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Politik

Hunderte Strafanzeigen gegen von Storch

2. Januar 2018

Nach einem islamfeindlichen Tweet der AfD-Abgeordneten Beatrix von Storch sind bei der Kölner Staatsanwaltschaft Hunderte Strafanzeigen wegen Volksverhetzung eingegangen. Die Behörde will den Fall sorgfältig prüfen.

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Deutschland Beatrix von Storch, AfD
Sie löste mit ihrem Tweet heftige Reaktionen aus: Beatrix von StorchBild: Getty Images/AFP/J. MacDougall

Auch die Kölner Polizei hat gegen das Vorstandsmitglied der rechtspopulistischen "Alternative für Deutschland" (AfD), Beatrix von Storch, Anzeige gestellt, weil sie in dem Tweet den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt sieht. Dies habe der Staatsschutz beim Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen entschieden, sagte eine Sprecherin der Polizei. Der Kölner Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn erklärte, seine Behörde habe den Fall an sich gezogen. "Wir müssen jetzt erst einmal feststellen, ob wir zuständig sind oder das Verfahren nach Berlin abgegeben werden sollte", sagte er.

Sollte die noch zu bestimmende Staatsanwaltschaft einen Anfangsverdacht gegen von Storch sehen, müsste die Immunität der Bundestagsabgeordneten aufgehoben werden. Dazu muss die Staatsanwaltschaft dem Bundestag eine entsprechende Mitteilung machen. Widerspricht das Parlament nicht, können die Ermittlungen aufgenommen werden.

Die Kölner Polizei hatte am Silvesterabend ihre Neujahrsgrüße in vier Sprachen getwittert, darunter auch auf Arabisch. "Was zur Hölle ist in diesem Land los, wieso twittert eine offizielle Polizeiseite aus NRW auf Arabisch?", schrieb dazu von Storch. "Meinen Sie, die barbarischen, muslimischen, gruppenvergewaltigenden Männerhorden so zu besänftigen?" Sie bezog sich offenkundig auf die Vorfälle in der Silvesternacht von 2015 auf 2016 rund um den Kölner Hauptbahnhof und den Dom. Damals hatte es massenhaft sexuelle Übergriffe gegen Frauen sowie andere Straftaten wie etwa Diebstähle gegeben. Bei vielen mutmaßlichen Tätern handelt es sich um Migranten.

Eintrag gelöscht

Twitter löschte den Eintrag der AfD-Politikerin und sperrte für zwölf Stunden ihren Account mit dem Verweis auf einen "Verstoß gegen Regeln über Hass-Inhalte". Das seit dem 1. Januar geltende Netzwerkdurchsetzungsgesetz aus dem Haus von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) verlangt von Diensten wie Facebook, Twitter oder YouTube, klar strafbare Inhalte binnen 24 Stunden nach einem Hinweis löschen. In weniger eindeutigen Fällen haben sie eine Woche Zeit. Den Betreibern der sozialen Netzwerke drohen bei Verstößen empfindliche Geldstrafen.

Die Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, Alice Weidel, sprach nach der Löschung des strittigen Tweets von Zensur durch das neue Gesetz. "Unsere Behörden unterwerfen sich importierten, marodierenden, grapschenden, prügelnden, Messer stechenden Migrantenmobs", schrieb Weidel auf Twitter. "Die deutsche Polizei kommuniziert mittlerweile auf Arabisch, obwohl die Amtssprache in unserem Land Deutsch ist." Auch wegen dieses Tweets gingen inzwischen mehrere Anzeigen wegen Volksverhetzung ein. Oberstaatsanwalt Willuhn sagte, auch in der Twitter-Reaktion Weidels sähen verschiedene private Dritte eine Volksverhetzung.

Hannover AfD Parteitag Weidel
Ebenfalls im Visier der Staatsanwaltschaft: die AfD-Fraktionschefin Alice WeidelBild: picture-alliance/dpa/H. Dittrich

Der Tatbestand der Volksverhetzung ist in Paragraf 130 Strafgesetzbuch geregelt. Demnach droht demjenigen eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, der den öffentlichen Frieden stört, zum Hass gegen Teile der Bevölkerung oder zu Gewalt- beziehungsweise Willkürmaßnahmen aufstachelt oder die Menschenwürde anderer angreift.

Linke fordert "klare Kante"

Nach der Twitter-Botschaft der Abgeordneten von Storch rief die Linke zu einem breiten gesellschaftlichen Engagement gegen solche Äußerungen auf. Linken-Chef Bernd Riexinger sagte in Berlin: "Den rechten Hetzern und ihren menschenverachtenden Parolen muss mit allen vorhandenen, staatlichen Mitteln beigekommen werden." Aber auch die Politik und die Zivilgesellschaft müssten "klare Kante" zeigen, fügte Riexinger hinzu. "Mobil machen an allen Fronten ist jetzt die Devise."

Eine ganz andere Ansicht vertritt der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland. Er sieht nach dem gelöschten Tweet seiner Parteikollegin Beatrix von Storch die Meinungsfreiheit in Gefahr. "Das Zensurgesetz von Heiko Maas zeigt schon am ersten Tag des neuen Jahres seine freiheitsbeschneidende Wirkung. Diese Stasi-Methoden erinnern mich an die DDR", empörte sich Gauland. Der Parteichef ist selbst nicht auf Facebook und Twitter aktiv.

Die Kölner Polizei zeigte sich inzwischen überrascht, dass ihr Silvester-Tweet solch hohe Wellen geschlagen hatte. Nach Angaben einer Sprecherin werde zu Großveranstaltungen wie Fußballspielen, Konzerten und Demonstrationen in mehreren Sprachen getwittert. Auch an Silvester 2016 habe man die Neujahrsgrüße unter anderem auf Arabisch übermittelt.

kle/stu (dpa, afp, rtr)