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Hooligans gegen Salafisten

Nastassja Steudel27. Oktober 2014

"Gegen Salafisten": Unter diesem Motto kamen in Köln 4500 Menschen zu einer Demonstration zusammen. Dass sie auch den Islam und Ausländer ablehnen, daraus machten einige keinen Hehl. Alte Erinnerungen wurden wach.

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Rund 2500 Hooligans bei Kundgebung gegen Islamisten in Köln 26.10.2014 (Foto: DW/G. Borrud)
Bild: DW/G. Borrud

Corinna hält den Mittelfinger in die Höhe. So, dass es jeder sehen kann. Ansonsten schweigt sie und sieht vom Straßenrand dabei zu, wie die schwarz-gekleidete Menge mit Deutschland-Flaggen und "Wir sind deutsch"-Gegröle nur wenige Meter entfernt, an ihr vorbeizieht. Die zierliche junge Frau trägt einen Palästinenser-Schal um den Hals. Auf ihrem Arm klebt ein Sticker mit den Worten "No Nazis". Man weiß nicht, ob man sie für mutig oder leichtsinnig halten soll, wie sie so alleine da steht und gezielt provoziert. "Hooligan sind nicht gleich Nazis", sagt die 18-Jährige, "aber die hier sind es ". Mit "die" meint sie diese Mischung aus Fußball-Krawallmachern, klar erkennbaren Rechtsextremen und denen, die Deutschland vor dem Heiligen Krieg retten wollen und deswegen nach Köln gekommen sind. Einer von ihnen, steht plötzlich neben ihr. "Und du bist also für Salafisten!?", fragt er.

Ablehnung gegen Salafisten nur als Feigenblatt?

Die Stimmung ist von Anfang an geladen. Während immer mehr Leute auf den Platz hinter dem Hauptbahnhof strömen, geben die Veranstalter über Lautsprecher die Order für die Demonstration durch. "Keine Interviews an die Medien", ist einer der wichtigsten. "Lügen-Presse" hört man an diesem Tag immer wieder. Einige reden aber trotzdem. So wie Thomas. Er hat eine Glatze und trägt eine schwarze Sonnenbrille. Deutschnational sei er und ein Hooligan, das sagt er sehr offen. Rechtsradikal aber nicht. Über Facebook hatte er von dem Aufmarsch erfahren. Er mache sich Sorgen um seine Familie und sein Land. Deswegen sei er heute hier. "Was momentan in Frankreich und Belgien passiert, sind nur die Anfänge." Sein Freund, Michael nickt zustimmend. "Wir werden hier in Deutschland alle klein gehalten ", sagt er. Und: "Wir ducken uns immer nur." Auf die Frage, was sie denn über Salafisten wüssten, folgt die Antwort: "Genug".

Die Beiden sind selbständig und kennen sich vom Fußball. Michael ist Mitglied der "GnuHonnters", einer Hooligan-Truppe, die es nicht gut findet, dass in den Stadien inzwischen so viele linke und zivil-couragierte Ultras mitmischen. Er wehrt sich gegen die Unterstellung, er und seine Mitstreiter seien rechtsextrem. Als Beweis bringt er ein türkisches und ein libanesisches Mitglied an. Im Grunde treffen man sich nur um gemeinsam "zu saufen".

Demonstration „Hooligans gegen Salafisten“ (Foto: DE/ N.Steudel)
Charlotte (links) und Barbara: Hooligans beschützen das Land gegen den IslamBild: DW/ N. Steudel

Hooligans als Helden

Charlotte und Barbara passen auf den ersten Blick überhaupt nicht auf die Veranstaltung. Inmitten der tätowierten, schweren Jungs, wirken die zwei älteren Damen wie Fremdkörper. "Das sind halt Hooligans", sagt Charlotte auf die Frage, ob sie wisse, mit wem sie hier gemeinsam demonstriere. "Die werden unser Land mal beschützen", fügt sie überzeugt hinzu. Charlotte ist in der ehemaligen DDR geboren, hat dort einen Unrechtsstaat und Gefängnis miterlebt. Seit einiger Zeit ist Italien ihr neues Zuhause. In Deutschland halte sie es nicht mehr aus. Hier würden schon die Kinder mit dem Islam infiltriert. "Das ist aber ein christlich-geprägtes Land. Die Moslems müssen sich nach uns richten." Ihre Freundin Barbara hat ihre Wurzeln in den USA. Dort seien Hooligans so etwas wie Helden. Sie ist extra aus München angereist, wo sie inzwischen wohnt. "Ich bin heute hier für die Zukunft meine Enkel."

