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Die Arktis schwitzt

16. Dezember 2015

Für die Arktis ist es ein Jahr der Negativrekorde: die Temperatur höher als sonst, die Ausdehnung des Eises geringer und die Schmelze begann früher. Schuld ist der Klimawandel, sagen Experten.

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Arktis Eisdecke Klima Arktischer Ozean Nordpol Schmelztümpel
Bild: picture-alliance/dpa/U.Mauder

Die arktische Lufttemperatur über Land lag im vergangenen Jahr 1,3 Grad Celsius über dem Durchschnitt und ist damit die höchste seit Beginn der Messung im Jahr 1900. Dieses Ergebnis stellten Wissenschaftler der US-Behörde für Ozeanografie und Atmosphäre (NOAA) vor. Jedes Jahr veröffentlichen sie im Bericht "Arctic Report Card" ihre Beobachtungen.

"Die Erwärmung verläuft in der Arktis mehr als doppelt so schnell wie irgendwo sonst auf der Welt", sagte Richard Spinrad, Chefwissenschaftler der NOAA, als er den Bericht in San Francisco vorstellte. Demzufolge gab es einen weiteren Rekord. Wenn im Winter das arktische Meerwasser gefriert, erreicht die Eisschicht ihre größte Ausdehnung. Diese sei kleiner als je zuvor gewesen. Die Ausdehnung wird seit 1979 gemessen. Dieses Maximum habe die Eisschicht außerdem schon am 25. Februar erreicht – also habe das Eis zwei Wochen früher als im Durchschnitt begonnen zu schmelzen. Nach Angaben der Wissenschaftler geschah dies bisher nur einmal noch früher.

Von alt und dick zu jung und dünn

Eisschollen mit einem hellblauen Schmelzwassertümpel (Foto: DPA)
Das blauschimmernde Eis im Schmelztümpel zeigt an, das es sich um mehrjähriges und nicht um neues Eis handeltBild: picture-alliance/dpa/U.Mauder

Auch die Zusammensetzung des Eises veränderte sich den Forschern zufolge über die Jahre. 1985 waren 20 Prozent des Eises älter als vier Jahre und 35 Prozent ein Jahr alt. 2015 lag das Verhältnis bei 3 Prozent zu 70 Prozent. Altes Eis sei tendenziell dicker, so die Wissenschaftler. "Das dünnere, jüngere Eis ist anfälliger, im Sommer wegzuschmelzen, was in einer geringeren Ausdehnung resultiert", heißt es im Bericht.

"Wir wissen, dass das wegen des Klimawandels passiert", sagte Richard Spinrad. Das wirkt sich auch auf das Leben aus: 2015 gab es eine außergewöhnliche Algenblüte. Fische, die normalerweise weiter südlich angesiedelt sind, kommen in arktische Gewässer. Für kleine arktische Fische sind das neue Feinde.

Gedränge unter Walrossen

Besonders schwierig sei die Situation aber für Säugetiere wie Walrosse. Laut dem Bericht ist der Rückgang des Eises für sie die größte Bedrohung. Das Eis ist für sie normalerweise ein Rückzugsort, sie nutzen es für die Fortpflanzung und sie gebären dort ihre Kälber. In den vergangenen Jahren seien viele Walrosse gezwungen gewesen, aufs Festland in Alaska auszuweichen. Das erschwere die Nahrungssuche, denn die Orte mit viel Beute seien nicht mehr von der Eisscholle erreichbar, sondern 180 Kilometer entfernt. Dem Bericht zufolge sind die Küstenstriche außerdem oft überfüllt. Das führe zu Massenpaniken, bei denen Kälber erdrückt würden.

ust/gri (afp, ap, Arctic Report Card)