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Ifo-Experten befürchten längere Rezession

26. Juni 2023

Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich deutlich eingetrübt. Das Ifo-Geschäftsklima fiel um drei Punkte auf den tiefsten Stand seit gut einem halben Jahr. Experten befürchten eine Verstetigung der Rezession.

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Ein einsamer Bauarbeiter arbeitet auf einer Baustelle von einem neu gebauten Wohnhaus
Ein einsamer Bauarbeiter arbeitet auf der Baustelle eines neu gebauten WohnhausesBild: Monika Skolimowska/dpa/picture alliance

Die Rezession in Deutschland könnte dem Ifo-Institut' zufolge angesichts der schlechten Stimmung in den Chefetagen der Wirtschaft in die Verlängerung gehen. "Die Wahrscheinlichkeit ist gestiegen, dass das Bruttoinlandsprodukt auch im zweiten Quartal schrumpft", sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. Ende 2022 und Anfang 2023 war Europas größte Volkswirtschaft zwei Quartale in Folge geschrumpft, was Ökonomen als "technische Rezession" beschreiben.

Analysten hatten zwar mit einem Rückgang gerechnet, im Schnitt allerdings nur auf 90,6 Punkte statt auf aktuell 88,5 Punkte. "Vor allem die Schwäche der Industrie bringt die deutsche Konjunktur in schwieriges Fahrwasser", kommentierte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Im verarbeitenden Gewerbe habe sich das Geschäftsklima erheblich verschlechtert. Aber auch unter Dienstleistern, im Handel und am Bau trübte sich die Stimmung ein.

Die etwa 9000 befragten Unternehmen bewerteten vor allem die künftigen Aussichten schlechter. Der entsprechende Indikator fiel deutlich um 4,7 Punkte auf 83,6 Zähler. Die aktuelle Lage wurde ebenfalls ungünstiger bewertet als im Vormonat, die Eintrübung fiel mit 1,1 Punkten auf 93,7 Zähler aber wesentlich moderater aus.

"Konjunkturerholung in weiter Ferne."

"In nahezu allen Branchen hat sich die Stimmung im Juni eingetrübt", sagte Wohlrabe. "Es gibt kaum Lichtblicke." Besonders in der Industrie sei der Pessimismus zurückgekehrt. "Der Grund ist eine starke Nachfrageschwäche", sagte der Experte. Die Auftragspolster würden zudem dünner. Nicht nur die heimische Nachfrage, sondern auch die Exporterwartungen in der Industrie hätten abgenommen. "Die weltweiten Zinserhöhungen dämpfen die Nachfrage nach Waren 'Made in Germany'."

"Ein Rückgang hatte sich ja schon abgezeichnet," kommentiert Jens-Oliver Niklasch von der LBBW. "Aber dass es so deutlich abwärts ging, schockiert dann doch. Wir stecken mitten in einer Rezession. Eine Konjunkturerholung rückt einstweilen in weite Ferne."

Zumindest bei der Inflation deutet sich eine weitere Entspannung an. So sei der Anteil der Unternehmen, die in den kommenden Woche ihre Preise erhöhen wollen, im Juni gesunken. "Besonders bei den konsumnahen Dienstleistern sehen wir noch Preissteigerungen", sagte Ifo-Experte Wohlrabe. Dazu zählten etwa die Bereiche Gastronomie und Tourismus.

Symbolisches Hinweisschild "Rezession" vor dunkelgrauem Himmel
Der Trend ist eindeutlig, Grund zur Hoffnung besteht vorläufig nichtBild: Torsten Sukrow/Sulupress/picture alliance

"Die Hoffnungen sind dahin"

Fritzi Köhler-Geib, die Chefvolkswirtin der KfW, beklagt den Verlust des Optimismus vom Frühjahr. Stattdessen befände sich "die deutsche Konjunktur gerade in einer Art Schwebezustand, vor allem weil die Industrieproduktion trotz nachlassender Lieferengpässe kaum vom Fleck kommt und die Auftragseingänge wieder in den seit Anfang 2022 bestehenden Abwärtstrend eingeschwenkt sind."

"Eine kräftige Erholung des BIP-Wachstums nach zwei Quartalen mit Minusraten zeichnet sich aktuell nicht ab", beklagt Ralf Umlauf von der Helaba. "Die Zinserhöhungserwartungen bezüglich der EZB, die bereits am Freitag einen Dämpfer bekommen haben, dürften zunächst nicht wieder forciert werden."

Auch der VP-Bank-Chefvolkswirt Thomas Gitzel trägt Trauer: "Die Konjunkturhoffnungen sind dahin. Im zweiten Halbjahr setzt sich die wirtschaftliche Schwäche fort. Damit wird die deutsche Wirtschaft im Gesamtjahr 2023 schrumpfen. Vielerorts herrschte bis vor kurzem noch die Hoffnung, dass es im dritten und vierten Quartal wieder zumindest etwas bergauf ging. Dieses Szenario ist vom Tisch."

Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank hat das kommen sehen: "Wir fühlen uns bestätigt in der Prognose, dass die deutsche Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte erneut schrumpfen wird. Viele Volkswirte haben noch immer zu optimistische Konjunkturprognosen. Sie dürften sie weiter senken."

dk/ tko (Ifo, dpa, rtr)