Kirche und der abgesetzten Aristokratie des Landes, einen bewaffneten Aufstand gegen Spaniens demokratisch gewählte, aber ausdrücklich sozialistisch angelehnte Regierungskoalition auslösten. Zu dieser Zeit waren durch Jahre der weltweiten Wirtschaftskrise bei vielen Menschen Zweifel an den Vorteilen des freien Marktes und des Kapitalismus gewachsen. Der Nationalsozialismus schien für einige eine gute Alternative zu sein - für andere war es der Kommunismus. So wurde in Spanien ein Stellvertreterkrieg der Ideologien mit militärischen Mitteln geführt.

Es war jedoch ein ungleicher Kampf. Die westlichen Demokratien, immer noch von dem Gräuel des Ersten Weltkrieges (1914-1918) traumatisiert, verhängten ein offizielles Waffenembargo gegen beide Seiten in Spanien. Aber Nazi-Deutschland und das faschistische Italien schickten Franco unverzüglich Ausrüstung und Männer. Obwohl die Sowjetunion anfing, die Loyalisten zu beraten und auszurüsten und die Internationalen Brigaden drängten, sich denen anzuschließen, blieben die Loyalisten stark im Nachteil. Drei Jahre und 400.000 Menschenleben später verloren sie den Kampf. Doch der Krieg wurde fortgesetzt. Hitler und Mussolini nutzten die militärischen Lehren, die sie in Spanien gezogen hatten, um den Zweiten Weltkrieg zu entfachen. Dazu gehörte auch, die Passivität von Frankreich, Großbritannien und der Vereinigten Staaten auszunutzen.

Ernest Hemingway war der berühmteste Ausländer unter den Schriftstellern, Journalisten und Schauspielern, die die Republikaner unterstützten und nach Spanien reisten. Auch der französische Autor Antoine de Saint-Exupéry, der Brite George Orwell und der deutsche Schauspieler Ernst Busch gehörten dazu. War es das erste Mal, dass so viele internationale Kulturschaffende öffentlich eine Kriegspartei unterstützten?

Intellektuelle haben sich häufig an Kriegen beteiligt, zumindest rückwirkend. Da der Spanische Bürgerkrieg aber vor allem ein Krieg der Ideologien war und kein Territorialkrieg, schien er nach intellektueller oder künstlerischer Unterstützung zu verlangen. Auf Seiten der Linken organisierten die Komintern - der weltweltweite Zusammenschluss kommunistischer Parteien - und andere Gruppen zahlreiche Kongresse und Konferenzen mit besorgten Intellektuellen. Beispielsweise das Treffen der 'League of American Writers' in New York, auf dem Hemingway eine Rede hielt. Oder der 'International Congress of Writers for the Defense of Culture' in Valencia und Madrid. Außerdem wurden linksorientierte Zeitschriften, wie 'Ce Soir' in Frankreich und 'Ken' in den USA gegründet, um Nachrichten und Meinungen für gleichgesinnte Leser zu verbreiten. Linksorientierte Filmemacher wie Joris Ivens produzierten Dokumentarfilme zugunsten der Loyalisten.

Ernest Hemingway (2.v.r.) und der niederländische Filmregisseur Joris Ivens (l.), Foto: picture-alliance/Judaica-Sammlung Richter
An der Guadalajara-Front 1937: Ernest Hemingway (2.v.r.) und der niederländische Filmregisseur Joris Ivens (l.)Bild: picture-alliance/Judaica-Sammlung Richter

Obwohl sie Gegendruck bekamen, von vielen Zeitungen wie der 'New York Times', den Publikationen der katholischen Kirche und von rechtsextremen Gruppen wie 'Action Française', schienen die Linken den Kampf um die Köpfe intellektuell zu gewinnen. Es hat ihnen jedoch nichts genützt. Aber unabhängig davon, ob es sich bei den Arbeiten um manipulative Propaganda handelte oder den aufrichtigen Versuch, sich mit ernsten Fragen auseinanderzusetzen, hat dies auf beiden Seiten zu einem Beispiel für öffentliche intellektuelle Auseinandersetzung geführt. Etwas, das in den Tagen nach dem Zweiten Weltkrieg fortgesetzt wurde, von den Existenzialisten, in den USA von der Neuen Linken und den Neokonservativen. Von den Schriftstellern und Künstlern, die sich auf die Baader-Meinhof-Gruppe eingelassen haben und vielen anderen. Heute zieht die Gewalt im Nahen Osten sicherlich intellektuelle Beteiligung an, oder zumindest Stellungnahmen. Ich denke, dass ein Teil der Mehrdeutigkeit und der Schwierigkeiten aus dem Spanischen Bürgerkrieg dort wiederzufinden sind.

Während und nach dem Spanischen Bürgerkrieg hat sich die Art der Kriegsberichterstattung verändert. Die jungen Fotografen Robert Capa und Gerda Taro gingen für ihre Bilder erstmals nahe an die Kämpfe heran. Capa entwickelte diese neue Methode der Kriegsfotografie im Zweiten Weltkrieg weiter und wurde der wichtigste Kriegsfotograf des 20. Jahrhunderts. Martha Gellhorn startete ihre lange Karriere als Kriegskorrespondentin in Spanien. Hat der einst neue Kriegsjournalismus heute noch Einfluss darauf, wie von Kriegen und Konflikten berichtet wird?

Capa sagte bekanntermaßen: 'Wenn deine Bilder nicht gut genug sind, bist du nicht nah genug dran.' Er und Gerda Taro lebten und starben getreu dieses Grundsatzes. Taro wurde während ihrer Berichterstattung bei der Schlacht von Brunete in Spanien getötet. Es ist immer gefährlicher geworden, die Wahrheit im Krieg zu schreiben, wie Hemingway schrieb. Viele Kriegskorrespondenten werden während ihrer Arbeit getötet. Capa, Taro, Ernie Pyle, George Steer, Dickey Chapelle, Marie Colvin, Anja Niedringhaus - die Liste ist lang und wird immer länger, da im heutigen Konflikt im Nahen Osten mehr Journalisten ums Leben gekommen sind, als in jedem anderen zuvor. Um ein komplettes und genaues Bild des Geschehens zu bekommen, verlangen wir heutzutage von Kriegsreportern neben den Kämpfenden in der Schusslinie zu stehen und sich denselben Risiken auszusetzen. Ohne den Einsatz von Drohnen für Fotos aus Kampfgebieten sehe ich nicht, dass die Gefahren im Krieg weniger werden. Und wahrscheinlich selbst dann nicht.

Amanda Vaill hat das Buch "Hotel Florida: Wahrheit, Liebe und Verrat im Spanischen Bürgerkrieg" geschrieben (2015, Verlag Klett-Cotta) und ist Autorin weiterer Sachbücher und Biografien. Bis 1992 war sie Cheflektorin des US-Verlages Viking Press, wo sie Autoren wie Ingmar Bergmann oder T.C. Boyle betreute. Amanda Vaill lebt in New York City.

Die Fragen stellte Klaudia Prevezanos.