Demonstration „Hooligans gegen Salafisten“
Bild: DW/ N. Steudel

Als sich die Demonstration nach einer Weile in Bewegung setzen, sind auch Dieter und Christian mit dabei. Der Tiefbauer und der Müllmann sind vor knapp 14 Jahren aus Thüringen nach Troisdorf gezogen. Sie machen keinen Hehl daraus, dass sie nicht nur wegen ihrer ablehnenden Haltung gegenüber den Salafisten gekommen sind. Sie sind gegen Ausländer. "Die kriegen den Hintern gebuttert, während deutsche Rentner Flaschen sammeln gehen müssen, weil sie kein Geld haben", sagt Christian. Flaschensammler sind an diesem Tag übrigens viele unterwegs. Die meisten sind jung und haben einen Migrationshintergrund. Dieter fügt hinzu: "So haben unsere Väter dieses Land nicht aufgebaut."

Flaschen und China-Böller fliegen

Rund 2500 Hooligans bei Kundgebung gegen Islamisten in Köln 26.10.2014
Der Staaat wehrt sich mit WasserwerfernBild: picture-alliance/dpa

Irgendwann wird es ungemütlich. Mindestens drei China-Böller explodieren in kurzen Abständen in unmittelbarer Nähe. Ein Gruß an die Medien. Überall stehen grimmig-dreinblickende Männer, die Videos und Fotos machen. Mehrere Männer tragen plötzlich Sturmmasken. Andere haben sich ihre Schals über den Mund gebunden. Wasserwerfer und gepanzerte Fahrzeuge rücken an. Einige rennen in eine Seitenstraße abseits der besprochenen Route. Die Polizei drängt zurück. Plötzlich sind überall Uniformen zu sehen. Dann eskaliert die Situation. Ein Demonstrant erzählt später, Gegendemonstranten der Antifa hätten sie mit Steinen beworfen und provoziert.

Glasflaschen fliegen, es knallt ununterbrochen. Wasserwerfer kommen zum Einsatz. Ein Mädchen steht verängstigt hinter einer Hausecke. "Ich will hier weg“, ruft sie ihrer Freundin zu. Kurze Zeit später dann die Durchsage der Polizei, man erkläre die Veranstaltung für aufgelöst. Doch viele wollen sich damit nicht abfinden. In einem nahe gelegenen Park kommt zu es zu Rangeleien. Ein Mann liegt plötzlich am Boden. Ein anderer - sichtlich alkoholisiert, bedankt sich bei der Polizei.

Von den rund 4500 Teilnehmern sind am Ende nicht mehr viele übrig. Wieder zurück am Breslauer Platz sind nur noch die Provokateure geblieben. Mit freiem Oberkörper skandieren einige vor einem Fahrzeug der Polizei, "hurra, hurra, die Deutschen, die sind da". Ein Kleinbus der Hundertschaften liegt umgekippt auf der Seite. Einer der Demonstranten mit einem straffen Seitenscheitel, blickt etwas enttäuscht drein. "Ich bin 600 Kilometer umsonst gefahren." Ihm sei klar gewesen, dass die Lage hier heute in irgendeiner Weise eskalieren würde, "aber nicht so". Drinnen, im Kölner Hauptbahnhof bildet sich vor dem Kiosk eine lange Schlange. Ein Mann mit kahl-geschorenem Kopf steht auch an. Auf der Rückseite seines Kapuzenpullovers steht: "Hoolizei. Anti Scharia Team." Er rülpst kräftig.