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Politik

Systematisch gegen Medien

15. Dezember 2016

Der türkische Staatspräsident Erdogan verfolgt nach Einschätzung von Human Rights Watch planmäßig unabhängige Medien in seinem Land. Derweil gehen die Verhaftungen von Journalisten weiter.

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Tayyip Erdogan
Bild: Reuters/Presidential Palace/M. Cetinmuhurdar

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) wirft der türkischen Regierung vor, unabhängige Medien zum Schweigen bringen zu wollen. Die Menschenrechtsorganisation erklärte in einem Bericht, die Situation habe sich bereits seit 2014 laufend "verschärft", doch habe der "Angriff" auf kritische Journalisten in der Türkei seit dem gescheiterten Militärputsch gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan (Artikelbild) am 15. Juli noch einmal deutlich zugenommen.

"Grundprinzipien von Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit" würden vorsätzlich missachtet, 148 Journalisten und Mitarbeiter von Medien seien in Polizeigewahrsam oder im Gefängnis. Seit Verhängung des Ausnahmezustands in der Folge des Umsturzversuchs seien 140 Medien und 29 Verlage per Dekret geschlossen worden, womit 2500 Journalisten und Medienschaffende ihren Job verloren hätten.

Im vergangenen Jahr habe die Regierung die Übernahme von Medien und anderen Organisationen in Privatbesitz arrangiert, indem sie dort staatliche Zwangsverwalter eingesetzt habe, hieß es weiter. Das sei ein Missbrauch des Gesetzes zur Treuhandverwaltung, ein Verstoß gegen das Recht auf Privatbesitz und - im Fall von Medien - eine Politik der vorsätzlichen Zensur.

HRW kritisierte, die Regierung gehe nicht nur gegen Medien vor, die der Gülen-Bewegung nahestünden, die Erdogan für den Putschversuch verantwortlich macht. Betroffen seien auch pro-kurdische Medien und unabhängige kritische Stimmen wie die Zeitung "Cumhuriyet".

Protest gegen die Verfolgung von Journalisten in Istanbul
Protest gegen die Verfolgung von Journalisten in IstanbulBild: picture-alliance/dpa/S. Suna

Türkische Journalisten beklagten eine "erdrückende Atmosphäre" sowie einen "rasch schrumpfenden Raum für Berichterstattung über Fragen, welche die Regierung nicht behandelt wissen will", schrieb HRW. Der Bevölkerung werde der regelmäßige Zugang zu unabhängigen Informationen über die Entwicklungen im Land verwehrt.

Die türkische Regierung weist den Vorwurf der Einschränkung der Pressefreiheit zurück und betont, Journalisten würden nicht wegen ihrer Berichterstattung, sondern wegen konkreter strafrechtlicher Vergehen wie der Unterstützung von Terrorgruppen verfolgt. 

Türkei Cumhuriyet Chefredakteur festgenommen
Die kritische Zeitung "Cumhuriyet" gehört zu den Medien, die massiver Verfolgung ausgesetzt sindBild: Getty Images/AFP/O. Kose

Gemäß dem HRW-Bericht, der auf Interviews mit 61 Journalisten, Anwälten und Aktivisten basiert, wurden 14 kurdische Medien geschlossen - mit der Folge, dass "alle Medien mit einem Gefolge innerhalb der kurdischen Minderheit in der Türkei ausgeschaltet wurden". Die Organisation kritisierte auch die Festnahme Ende Oktober von zwölf leitenden Mitarbeitern von "Cumhuriyet", unter ihnen der Chefredakteur der linksliberalen Tageszeitung.

HWR fordert stärkeren internationalen Druck auf die Türkei, damit die Regierung die Pressefreiheit achte. Die türkische Regierung weist regelmäßig Vorwürfe zurück, sie schränke die Pressefreiheit ein.

Erst am Dienstag hatte die Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen (ROG) in ihrem Jahresbericht kritisiert, die Türkei sei zum "größten Gefängnis der Welt" für Journalisten geworden. Dass sich die Türkei, die ja immer noch EU-Beitrittskandidat sei, in einer Reihe mit notorischen Feinden der Pressefreiheit wie den Regimen in China, Syrien und dem Iran befinde, sei bezeichnend für das drastische Vorgehen der türkischen Behörden gegen die Pressefreiheit, sagte ROG-Vorstandssprecherin Britta Hilpert.

Ungeachtet der internationalen Kritik gehen die Verhaftungen weiter. Am Mittwoch nahm die Polizei türkischen Medienberichten zufolge den regierungskritischen Journalisten Hüsnü Mahalli fest, der unter anderem für den oppositionsnahen Sender Halk TV arbeitet. Im werde "Beleidigung hochrangiger Staatsbeamter" vorgeworfen.

stu/rb (afp, dpa)