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Hoffenheim am Bundesliga-Abgrund

Joscha Weber22. November 2015

Ein Kader mit Talent und Erfahrung, ein Klub mit soliden Finanzen - und doch ist Hoffenheim neuerdings Abstiegskandidat Nummer eins. Bei der TSG geht zurzeit gar nichts - Berlin überrascht dagegen weiter.

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Bundesliga Hertha BSC Berlin Hoffenheim (Foto: Getty Images/Bongarts/M. Kern)
Bild: Getty Images/Bongarts/M. Kern

Dicke Schneeflocken fallen vom Himmel. In dichten Wolken sinken sie herab auf den Rasen und verwandeln das satte Grün im Berliner Olympiastadion in einen weißen Teppich. Der Winter erreicht Berlin. Inmitten dieses frostigen Schauspiels ereignet sich eine kuriose Szene: Freistoß für die Hertha von der rechten Seite. Eigentlich keine gefährliche Position, so kurz vor der Grundlinie. Doch Marvin Plattenhardt zirkelt den Ball scharf an den Fünfer, wo der Hoffenheimer Eugen Polanski unbedrängt den Ball per Kopf ins eigene Tor befördert: 0:1 (30. Minute). Oliver Baumann fischt den Ball noch aus dem Tor, doch das Spielgerät ist klar hinter der Linie, wie die Hawk-Eye-Technik Sekunden später deutlich macht. Die Miene von Eugen Polanski versteinert sich.

Nach dem Spiel versuchte er sich an einer Erklärung, doch die klang hilflos: "Wenn ich nicht hingehe, weiß ich nicht, was passiert", sagte der polnische Fußballnationalspieler entschuldigend. Sein Fauxpas besiegelte die 0:1 (0:1)-Niederlage der TSG 1899 Hoffenheim bei Hertha BSC Berlin und stürzte den Verein in eine tiefe Krise: Tabellenletzter, magere acht Punkte aus 13 Spielen, gerade einmal zwölf erzielte Tore in der bisherigen Saison. Und in jüngster Zeit geht die Tendenz noch steiler abwärts: Seit 396 Minuten ist Hoffenheim ohne Torerfolg. "Es ist selbstverständlich, dass die Fans einen Hals auf uns haben. Wir brauchten unbedingt einen Dreier, verlieren dann aber dieses wichtige Spiel", sagte ein verzweifelt wirkender Kevin Volland. "Es wird sehr eng, wenn wir so weiterspielen."

Auch mit Huub Stevens kommt bisher kein Erfolg

Das stimmt wohl. Denn auch der Trainerwechsel brachte keinen Erfolg: Dem erfolglosen Markus Gisdol folgte der ebenfalls aktuell erfolglose Huub Stevens, eigentlich ja ein Retter mit eingebauter Erfolgsgarantie. Doch auch der niederländische Trainer-Routinier kann die Offensivprobleme nicht lösen. Zwei torlosen Remis folgte nun die erste Pleite unter dem neuen Coach. Und das trotz großem Potential in der Offensivabteilung.

Bundesliga, Hertha BSC - 1899 Hoffenheim (Foto: picture-alliance/dpa/S. Stache)
Kopfball ins eigene Tor: Polanski ist der Pechvogel des Tages in BerlinBild: picture-alliance/dpa/S. Stache

41 Millionen Einnahmen und kein Stückchen besser

Keine Frage - das, was Huub Stevens in der Partie bei Hertha BSC an Spielern mit offensiver Ausrichtung auf den Platz stellte, hat große Qualität. Momentan aber nur auf dem Papier: Der talentierte Nationalspieler Kevin Volland, der momentan ebenso neben sich steht wie der starke Franzose Jonathan Schmid, der aus Freiburg zur TSG wechselte. Schwach der Auftritt des jungen Mark Uth, enttäuschend die Leistungen des eingewechselten chilenischen Nationalspielers Eduardo Vargas, und der ebenfalls später ins Spiel gekommene Kevin Kuranyi rennt weiter den hohen Erwartungen hinterher. Auch in Berlin blieb Hoffenheim harmlos, ideenlos und durchschaubar. Die Hertha hatte es dadurch leicht, Ergebnis und Partie mit überschaubarem Aufwand zu verwalten und den nächsten Dreier in einer erstaunlich starken Saison einzufahren: Berlin steht als Tabellenvierter auf einem Champions-League-Platz - wer hätte das gedacht?

Hoffenheim steht dagegen vor einem Scherbenhaufen. Trotz sagenhafter 41 Millionen an Transfererlösen aus dem Verkauf des Brasilianers Roberto Firmino nach England ist es nicht gelungen, eine funktionierende Mannschaft zusammenzustellen. Nach 13 Spieltagen scheint in Hoffenheim die Gefahr des Abstieg in die zweite Liga so real wie nie zuvor.

Ingolstadt im Aufwind

Ganz anders die Lage in Ingolstadt: Der Aufsteiger aus Bayern macht weiter von sich reden und gewinnt auch die komplizierten Spiele: Im Duell mit Mit-Aufsteiger SV Darmstadt 98 drehte Ingolstadt die Partie und machte aus einer drohenden Heimpleite einen letztlich verdienten 3:1 (0:1)-Sieg. Ingolstadt hatte zwar, bedingt durch personelle Veränderungen, einen schwachen Start und Darmstadt nutzte die Unsortiertheit bei den Gastgebern prompt zur frühen Führung durch Aytac Sulu (9.).

Fußball Bundesliga FC Ingolstadt 04 SV Darmstadt 98 (Foto: Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)
Moritz Hartmann erzielt das dritte Tor für den FCI und macht damit alles klarBild: Getty Images/Bongarts/A. Hassenstein

Doch das Team von Trainer Ralph Hasenhüttl antwortete in der zweiten Hälfte mit einem Doppelschlag: Robert Bauer (58.) markierte mit einem sensationellen Schuss in den Winkel den Ausgleich, ehe zwei Minuten später Moritz Hartmann per Foulelfmeter die Ingolstädter Führung (60.) herstellte. Kurz vor dem Ende war es erneut Hartmann, der den Endstand erzielte (88.). Der FC Ingolstadt schiebt sich damit auf Rang acht der Tabelle vor.