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Politik

Tunesien: Hunderte Festnahmen bei Protesten

18. Januar 2021

Es gärt im Mutterland des arabischen Frühlings: Nächtliche Ausschreitungen halten die Sicherheitskräfte seit Tagen in Atem. Die Polizei ruft nach Verstärkung.

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Junge Menschen vor einer brennenden Straßenblockade
Ausdruck der Unzufriedenheit ohne klare politische Forderungen: Junge Menschen in Ettadhamen nahe TunisBild: Fethi Belaid/AFP/Getty Images

Nach Ausschreitungen und teils gewaltsamen Zusammenstößen mit Sicherheitskräften ist die tunesische Armee in vier Städte des Landes gerufen worden. In Sousse, Bizerte, Kasserine und Siliana sollen Soldaten die Polizei unterstützen und Regierungsgebäude bewachen. In der Hauptstadt Tunis setzten staatliche Kräfte Tränengas ein, um die Menge zu zerstreuen.

Auf Videos ist zu sehen, wie Demonstranten Straßen blockieren und Reifen in Brand setzen. Zahlreiche Geschäfte wurden geplündert. Nach Angaben des Innenministeriums wurden landesweit mehr als 630 Personen festgenommen.

Gepanzertes Fahrzeug der Nationalgarde
In mehreren Städten kommen Soldaten der Polizei zu HilfeBild: Fethi Belaid/AFP/Getty Images

Bereits seit Freitag zogen überwiegend junge Menschen jede Nacht durch die Straßen und verstießen damit gegen eine nächtliche Ausgangssperre zur Eindämmung des Coronavirus. Klare politische Forderungen wurden vielerorts nicht erhoben. Beobachter werten die Randale als Ausdruck der Unzufriedenheit mit den gegenwärtigen Lebensbedingungen. In Tunesiens jüngerer Generation ist jeder Dritte arbeitslos.

In einer Vorstadt der Hauptstadt Tunis brennt der Inhalt von Mülltonnen
In einer Vorstadt der Hauptstadt Tunis brennt der Inhalt von MülltonnenBild: Fauque Nicolas/Images de Tunisie/ABACA/picture alliance

Die Ausschreitungen fallen auf den zehnten Jahrestag der Flucht Zine El Abidine Ben Alis am 14. Januar 2011. Der Langzeitherrscher hatte sich mehr als 20 Jahre an der Spitze des Maghrebstaates gehalten. Er starb 2019 im Exil in Saudi-Arabien.

Im Zuge des sogenannten arabischen Frühlings gelang Tunesien als einzigem der von Aufständen erfassten Länder in der Region der Übergang zur Demokratie. Korruption und die schlechte Wirtschaftslage - verstärkt durch die Pandemie - lasten aber weiterhin auf der Bevölkerung. Das Misstrauen gegen die herrschende Elite und die etablierten Parteien ist groß.

jj/sti (dpa, afp, rtr)