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IAA gegen China-Sorgen

Henrik Böhme, z.Zt. Frankfurt15. September 2015

In Frankfurt beginnt mit zwei Pressetagen die 66. IAA, eine der wichtigsten Automessen der Welt. Doch aller Glanz und Glamour kann die Sorgen der Branche nicht übertünchen. Aus Frankfurt am Main Henrik Böhme.

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IAA Frankfurt - Mercedes
Bild: picture-alliance/dpa/B. Roessler

Natürlich wird in den Messehallen in Frankfurt wieder geklotzt, es werden weder Kosten noch Mühen gescheut, Autos werden gefeiert wie Heilsbringer. Vorneweg die deutschen Hersteller Daimler mit der PKW-Tochter Mercedes, die VW-Tochter Audi und BMW. Die haben ganze Messehallen zu automobilen Tempeln umgebaut, mit gigantischen LED-Wänden und Platz für große Shows.

Das alles kann jedoch nicht überdecken, dass es für die weltweite Autokonjunktur nicht allzu gut läuft. Russlands Markt ist um 35 Prozent eingebrochen, Brasilien meldet minus 20 Prozent, und China, der größte Automarkt der Welt, verbuchte im Juli einen Rückgang von sechs Prozent.

Westeuropa und Nordamerika helfen

Matthias Wissmann, Chef des Verbandes der Deutschen Automobilindustrie (VDA), versucht zu beruhigen: "Die Chinesen haben einen Gang zurück geschaltet", sagt er gegenüber DW. Mit 19 Millionen verkauften Autos bleibe China aber der größte Automarkt der Welt. Viel dramatischer sehe die Lage in Ländern wie Russland oder Brasilien aus. "Deswegen sind wir froh, dass es starke Antipole gibt: Dass der US-Markt wieder so gesund ist, auch der westeuropäische Markt hat langsam wieder Fahrt aufgenommen."

Der VDA schätzt, dass der Welt-Automobilmarkt in diesem Jahr um etwa ein Prozent wachsen wird. Das sei nicht viel, gibt Wissmann zu, aber es zeige immerhin, dass es nach oben gehe. "Und wir Deutschen haben natürlich ein großes Interesse, dass wir unsere Marktanteile nicht nur halten, sondern ausbauen."

IAA 2015 Dieter Zetsche mit dem Prototyp Wagen Intelligent Aerodynamic Automobile
Daimler-Chef Zetsche präsentiert Prototypen namens Intelligent Aerodynamic Automobile (IAA)Bild: picture-alliance/dpa/F. Rumpenhorst

Daimler hat kein China-Problem

Natürlich sind die Hersteller unterschiedlich von den Marktschwankungen betroffen, je nach den Modellen, die sie herstellen oder wo sie sie verkaufen. Daimler-Chef Dieter Zetsche jedenfalls ist entspannt, was China betrifft. Er hat vielmehr die Sorge, die rasante Nachfrage nach der S-Klasse, dem Top-Modell seines Hauses, befriedigen zu können. Die Weltkonjunktur habe sich zwar moderater entwickelt, als man das zu Beginn des Jahres vorher gesagt habe. "Aber das macht uns noch keine Sorgen", so Zetsche gegenüber DW.

Denn die eigenen Verkäufe lägen über den Prognosen. "Wenn wir beispielsweise in China, über das ja derzeit viel gesprochen wird in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung, im Juli über 40 Prozent und im August über 50 Prozent im Plus liegen, dann kann ich nicht anders als sehr zufrieden sein."

In Frankfurt zeigen die Stuttgarter unter anderem eine Cabrio-Version der S-Klasse. Zudem wird der Prototyp eines vernetzten Autos vorgestellt, das in weniger als zehn Monaten entwickelt wurde und mit seiner Umwelt kommunizieren kann.

IAA Frankfurt - Audi
Der Tesla-Jäger? Audi-Studie e-tron Quattro. Voll elektrisch, Markteinführung für 2018 geplantBild: picture-alliance/dpa/U. Deck

Audi greift Tesla an

Beim Volkswagen-Konzern überlässt man so etwas der Tochtergesellschaft Audi. Deren Messe-Highlight ist ein Konzeptfahrzeug namens e-tron Quattro. Es fährt voll elektrisch und soll eine Reichweite von 500 Kilometern haben. Damit will man dem US-Konkurrenten Tesla Paroli bieten, der in diesem Segment bislang vorneweg fährt.

Eher unspektakulär geht es bei VW selbst zu, aufregend genug war das letzte halbe Jahr auch so. Jetzt, nachdem Konzernchef Martin Winterkorn fester denn je im Sattel sitzt, kann der sich wieder ganz aufs Geschäft konzentrieren. Dabei liefe es in Europa "besser als vor zwei, drei Jahren gedacht", so Winterkorn zu DW.

Aber der Volkswagen-Konzern sei global aufgestellt, "und daher leben wir immer mit dem Auf und Ab in verschiedenen Märkten." Es gäbe Probleme in Russland und Brasilien, dafür zögen die USA an. Für China ist Winterkorn optimistisch: "Das wird meiner Meinung nach stabil bleiben. Aber so oder so tut uns die Entwicklung in Europa gut, keine Frage."

Opel-Chef Karl-Thomas Neumann und Mary Barra
Opel-Chef Karl-Thomas Neumann und GM-Chefin Mary Barra feiern den neuen AstraBild: picture-alliance/dpa/U. Zucchi

GM-Chefin gibt sich die Ehre

Die neuesten Zahlen geben Winterkorn recht: Im August legte Westeuropas Automarkt um knapp elf Prozent zu. Diese Entwicklung kommt auch Opel zu Gute, die Rüsselsheimer verdienen vor allem im Massenmarkt ihr Geld. Das war in den letzten Jahren schwierig, die Zukunft des Autobauers hing am seidenen Faden. Zur IAA kam sogar die Chefin des Mutterkonzerns GM, Mary Barra, eigens aus Detroit angereist, um mit Opel-Chef Karl-Thomas Neumann die Weltpremiere des neuen Astra zu feiern.

Der einstige VW-Manager sieht große Fortschritte beim Imagewandel der Marke, wofür das Unternehmen reichlich Werbung betrieben hat. "Jetzt haben wir ein Auto, das wirklich top ist. Deshalb bin ich überzeugt, dass beides, wenn es jetzt zusammen kommt, auch im Markt funktionieren wird und dass der Astra ein großer Schritt für Opel wird", so Neumann im DW-Gespräch. Man sei mitten in einer Modelloffensive, wolle noch mehr Gas geben und bis zum Jahr 2020 insgesamt 29 neue Autos auf den Markt bringen wollen. "Wir wollen in Europa wieder erfolgreich sein, wieder die Nummer Zwei hier werden."

Seine Chefin ist da noch zuversichtlicher. In einem Zeitungsinterview sagte Mary Barra auf die Frage, wann Opel in Deutschland zum Marktführer VW aufschließen werde, das sei die Mission, auf der man sich befinde. "Und es kann nicht schnell genug gehen."