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IAA Mobility 2023: Erobern Autos aus China nun Europa?

4. September 2023

Mehr als Auto. In München beginnt die IAA Mobility. Mit Spannung werden die Autohersteller aus China erwartet.

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Ein Stand auf der IAA Mobility
Von Berlin über Frankfurt nach München: Die Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) findet zum zweiten Mal in der bayerischen Landeshauptstadt stattBild: Matthias Schrader/AP Photo/picture alliance

Automesse war einmal: Was 1897 in Berlin als Internationale Automobilausstellung (IAA) begann, dort bald 50 Jahre blieb und dann für sieben Jahrzehnte in Frankfurt am Main eine Heimat hatte, ist Geschichte. Vor zwei Jahren - noch unter Corona-Auflagen - krempelte der Veranstalter, der Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA), das Konzept komplett um und versucht damit, das Überleben der Messe als "weltweit einzigartige Mobilitätsplattform" an einem neuen Ort, nämlich München, zu sichern.

Nun also steht die zweite Auflage vor der Tür: Am 5. September wird Bundeskanzler Olaf Scholz die Schau eröffnen. Und bei jeder sich bietenden Gelegenheit erklärt der Autoverband VDA, es gehe gar nicht mehr ums Auto an sich, sondern um "urbane Mobilität", um "Ökosysteme der Mobilität", und eben nicht mehr um ein einzelnes Verkehrsmittel. Es könnte sein, dass man mit diesem verbalen Geplänkel davon ablenken will, dass allzu viele Autobauer gar nicht mehr nach München kommen, dafür aber deutlich mehr Hersteller von Fahrrädern.

Fahrräder auf der IAA Mobility in München im Jahr 2021
Wenigstens zwei Messehallen werden mit Fahrrädern gefüllt sein. Hier ein Foto von der IAA Mobility 2021Bild: Henrik Böhme/DW

Die Eroberung des europäischen Marktes

Natürlich lassen es sich die heimischen Hersteller nicht nehmen, in der Landeshauptstadt des Freistaats Bayern groß vorzufahren: Vorneweg BMW, die in München ihren Stammsitz haben, aber auch Volkswagen und Mercedes Benz sind vertreten.

Aber dann wird's auch schon schnell dünner auf der Liste: Renault aus Frankreich ist dabei, der Luxus-E-Autobauer Lucid aus den USA und Rimac, eine edle Sportwagenschmiede aus Kroatien. Der europäische Stellantis-Konzern entsendet aus seinem großen Portfolio nur die deutsche Tochter Opel. Der Newcomer Vinfast aus Vietnam zog seine Zusage kurz vor Messebeginn zurück.

Viele Besucher schauen sich einen Sportwagen auf dem Stand des VW-Konzerns auf der IAA Mobility 2023 an
Stand des VW-Konzerns auf der IAA Mobility 2023Bild: Matthias Schrader/AP Photo/picture alliance

Was aber besonders interessant werden dürfte, ist der Auftritt des chinesischen Herstellers BYD (Build Your Dreams). Das Unternehmen aus Shenzhen - das vor kurzem Volkswagen als Marktführer in China abgelöst hat - will in München den Startschuss geben für die Eroberung des europäischen Marktes, wo man gleich sechs Fahrzeuge an den Start bringen will.

Die Chinesen stellen in München den SEAL U als Europapremiere vor und gleichfalls ihre Luxus-Submarke DENZA. BYD, groß geworden als Entwickler von Smartphone-Akkus, spielt genau diesen Vorteil aus: Die Batterie der BYD-Autos kommt ohne Nickel, Kobalt und Mangan aus und ist vergleichsweise preiswert in der Herstellung. In Sachen Software und technischer Gimmicks in Elektrofahrzeugen sind die Chinesen sowieso längst Benchmark, zumindest auf ihrem Heimatmarkt. 

E-Auto SEAL U der Marke BYD
Unter Palmen: Der SEAL U der chinesischen E-Auto-Marke BYDBild: BYD Company

Auch Tesla kommt

Auch wenn E-Autos aus China noch Seltenheitswert auf deutschen Straßen haben (gerade mal 1448 BYD sind nach Angaben des Center of Automotive Management unterwegs verglichen mit 207.000 E-Autos der Marke VW) - das könnte sich rasant ändern, zumal die Chinesen wie bei so vielen Produkten auch Preisdrücker sind. Als (warnendes) Beispiel dürften Hersteller aus Japan und Südkorea dienen, die in den 1980er und 90er Jahren ihren Weg nach Europa fanden: Einst belächelt, gehören sie heute zum alltäglichen Straßenbild in Deutschland wie ein VW Golf.  

Damit aber nicht alle nur von den Chinesen reden, haben die Veranstalter viel Mühe investiert, den E-Auto-Pionier Tesla nach München zu locken, der sonst nur hauseigene Veranstaltungen für Präsentationen seiner Produkte nutzt. Tesla wird auf dem sogenannten Open Space in Münchens Innenstadt präsent sein und dort das überarbeitete Model 3 zeigen. 

Dazu muss man wissen, dass das Messekonzept zwei Standorte vorsieht: Zum einen den erwähnten Open Space an verschiedenen Plätzen in der City für die Allgemeinheit, zum anderen das Messegelände am Rande der Stadt für Fachbesucher. Die Hallen dort sind nach Angaben der Veranstalter zu 90 Prozent ausgebucht. BYD ist an beiden Orten präsent.

Harte Zeiten in Sicht

Freilich werden auch die deutschen Hersteller alle Register ziehen und den Chinesen nicht kampflos das Feld überlassen wollen. Die Corona-Scharte ist ausgewetzt, die Lieferketten funktionieren wieder weitgehend. Entsprechend stiegen Umsatz und Gewinne im zweiten Quartal kräftig - die Branche bleibt ein Wachstumsmotor der ansonsten eher gebeutelten deutschen Volkswirtschaft.

Nur: Das bleibt nicht so. Autoexperten prophezeien harte Zeiten. Das Beratungshaus AlixPartners sieht "China auf dem besten Weg zur automobilen Supermacht", die Zeit der Rekordgewinne der deutschen Hersteller "neigt sich dem Ende zu". Die Berater von EY sehen den westlichen Herstellern "den Wind zunehmend ins Gesicht" wehen. 

Deutschland IAA in München | Protestaktion von Greenpeace
Auch Gegner der IAA und der Autoindustrie werden erwartet: Hier eine Protestaktion von Greenpeace zur IAA 2021Bild: Wolfgang Rattay/REUTERS

Insofern wird die Messe dann doch wieder eine sein, die sich ums Auto dreht - und wer beim Wettlauf ums elektrisch angetriebene Mobil die Nase vorn hat. Für den chinesischen Markt scheint die Antwort klar: Studien erwarten dort für 2030 einen Marktanteil der einheimischen Hersteller von 65 Prozent.

Wem das alles zu viel Auto ist, der kann in München ja auch Fahrrad fahren. Im Englischen Garten, Münchens "grüner Lunge" wird es eine vier Kilometer lange Teststrecke geben für Bikes aller Art. Und die, für die das Auto das Feindbild schlechthin ist, die kommen übrigens auch. Verschiedene Aktionsbündnisse haben bereits eine Großdemonstration und sowie Blockaden und andere Störaktionen angekündigt. 

Boehme Henrik Kommentarbild App
Henrik Böhme Wirtschaftsredakteur mit Blick auf Welthandel, Auto- und Finanzbranche@Henrik58