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Daumen drücken im Delta

16. März 2011

Im Niger-Delta drücken viele Goodluck Jonathan und seiner Wiederwahl die Daumen. Schließlich ist der Präsident einer von ihnen und könnte die Region nun endlich voran bringen. Im April stellt er sich zur Wahl.

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Wahlkampfschild mit zwei Kandidaten im Niger-Delta (Foto: DW)
Wahlkampf in Nigeria: Am 9. April sind die Bürger aufgerufen zu wählenBild: DW/Katrin Gänsler

Der Wind treibt große, dunkle Wolken über eine kleine freie Fläche, die ganz in der Nähe der Stadt Warri im Niger-Delta liegt. In der Mitte lodert eine viele Meter hohe Flamme. Sie ist eines der Nebenprodukte der Ölförderung und wird als Gasflaring – als das Abfackeln von Gas – bezeichnet. Um die Flamme herum ist es fast unerträglich heiß. Trotzdem ist es Treffpunkt und Arbeitsplatz von rund 20 Frauen.

Arbeiten unter der gefährlichen Flamme

Ein gefährlicher und heißer Arbeitsplatz: Rund um die riesige Flamme trocknen die Frauen Cassava (Foto: DW)
Viele Menschen im Niger-Delta setzen ihre Hoffnungen auf Goodluck JonathanBild: DW/Katrin Gänsler

Eine von ihnen ist Ighochemusa Gbruka. Jeden Tag kommt sie hierher, um ihr Knollengemüse Cassava zu trocknen. Sie hasst ihren Arbeitsplatz, aber er ist die einzige Möglichkeit, um überhaupt etwas Geld mit nach Hause zu bringen. Wenn es gut läuft, verdient sie 5.000 Naira pro Woche, umgerechnet knapp 25 Euro. Doch häufig ist das viel weniger. "Aber hier gibt es nichts anderes, keine Schulen, keine Universitäten, keine Arbeit", sagt sie und dreht sich dann mit einem wütenden Blick um. Der gilt der großen Flamme und dem Gebäude von Shell.

Hoffnung setzt sie wie viele andere Menschen nun in Präsident Goodluck Jonathan. Der Mann mit dem schwarzen Hut ist schließlich einer von ihnen und stammt aus dem Bundesstaat Bayelsa. Aus seiner Heimat könnte er deshalb auch die meisten Stimmen erhalten und somit der erste vom Volk gewählte Präsident aus dem Niger-Delta werden. Denn im vergangenen Jahr rückte er lediglich nach dem Tod von Vorgänger Umaru Yar’Adua an die Staatspitze nach. Die Feuerprobe muss er im April bestehen. Dann stehen Präsidentschaftswahlen in Nigeria an.

Beten für Goodluck Jonathan

Nigerias Präsident Goodluck Jonathan (Foto: AP)
Muss zum ersten Mal eine Wahl gewinnen: Präsident JonathanBild: AP

Auch Akpor Pius Ewherido will am 9. April Jonathans Namen ankreuzen. "Wir beten dafür, dass er gewinnt. Er wäre eine Kompensation für das Niger-Delta", sagt Ewherido. Dabei ist er selbst kein Befürworter von Jonathans Regierungspartei, der People’s Democratic Party (PDP), sondern gehört der Democratic People’s Party (DPP) an. Für die möchte Ewherido auch in den Senat einziehen, betreibt fleißig Wahlkampf und ist in ganz Warri überall auf Werbeplakaten zu sehen. "Im Senat könnte ich Gesetze und Resolutionen mit verabschieden. Und damit könnte ich überwachen, wie sich die großen Unternehmen im Niger-Delta verhalten."

Werbeplakat für eine Schule im Niger-Delta (Foto: DW)
Trotz des großen Werbeplakats suchen viele Eltern im Niger-Delta gute Schulbildung oft vergeblichBild: DW/Katrin Gänsler

Die sind in der ganzen Region mehr als verhasst. Der Vorwurf lautet, dass sie die Öl-Gegend nur ausbeuten, sich aber kein bisschen um die Entwicklung kümmern. Auch Peter Lawal nickt. Der Dorfchef sitzt auf einer Bank in Egwa. Es ist ein kleiner Ort mitten im Delta, der nur mit dem Boot erreichbar ist. Shell ist unmittelbarer Nachbar und fördert dort seit 40 Jahren das schwarze Gold. "Und was haben wir davon? Nichts. Nur eine kleine Grundschule, aber kein Wasser, kein Licht", sagt er und blickt sich um. Er wäre sogar bei Shell gewesen und hätte um Strom für sein Dorf gebeten. Aber passiert sei nichts.

"Gesetzgeber sind Gesetzesbrecher"

Für ihn ist eins aber noch schlimmer: Das Niger-Delta hat sich zurückentwickelt. "Das Wasser ist mit Öl verseucht, und wir können nicht mal zum Fischen gehen." Dass sich die Lage ausgerechnet nach den Wahlen im April ändern wird und Politiker künftig multinationale Firmen mehr in die Verantwortung nehmen, glaubt er nicht. "Wir können doch schon jetzt nicht mal sagen, dass die Gesetze zu stark oder zu schwach sind." Und dann überkommt ihn ein Lachen: "Gesetzesgeber sind doch eh alle Gesetzesbrecher", sagt er.

Autorin: Katrin Gänsler
Redaktion: Stephanie Gebert