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Debatte um Georgien

Christoph Hasselbach (ako/gri)28. Januar 2009

Abgeordnete aus rund 50 Ländern wollten bei einer Debatte im Europarat Wege aus Georgiens Krise finden. Pragmatismus oder Festhalten am Status quo? Da prallen georgische und russische Positionen aufeinander.

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Plenum des Europarats (Quelle: dpa)
Plenum des EuroparatsBild: picture-alliance / dpa

Der Europarat forderte Russland am Mittwoch (28.01.2009) auf, der EU-Mission in Georgien freien Zugang zu den abtrünnigen Provinzen Südossetien und Abchasien zu gewähren. Die Parlamentarier-Versammlung der Länderorganisation forderte zugleich eine Aufstockung der Mission. In der sogenannten Pufferzone um Südossetien sei die Sicherheitslage nach wie vor prekär, heißt es in der Entschließung.

Hilfe kommt nicht durch

Zerstörte Landschaft(Quelle: AP)
Georgien war im vergangenen Jahr Schauplatz von brutaler ZerstörungBild: AP

Schon die Berichterstatterin des Europarats, Corien Jonker, präsentierte ein differenziertes Bild von Georgien. Sie hatte die Region kürzlich im Auftrag des Europarates bereist. Ihren Beobachtungen zufolge ist die faktische Grenze zwischen dem georgischen Kernland und Südossetien bzw. Abchasien das humanitäre Hauptproblem. Die beiden Regionen hatten sich mit russischer Unterstützung für unabhängig von Georgien erklärt. Beide Seiten verhindern laut Jonker, dass Hilfe von der jeweils anderen Seite die Bedürftigen erreicht.

"Staatengemeinschaft will Russland nicht isolieren"

Russland steht für sein Verhalten in Georgien zwar international in der Kritik. Dennoch habe das Land kaum Sanktionen zu befürchten, kritisierte die finnische Abgeordnete Tunlikki Ukkola. Der Grund: Die Staatengemeinschaft wolle Russland nicht isolieren. Es sei traurig, dass auch die parlamentarische Versammlung nicht aktiv werde, so Ukkola.

Russische Panzer (Quelle: AP)
Russische Panzer rollten im August nach GeorgienBild: AP

Der britische Abgeordnete David Wilshire will dagegen pragmatisch vorgehen. Er forderte, man solle nicht stur an alten Positionen festhalten. Russland und Georgien sollten "flexibel werden". Was genau er damit meinte, ließ er offen.

Sein georgischer Kollege Petre Tsiskarischwili bezog das Wort Flexibilität auf die Frage des Status von Südossetien und Abchasien. Nach internationaler Lesart gehören beide Territorien weiterhin zu Georgien. Die Forderung, Georgien solle sich hier flexibel zeigen, nannte Tsiskarischwili ungeheuerlich. Das sende die Botschaft an die Welt, "dass durch ethnische Säuberungen einer Volksgruppe eine andere ihre Unabhängigkeit legitimieren kann".

Gemeint ist der Vorwurf, Russland und der russlandfreundliche Bevölkerungsteil in beiden abtrünnigen Gebieten hätten die georgische Bevölkerung vertrieben und dann gesagt, eine Mehrheit dort wolle die Unabhängigkeit.

Kosovo als Vergleich

Der russische Abgeordnete Leonid Slutsky zog einen Vergleich, den die russische Regierung immer wieder verwendet. Danach müsse, wer das Kosovo als unabhängigen Staat anerkenne, auch Südossetien und Abchasien anerkennen. Diese hätten die politische Weltbühne betreten - "ob wir das akzeptieren oder nicht".

Der Pole Ryszard Bender äußerte die Sorge, die Vorgänge im Kaukasus seien erst der Anfang eines neuen russischen Imperialismus. Als nächstes "könnten sie das gleiche mit der Ukraine, mit Weißrussland, den baltischen Staaten oder, wie 1939, sogar mit Polen machen," so Bender.

Die Debatte blieb ein Austausch sehr verschiedener Positionen, die aufeinander prallten. Aber gerade das kann auch als Vorteil gewertet werden. So ist nur im Europarat ein derart freier Austausch über eine enorme politische und geographische Bandbreite überhaupt möglich. Nicht einmal das Europaparlament bietet diese Chance.