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Hollande: Roma-Schülerin darf zurück

19. Oktober 2013

Selbst Frankreichs Staatschef fühlt sich bei diesem Fall unwohl. Deshalb soll eine 15-jährige Roma nach ihrer umstrittenen Abschiebung befristet zurückkehren dürfen - allein. Doch ihre Antwort ist eindeutig.

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Frankreichs Präsident Hollande äußert sich in einer Fernsehansprache zur Abschiebung Leonarda Dibranis (Foto: reuters)
Bild: Reuters

Wenn sie ihre Schulausbildung in Frankreich fortsetzen wolle, könne Leonarda zurückkehren, sagte Präsident François Hollande in einer Fernsehansprache. Dies gelte jedoch nur für das Mädchen, nicht für dessen Familie.

Sozialisten-Parteichef Harlem Désir sprach sich allerdings dafür aus, allen Dibrani-Kinder in Anwesenheit ihrer Mutter den Abschluss ihrer Schulausbildung in Frankreich zu erlauben. Er werde mit dem Präsidenten darüber sprechen. Die Organisation Die Stimme der Roma verurteilte Hollandes Angebot als "unmenschlich, unwürdig und illegal".

Auch die in Italien geborene Leonarda wies das Angebot umgehend zurück: "Ich werde nicht allein nach Frankreich gehen, ich werde meine Familie nicht zurücklassen", sagte sie der Nachrichtenagentur AFP. Auch ihre Geschwister seien schulpflichtig. Es sei "Rassismus", ihrer Familie die Rückkehr nach Frankreich zu verweigern. Ihr 47-jähriger Vater Resat Dibrani sagte, er werde auf keinen Fall eine Trennung seiner Familie hinnehmen. Seine Kinder seien in Frankreich integriert, im Kosovo dagegen Fremde.

Die 15-jährige Leonarda Dibrani (Foto: afp/ GettyImages)
Leonarda Dibrani: "Nicht ohne meine Familie!"Bild: Armend Nimani/AFP/Getty Images

"Keine Festnahmen mehr während der Schule"

In seiner Ansprache kündigte Präsident Hollande zudem an, Festnahmen im schulischen Umfeld künftig zu untersagen. Das junge Mädchen war von Polizisten während eines Schulausflugs abgeholt worden, um sie gemeinsam mit ihrer Roma-Familie in das Kosovo abzuschieben.

Die Aktion war nach einem von der Regierung angeforderten Bericht regelkonform. Gleichzeitig kritisiert die 24 Seiten umfassende Untersuchung aber auch mangelndes Augenmaß der Polizei. Die Polizisten seien zu sehr auf das Ziel konzentriert gewesen, Leonardas gesamte Familie zusammenzubringen, und hätten so die Tatsache aus den Augen verloren, dass sich das Mädchen auf einem Schulausflug befand, urteilte die Aufsichtsbehörde. Sie empfahl, künftig jeglichen polizeilichen Zugriff im schulischen und schulnahen Umfeld zu verbieten.

Innenminister in der Kritik

Der Fall der zur Minderheit der Roma gehörenden Leonarda sorgt in Frankreich seit Tagen für Empörung: Die seit mehreren Jahren in Ostfrankreich lebende 15-Jährige war Anfang des Monats auf einem Schulausflug von Polizisten aus dem Bus geholt und mitsamt ihrer Familie abgeschoben worden, nachdem ihr Asylantrag abgelehnt worden war. Die Kinder der Familie können kein Albanisch, selbst der Vater verließ das Kosovo eigenen Angaben zufolge als Kind.

Gegen die Abschiebung hatten tausende französische Schüler in mehreren Städten demonstriert. Innenminister Manuel Valls ist wegen der Aktion und seines Kurses gegen illegal in Frankreich lebende Ausländer auch innerhalb der regierenden Sozialisten umstritten. Er hatte bereits vor einigen Wochen für Empörung gesorgt, als er den Integrationswillen der meisten in Frankreich lebenden Roma öffentlich anzweifelte. Die Linkspartei fordert den Rücktritt des sozialistischen Innenministers.

rb/gri (afp, dpa)